Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.den. Man sah darin eine vom fortschrittlichen Standpunkt unzulässige Scho¬ Der Entwurf einer neuen Provinzialordnung für die Provinzen der Eine Beleuchtung der aus bekanntem Munde geübten Kritik über die Der Gesetzentwurf über die Vereinigung des Oberappellationsgerichtes den. Man sah darin eine vom fortschrittlichen Standpunkt unzulässige Scho¬ Der Entwurf einer neuen Provinzialordnung für die Provinzen der Eine Beleuchtung der aus bekanntem Munde geübten Kritik über die Der Gesetzentwurf über die Vereinigung des Oberappellationsgerichtes <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0202" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/130846"/> <p xml:id="ID_608" prev="#ID_607"> den. Man sah darin eine vom fortschrittlichen Standpunkt unzulässige Scho¬<lb/> nung der Kirche, wenn der Staat denen, welche die kirchlichen Akte noch be¬<lb/> gehren, doppelte Gebühren aufzulegen vermeidet. Am Schluß der Verhand¬<lb/> lungen kam dasselbe Verhältniß in anderer Weise zur Sprache, als von<lb/> einigen Seiten die Entschädigung der Geistlichen für die ihnen etwa durch<lb/> die neue Einrichtung entgehenden Gebühren in Anregung gebracht wurde.<lb/> Ein desfallsiger Beschluß wurde von anzustellenden Ermittlungen abhängig<lb/> gemacht. Man schien den pekuniären Schaden der Kirche, deren Unterhal¬<lb/> tungsquellen so spärlich versorgt sind, daß sie wahrlich eine auch nur geringe<lb/> Schmälerung nicht ertragen können, auf den meisten Seiten für zweifelhaft<lb/> anzusehen oder doch gering anzuschlagen. Die Erfahrung wird sprechen.<lb/> Aber wie sie auch spricht, die richtige Gestaltung dieses Verhältnisses liegt in<lb/> seiner Umkehrung, darin nämlich, für die bürgerlichen Standesakte Gebühren<lb/> zu fordern, die Kirche aber durch eine angemessene Dotation der Nothwendig¬<lb/> keit zu entheben, ihrerseits Gebühren zu fordern.</p><lb/> <p xml:id="ID_609"> Der Entwurf einer neuen Provinzialordnung für die Provinzen der<lb/> neuen Kreisordnung wurde einer Commission von 21 Mitgliedern über¬<lb/> wiesen.</p><lb/> <p xml:id="ID_610"> Eine Beleuchtung der aus bekanntem Munde geübten Kritik über die<lb/> Verwendung der im Staatshaushalt für allgemeine politische Zwecke ange¬<lb/> wiesenen Gelder ersparen wir uns für diesmal. Die Frage über, die zweck¬<lb/> mäßige Betheiligung der Regierung an der politischen Presse und deren<lb/> Meinungskämpsen verdient sehr wohl eine eingehende Behandlung bei einer<lb/> Gelegenheit, die in der erwähnten Kritik nicht zu finden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_611" next="#ID_612"> Der Gesetzentwurf über die Vereinigung des Oberappellationsgerichtes<lb/> für die neuen Provinzen mit dem Obertribunal wird zur Einzelberathung an<lb/> das gesammte Haus gewiesen, ohne Vorberathung durch eine Commission,<lb/> dagegen der Antrag Friedenthal auf Ausdehnung der neuen Kreisordnung<lb/> auf die Provinz Posen unter gewissen Modifikationen an eine Commission<lb/> von 21 Mitglieder. Der von Miquel bei Berathung der Aus¬<lb/> gaben und Einnahmen der Staatsdomänen gestellte Antrag, auf<lb/> Benutzung der Staatsdomänen in geeigneten Fällen zur Stärkung des<lb/> kleineren und mittleren Grundbesitzes durch angemessene Veräußerung oder<lb/> Verpachtung in Parzellen, unter Vermeidung des Mittels neuer Ansiedlungen.<lb/> wird unter Zustimmung der Regierung beinahe einstimmig angenommen. —<lb/> Die Berathung der Ausgaben für das landwirtschaftliche Ministerium gab<lb/> unter anderem zu einem Tadel der Wahl des Grundstückes für das neu zu<lb/> errichtende Gebäude eines landwirthschaftlichen Museums Anlaß, weil einige<lb/> Abgeordnete das gewählte Grundstück für die Universität reserviren wollten.<lb/> Dabei ließ sich über die Zerstreuung der akademischen Anstalten wirksamst</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0202]
den. Man sah darin eine vom fortschrittlichen Standpunkt unzulässige Scho¬
nung der Kirche, wenn der Staat denen, welche die kirchlichen Akte noch be¬
gehren, doppelte Gebühren aufzulegen vermeidet. Am Schluß der Verhand¬
lungen kam dasselbe Verhältniß in anderer Weise zur Sprache, als von
einigen Seiten die Entschädigung der Geistlichen für die ihnen etwa durch
die neue Einrichtung entgehenden Gebühren in Anregung gebracht wurde.
