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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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ketten, sondern in der Werkstatt des Handwerkers, in der Gewohnheit des
Feldarbeiters, in den Gebräuchen der Familie zu suchen hat. Wo solche
Vielseitigkeit erfordert wird, kann also von speciellen Fachleuten für Ur¬
geschichte nicht die Rede sein und ein Dutzend Disciplinen müssen einander
in die Hände arbeiten. Tüchtiges auf diesem Felde zu leisten vermag aber
nur ein höchst vielseitig gebildeter Mann.

Ein solcher ist der berühmte Sir John Lubbock. über den, nebenbei be¬
merkt, Brockhaus' Conversationslexicon uns auch in seinem Supplement im
Stiche läßt. Er ist Parlamentsmitglied, Vicepräsident der Royal Society
und Präsident des Anthropologischen Instituts, klar, ein Mann ohne Um¬
schweife, ohne viel Hyvothesenmacherel, was uns bei der vorliegenden Wissen¬
schaft doppelt angenehm berührt, da gerade sie, mehr als jede andere, die
Gefahren des Phcmtasirens und ins Blaue Hineinschweifens nahe legt.

Lubbock gebraucht für die verschiedenen Gesittungsstufen eine Eintheilung
der dänischen Alterthumsforscher, nämlich die der steinernen, broncenen und
eisernen Werkzeuge. Auch unterscheidet er nach dem Vorgange des Dänen
Worsaan innerhalb der Steinzeit wieder einen älteren (paläolithischen) und
einen jüngeren (neolithischen) Zeitraum. Für das erste verwendete Metall hält
er das Kupfer, das in großen Mengen gediegen vorkommt und leicht zu ver¬
arbeiten ist. Nachdem der Verfasser das Broncezeitalter geschildert und die
vielliestrittene phönizische Hypothese gewürdigt, die alle Bronce, die im Norden
gefunden wird, auf phönizische Handlungsprodukte zurückführt, schildert er die
Steindenkmäler, die Manhirs, Dolman, Steinkreise, das berühmte Stonehenge
in Wiltshire und geht dann zu den Pfahlbauten über, denen sich die Be¬
schreibung der dänischen KjMenmöddings (Küchenabfälle) und Muschelhaufen
anschließt, wobei interessante Streiflichter auf das Leben des "Muschelhaufen.
Volks" fallen. Besonders willkommen muß der Abschnitt über nordamerika¬
nische Archäologie genannt werden, da für diese uns die Quellen nicht so
leicht zugängig sind. Die merkwürdigen Mounds (Erdhügel) in Menschen-
und Thiergestalt, die Opfer-, Hügel- und Felsinschriften, die von dem Volke
herrühren, welches vor den Rothhäuten im Mississippi- und Ohiothale wohnte,
werden hier eingehend gewürdigt. So weit der erste vorliegende Band der
mit Sachkenntniß ausgeführten Uebersetzung, von der wir bald den Schlu߬
band zu erhalten hoffen.




Grm,boten I. 1874.

ketten, sondern in der Werkstatt des Handwerkers, in der Gewohnheit des
Feldarbeiters, in den Gebräuchen der Familie zu suchen hat. Wo solche
Vielseitigkeit erfordert wird, kann also von speciellen Fachleuten für Ur¬
geschichte nicht die Rede sein und ein Dutzend Disciplinen müssen einander
in die Hände arbeiten. Tüchtiges auf diesem Felde zu leisten vermag aber
nur ein höchst vielseitig gebildeter Mann.

Ein solcher ist der berühmte Sir John Lubbock. über den, nebenbei be¬
merkt, Brockhaus' Conversationslexicon uns auch in seinem Supplement im
Stiche läßt. Er ist Parlamentsmitglied, Vicepräsident der Royal Society
und Präsident des Anthropologischen Instituts, klar, ein Mann ohne Um¬
schweife, ohne viel Hyvothesenmacherel, was uns bei der vorliegenden Wissen¬
schaft doppelt angenehm berührt, da gerade sie, mehr als jede andere, die
Gefahren des Phcmtasirens und ins Blaue Hineinschweifens nahe legt.

