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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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lands Staatsmänner mit der Schöpfung des "Reichslandes" gewiß nicht be¬
absichtigt. Unsere Autonomisten werden also ihre Anforderungen bedeutend
ermäßigen müssen. Wie weit, das zu erörtern wäre heute noch verfrüht.
Auf die Dauer kann ja selbstverständlich der Zustand nicht bestehen, welcher
den ohnehin über zu lange Sessionen klagenden Reichstag mit der gesammten
elsaß-lothnngischen Landesgesetzgebung belastet. Aber um über die Eventua¬
litäten auch nur die Möglichkeit eines Urtheils zu haben, muß eben abge¬
wartet werden, welche politische Stellung die Bevölkerung des Reichslandes
^. selbst einnimmt.




Ms der vorgeschichtlichen Zeit.*)

Vor etwa zehn Jahren erschien in England bei Williams und Norgar
die erste Auflage dieses gediegenen und in vieler Beziehung bahnbrechenden
Werkes. Daß erst jetzt, nach der dritten Auslage des Originals, eine deutsche
Uebersetzung erfolgt, kann uns nur lieb sein -- denn gerade im letzten Jahr¬
zehnt hat die jüngste der Disciplinen der Neuzeit, die prähistorische Wissen¬
schaft so ungeheure Fortschritte gemacht, daß die Bereicherung der letzten
gegen die früheren Auflagen eine ganz bedeutende sein mußte. Kein geringerer
als einer der ersten Vetreter dieser Wissenschaft, der vielseitige Rudolph Virchow
-- der Mediciner, Politiker, Archäolog und Berliner Stadtverordnete, der Mann
des Reichstags und Landtags -- liefert die Vorrede zu dem Werke, die in
jedem Worte ein warmes Lob für dasselbe ausströmt. Der Mensch mit sei¬
nem ganzen Thun und Treiben, seinem Denken und Meinen, seinem innern
Wesen soll wieder entdeckt, soll aufgefunden werden in einer Zeit, von der
Niemand etwas weiß und unter ganz anderen Umgebungen, als die gegen¬
wärtigen. Andere Thiere umgaben ihn, andere Pflanzen fesselten seine Auf¬
merksamkeit. Vielleicht hatte die Erde selbst eine andere Gestalt, ein anderes
Klima. Nicht nur der Anatom, sondern auch der Zoolog, der Botaniker,
der Geolog, der Astronom müssen hier mitwirken, gleichwie die prähistorische
Archäologie, da sie das roheste Gewerbe, ja die menschliche Arbeit überhaupt,
zum Gegenstande ihrer Betrachtungen machen muß, ihre Erklärungen nicht
blos wie der Archäolog der geschichtlichen Zeit beim Bildhauer oder Arabi-



'1 Die vorgeschichtliche Zeit, erläutert durch die Ueverreste des Alterthums und die Sitten
und Gebräuche der jetzigen Wilden von Sir John Lubbock. Aus dem Englischen von A.
Passow. Mit einleitenden Vorwort von Rudolf Virchow. Erster Band mit 18" Illustrationen
in Holzsckmitt, 1 Grundriß und 2 lithographischen Tafeln. Jena, H. Costenoble 1874.

lands Staatsmänner mit der Schöpfung des „Reichslandes" gewiß nicht be¬
absichtigt. Unsere Autonomisten werden also ihre Anforderungen bedeutend
ermäßigen müssen. Wie weit, das zu erörtern wäre heute noch verfrüht.
Auf die Dauer kann ja selbstverständlich der Zustand nicht bestehen, welcher
den ohnehin über zu lange Sessionen klagenden Reichstag mit der gesammten
elsaß-lothnngischen Landesgesetzgebung belastet. Aber um über die Eventua¬
litäten auch nur die Möglichkeit eines Urtheils zu haben, muß eben abge¬
wartet werden, welche politische Stellung die Bevölkerung des Reichslandes
^. selbst einnimmt.




Ms der vorgeschichtlichen Zeit.*)