Ein desfallsiger Beschluß wurde von anzustellenden Ermittlungen abhängig
gemacht. Man schien den pekuniären Schaden der Kirche, deren Unterhal¬
tungsquellen so spärlich versorgt sind, daß sie wahrlich eine auch nur geringe
Schmälerung nicht ertragen können, auf den meisten Seiten für zweifelhaft
anzusehen oder doch gering anzuschlagen. Die Erfahrung wird sprechen.
Aber wie sie auch spricht, die richtige Gestaltung dieses Verhältnisses liegt in
seiner Umkehrung, darin nämlich, für die bürgerlichen Standesakte Gebühren
zu fordern, die Kirche aber durch eine angemessene Dotation der Nothwendig¬
keit zu entheben, ihrerseits Gebühren zu fordern.
Der Entwurf einer neuen Provinzialordnung für die Provinzen der
neuen Kreisordnung wurde einer Commission von 21 Mitgliedern über¬
wiesen.
Eine Beleuchtung der aus bekanntem Munde geübten Kritik über die
Verwendung der im Staatshaushalt für allgemeine politische Zwecke ange¬
wiesenen Gelder ersparen wir uns für diesmal. Die Frage über, die zweck¬
mäßige Betheiligung der Regierung an der politischen Presse und deren
Meinungskämpsen verdient sehr wohl eine eingehende Behandlung bei einer
Gelegenheit, die in der erwähnten Kritik nicht zu finden ist.
Der Gesetzentwurf über die Vereinigung des Oberappellationsgerichtes
für die neuen Provinzen mit dem Obertribunal wird zur Einzelberathung an
das gesammte Haus gewiesen, ohne Vorberathung durch eine Commission,
dagegen der Antrag Friedenthal auf Ausdehnung der neuen Kreisordnung
auf die Provinz Posen unter gewissen Modifikationen an eine Commission
von 21 Mitglieder. Der von Miquel bei Berathung der Aus¬
gaben und Einnahmen der Staatsdomänen gestellte Antrag, auf
Benutzung der Staatsdomänen in geeigneten Fällen zur Stärkung des
kleineren und mittleren Grundbesitzes durch angemessene Veräußerung oder
Verpachtung in Parzellen, unter Vermeidung des Mittels neuer Ansiedlungen.
wird unter Zustimmung der Regierung beinahe einstimmig angenommen. —
Die Berathung der Ausgaben für das landwirtschaftliche Ministerium gab
unter anderem zu einem Tadel der Wahl des Grundstückes für das neu zu
errichtende Gebäude eines landwirthschaftlichen Museums Anlaß, weil einige
Abgeordnete das gewählte Grundstück für die Universität reserviren wollten.
Dabei ließ sich über die Zerstreuung der akademischen Anstalten wirksamst
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