Lubbock gebraucht für die verschiedenen Gesittungsstufen eine Eintheilung
der dänischen Alterthumsforscher, nämlich die der steinernen, broncenen und
eisernen Werkzeuge. Auch unterscheidet er nach dem Vorgange des Dänen
Worsaan innerhalb der Steinzeit wieder einen älteren (paläolithischen) und
einen jüngeren (neolithischen) Zeitraum. Für das erste verwendete Metall hält
er das Kupfer, das in großen Mengen gediegen vorkommt und leicht zu ver¬
arbeiten ist. Nachdem der Verfasser das Broncezeitalter geschildert und die
vielliestrittene phönizische Hypothese gewürdigt, die alle Bronce, die im Norden
gefunden wird, auf phönizische Handlungsprodukte zurückführt, schildert er die
Steindenkmäler, die Manhirs, Dolman, Steinkreise, das berühmte Stonehenge
in Wiltshire und geht dann zu den Pfahlbauten über, denen sich die Be¬
schreibung der dänischen KjMenmöddings (Küchenabfälle) und Muschelhaufen
anschließt, wobei interessante Streiflichter auf das Leben des „Muschelhaufen.
Volks" fallen. Besonders willkommen muß der Abschnitt über nordamerika¬
nische Archäologie genannt werden, da für diese uns die Quellen nicht so
leicht zugängig sind. Die merkwürdigen Mounds (Erdhügel) in Menschen-
und Thiergestalt, die Opfer-, Hügel- und Felsinschriften, die von dem Volke
herrühren, welches vor den Rothhäuten im Mississippi- und Ohiothale wohnte,
werden hier eingehend gewürdigt. So weit der erste vorliegende Band der
mit Sachkenntniß ausgeführten Uebersetzung, von der wir bald den Schlu߬
band zu erhalten hoffen.




Grm,boten I. 1874.
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[0039] ketten, sondern in der Werkstatt des Handwerkers, in der Gewohnheit des Feldarbeiters, in den Gebräuchen der Familie zu suchen hat. Wo solche Vielseitigkeit erfordert wird, kann also von speciellen Fachleuten für Ur¬ geschichte nicht die Rede sein und ein Dutzend Disciplinen müssen einander in die Hände arbeiten. Tüchtiges auf diesem Felde zu leisten vermag aber nur ein höchst vielseitig gebildeter Mann. Ein solcher ist der berühmte Sir John Lubbock. über den, nebenbei be¬ merkt, Brockhaus' Conversationslexicon uns auch in seinem Supplement im Stiche läßt. Er ist Parlamentsmitglied, Vicepräsident der Royal Society und Präsident des Anthropologischen Instituts, klar, ein Mann ohne Um¬ schweife, ohne viel Hyvothesenmacherel, was uns bei der vorliegenden Wissen¬ schaft doppelt angenehm berührt, da gerade sie, mehr als jede andere, die Gefahren des Phcmtasirens und ins Blaue Hineinschweifens nahe legt. Lubbock gebraucht für die verschiedenen Gesittungsstufen eine Eintheilung der dänischen Alterthumsforscher, nämlich die der steinernen, broncenen und eisernen Werkzeuge. Auch unterscheidet er nach dem Vorgange des Dänen Worsaan innerhalb der Steinzeit wieder einen älteren (paläolithischen) und einen jüngeren (neolithischen) Zeitraum. Für das erste verwendete Metall hält er das Kupfer, das in großen Mengen gediegen vorkommt und leicht zu ver¬ arbeiten ist. Nachdem der Verfasser das Broncezeitalter geschildert und die vielliestrittene phönizische Hypothese gewürdigt, die alle Bronce, die im Norden gefunden wird, auf phönizische Handlungsprodukte zurückführt, schildert er die Steindenkmäler, die Manhirs, Dolman, Steinkreise, das berühmte Stonehenge in Wiltshire und geht dann zu den Pfahlbauten über, denen sich die Be¬ schreibung der dänischen KjMenmöddings (Küchenabfälle) und Muschelhaufen anschließt, wobei interessante Streiflichter auf das Leben des „Muschelhaufen. Volks" fallen. Besonders willkommen muß der Abschnitt über nordamerika¬ nische Archäologie genannt werden, da für diese uns die Quellen nicht so leicht zugängig sind. Die merkwürdigen Mounds (Erdhügel) in Menschen- und Thiergestalt, die Opfer-, Hügel- und Felsinschriften, die von dem Volke herrühren, welches vor den Rothhäuten im Mississippi- und Ohiothale wohnte, werden hier eingehend gewürdigt. So weit der erste vorliegende Band der mit Sachkenntniß ausgeführten Uebersetzung, von der wir bald den Schlu߬ band zu erhalten hoffen. Grm,boten I. 1874.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/39>, abgerufen am 25.12.2024.