Vor etwa zehn Jahren erschien in England bei Williams und Norgar
die erste Auflage dieses gediegenen und in vieler Beziehung bahnbrechenden
Werkes. Daß erst jetzt, nach der dritten Auslage des Originals, eine deutsche
Uebersetzung erfolgt, kann uns nur lieb sein — denn gerade im letzten Jahr¬
zehnt hat die jüngste der Disciplinen der Neuzeit, die prähistorische Wissen¬
schaft so ungeheure Fortschritte gemacht, daß die Bereicherung der letzten
gegen die früheren Auflagen eine ganz bedeutende sein mußte. Kein geringerer
als einer der ersten Vetreter dieser Wissenschaft, der vielseitige Rudolph Virchow
— der Mediciner, Politiker, Archäolog und Berliner Stadtverordnete, der Mann
des Reichstags und Landtags — liefert die Vorrede zu dem Werke, die in
jedem Worte ein warmes Lob für dasselbe ausströmt. Der Mensch mit sei¬
nem ganzen Thun und Treiben, seinem Denken und Meinen, seinem innern
Wesen soll wieder entdeckt, soll aufgefunden werden in einer Zeit, von der
Niemand etwas weiß und unter ganz anderen Umgebungen, als die gegen¬
wärtigen. Andere Thiere umgaben ihn, andere Pflanzen fesselten seine Auf¬
merksamkeit. Vielleicht hatte die Erde selbst eine andere Gestalt, ein anderes
Klima. Nicht nur der Anatom, sondern auch der Zoolog, der Botaniker,
der Geolog, der Astronom müssen hier mitwirken, gleichwie die prähistorische
Archäologie, da sie das roheste Gewerbe, ja die menschliche Arbeit überhaupt,
zum Gegenstande ihrer Betrachtungen machen muß, ihre Erklärungen nicht
blos wie der Archäolog der geschichtlichen Zeit beim Bildhauer oder Arabi-



'1 Die vorgeschichtliche Zeit, erläutert durch die Ueverreste des Alterthums und die Sitten
und Gebräuche der jetzigen Wilden von Sir John Lubbock. Aus dem Englischen von A.
Passow. Mit einleitenden Vorwort von Rudolf Virchow. Erster Band mit 18» Illustrationen
in Holzsckmitt, 1 Grundriß und 2 lithographischen Tafeln. Jena, H. Costenoble 1874.
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[0038] lands Staatsmänner mit der Schöpfung des „Reichslandes" gewiß nicht be¬ absichtigt. Unsere Autonomisten werden also ihre Anforderungen bedeutend ermäßigen müssen. Wie weit, das zu erörtern wäre heute noch verfrüht. Auf die Dauer kann ja selbstverständlich der Zustand nicht bestehen, welcher den ohnehin über zu lange Sessionen klagenden Reichstag mit der gesammten elsaß-lothnngischen Landesgesetzgebung belastet. Aber um über die Eventua¬ litäten auch nur die Möglichkeit eines Urtheils zu haben, muß eben abge¬ wartet werden, welche politische Stellung die Bevölkerung des Reichslandes ^. selbst einnimmt. Ms der vorgeschichtlichen Zeit.*) Vor etwa zehn Jahren erschien in England bei Williams und Norgar die erste Auflage dieses gediegenen und in vieler Beziehung bahnbrechenden Werkes. Daß erst jetzt, nach der dritten Auslage des Originals, eine deutsche Uebersetzung erfolgt, kann uns nur lieb sein — denn gerade im letzten Jahr¬ zehnt hat die jüngste der Disciplinen der Neuzeit, die prähistorische Wissen¬ schaft so ungeheure Fortschritte gemacht, daß die Bereicherung der letzten gegen die früheren Auflagen eine ganz bedeutende sein mußte. Kein geringerer als einer der ersten Vetreter dieser Wissenschaft, der vielseitige Rudolph Virchow — der Mediciner, Politiker, Archäolog und Berliner Stadtverordnete, der Mann des Reichstags und Landtags — liefert die Vorrede zu dem Werke, die in jedem Worte ein warmes Lob für dasselbe ausströmt. Der Mensch mit sei¬ nem ganzen Thun und Treiben, seinem Denken und Meinen, seinem innern Wesen soll wieder entdeckt, soll aufgefunden werden in einer Zeit, von der Niemand etwas weiß und unter ganz anderen Umgebungen, als die gegen¬ wärtigen. Andere Thiere umgaben ihn, andere Pflanzen fesselten seine Auf¬ merksamkeit. Vielleicht hatte die Erde selbst eine andere Gestalt, ein anderes Klima. Nicht nur der Anatom, sondern auch der Zoolog, der Botaniker, der Geolog, der Astronom müssen hier mitwirken, gleichwie die prähistorische Archäologie, da sie das roheste Gewerbe, ja die menschliche Arbeit überhaupt, zum Gegenstande ihrer Betrachtungen machen muß, ihre Erklärungen nicht blos wie der Archäolog der geschichtlichen Zeit beim Bildhauer oder Arabi- '1 Die vorgeschichtliche Zeit, erläutert durch die Ueverreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden von Sir John Lubbock. Aus dem Englischen von A. Passow. Mit einleitenden Vorwort von Rudolf Virchow. Erster Band mit 18» Illustrationen in Holzsckmitt, 1 Grundriß und 2 lithographischen Tafeln. Jena, H. Costenoble 1874.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/38>, abgerufen am 25.12.2024.