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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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den 'werden können. z> B. bald von dem Meister Schinkel erkannt und
geschützt eröffnete ihm dieser die seltene Gelegenheit (Ring)-- oder noch ärger:
In eine der Nischen des Saales gelehnt zogen die mannichfachen Gestalten
seines Lebens an ihm vorüber (Mügge) -- An das Siechenlager gefesselt
war der letzte Gegenstand, der seine Hand beschäftigte, eine Composition nach
Hesiod's goldenem Zeitalter (Stahr). -- Noch toller ist der wie eine wahre
Krankheit grassirende Gebrauch des völlig absoluten Particips; man weiß
wirklich nicht, ob man sich über Sätze wie die folgenden ärgern oder vor
Lachen ausschütten soll: Dann vom Stuhl aufgestanden und den Hut auf¬
gesetzt bestimmte er den Termin (König) -- Vor der Hausthüre ange¬
kommen öffnete sich diese geräuschlos (Hackländer) -- Dies vorausge¬
schickt fahre ich in meiner Erzählung fort (F. Lewald) -- Die nöthigen Dehors
vor den Leuten berücksichtigt können wir unsern Neigungen nachgehen
(Brachvogel) -- Lustig davonfahrend wurden die Eindrücke des Abends
noch einmal ausgetauscht (Riehl) -- Gewerbthäti ger als Weimar sind die
Häuser im Ganzen besser gehalten (Stahr). Wenn Brandstäter nicht so ge¬
wissenhaft zu jedem seiner Beispiele das Citat geschrieben hätte, so könnte
man glauben, derartige Sätze habe er erfunden, um an besonders abschreckenden
Exempeln zu zeigen, wohin solche Salopperie, wenn man ihr einmal Berechti¬
gung zugesteht, schließlich führen muß.

Massenhaft in unsre Sprache eingedrungen ist, um endlich auch noch
einen Fall aus dem Capitel über die Adverbia und Partikeln anzuführen,
die abgeschmackte Anwendung doppelter Negationen statt der einfachen, eines
der schlagendsten Beispiele, wie das Gefühl für das Correcte und Logische sich
bei uns abgestumpft hat. Der Deutsche schreibt einfach weder -- noch,
das Französische setzt seinem in -- r"i stets noch ausdrücklich die Negation
vor; im Deutschen heißt es nach verneinten Hauptsätzen streng logisch ohne
daß oder ohne zu, französisch mit eigenthümlichem Pleonasmus ohne daß
nicht oder ohne nicht zu, im Deutschen bis, bevor, französisch
avs-vt <zus us; ebenso verneint der Franzose überflüssiger Weise die Sätze,
die von den Begriffen hindern, nicht zweifeln, nicht leugnen u. a.
abhängen, während das Deutsche auch hier nichts von der Negation weiß;
endlich setzt der Franzose auch in den auf Comparative folgenden Sätzen hinter
das <zuo die Negation. Kein Fall ist unter diesen, den der Deutsche dem
Franzosen nicht getreulich nachgeäfft hätte; z. B. der Zweck (soll heißen
Grund!) dieser Zuneigung lag nicht weder in der Schönheit noch in der
Feinheit des Fräuleins (Hesekiel) -- Selten trennte sich eine solche Reisege¬
sellschaft, ohne nicht ein Freundschaftsbündniß geschlossen zusahen (derselbe)
-- Ich wollte nicht gehen, ohne nicht wenigstens eine Silbe von ihr zum
Abschiede erhalten zu haben (H. Grimm) -- Jetzund schreib' ich dir nicht


den 'werden können. z> B. bald von dem Meister Schinkel erkannt und
geschützt eröffnete ihm dieser die seltene Gelegenheit (Ring)— oder noch ärger:
In eine der Nischen des Saales gelehnt zogen die mannichfachen Gestalten
seines Lebens an ihm vorüber (Mügge) — An das Siechenlager gefesselt
war der letzte Gegenstand, der seine Hand beschäftigte, eine Composition nach
Hesiod's goldenem Zeitalter (Stahr). — Noch toller ist der wie eine wahre
Krankheit grassirende Gebrauch des völlig absoluten Particips; man weiß
wirklich nicht, ob man sich über Sätze wie die folgenden ärgern oder vor
Lachen ausschütten soll: Dann vom Stuhl aufgestanden und den Hut auf¬
gesetzt bestimmte er den Termin (König) — Vor der Hausthüre ange¬
kommen öffnete sich diese geräuschlos (Hackländer) — Dies vorausge¬
schickt fahre ich in meiner Erzählung fort (F. Lewald) — Die nöthigen Dehors
vor den Leuten berücksichtigt können wir unsern Neigungen nachgehen
(Brachvogel) — Lustig davonfahrend wurden die Eindrücke des Abends
noch einmal ausgetauscht (Riehl) — Gewerbthäti ger als Weimar sind die
Häuser im Ganzen besser gehalten (Stahr). Wenn Brandstäter nicht so ge¬
wissenhaft zu jedem seiner Beispiele das Citat geschrieben hätte, so könnte
man glauben, derartige Sätze habe er erfunden, um an besonders abschreckenden
Exempeln zu zeigen, wohin solche Salopperie, wenn man ihr einmal Berechti¬
gung zugesteht, schließlich führen muß.

Massenhaft in unsre Sprache eingedrungen ist, um endlich auch noch
einen Fall aus dem Capitel über die Adverbia und Partikeln anzuführen,
die abgeschmackte Anwendung doppelter Negationen statt der einfachen, eines
der schlagendsten Beispiele, wie das Gefühl für das Correcte und Logische sich
bei uns abgestumpft hat. Der Deutsche schreibt einfach weder — noch,
das Französische setzt seinem in — r»i stets noch ausdrücklich die Negation
vor; im Deutschen heißt es nach verneinten Hauptsätzen streng logisch ohne
daß oder ohne zu, französisch mit eigenthümlichem Pleonasmus ohne daß
nicht oder ohne nicht zu, im Deutschen bis, bevor, französisch
avs-vt <zus us; ebenso verneint der Franzose überflüssiger Weise die Sätze,
die von den Begriffen hindern, nicht zweifeln, nicht leugnen u. a.
abhängen, während das Deutsche auch hier nichts von der Negation weiß;
endlich setzt der Franzose auch in den auf Comparative folgenden Sätzen hinter
das <zuo die Negation. Kein Fall ist unter diesen, den der Deutsche dem
Franzosen nicht getreulich nachgeäfft hätte; z. B. der Zweck (soll heißen
Grund!) dieser Zuneigung lag nicht weder in der Schönheit noch in der
Feinheit des Fräuleins (Hesekiel) — Selten trennte sich eine solche Reisege¬
sellschaft, ohne nicht ein Freundschaftsbündniß geschlossen zusahen (derselbe)
— Ich wollte nicht gehen, ohne nicht wenigstens eine Silbe von ihr zum
Abschiede erhalten zu haben (H. Grimm) — Jetzund schreib' ich dir nicht


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/336>, abgerufen am 26.12.2024.