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Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band.

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Feuer machen zu können.*) Er diente dann auch noch einer gegen Ende des
16. Jahrhunderts auftretenden Erfindung, der Schnapphahnmuskete, die bereits
einen federnden Hahn wie die spätere Feuersteinflinte hatte. Diese neuen
Waffen waren jedoch komplicirt und kostspielig und vermochten aus diesem
Grunde niemals die Luntenh akbusse ganz zu verdrängen, da deren Me¬
chanismus einfacher, solider und sicherer war; denn während des Kampfes zer¬
bröckelte der Schwefelkies nicht selten und zwang dann das Gewehr zum
Schweigen. Erleichtert und verbessert wurde aber auch die Luntenbüchse und das
kam der Jnfanterietaklik sehr zu Gute. Die Büchse der leichten Schützen
soll 10 Pfund gewogen haben. Es gehörten dazu 6 Ellen Lunte und 30
Kugeln. Außerdem führten die Schützen noch ein Rappier und trugen den
Sturmhut mit eingelegtem Eisenkreuz. Neben ihnen bestand aber auch noch
eine geringere Zahl schwerer Schützen, ausgesuchte Leute mit Hakenbüchsen,
für welche früh der Name "Musketiere" aufkommt. Zehn von ihnen
pflegten unter Karl V. einem Fähnlein zugetheilt zu werden; sie sollten an der
Spitze der Kolonne marschiren und empfingen monatlich bis 10 Gulden Löh¬
nung. Ihre Anzahl steigerte sich nach und nach. Die Unbeholfenheit und
Schwere einer Muskete dieser Zeit machten nöthig, daß sie beim Abfeuern auf
eine Art Bock (?ouiguette, I^ol-quel, Gabel) gelegt ward, die der Musketier
auf dem Marsch in der rechten Hand führte, während er das Gewehr selbst
mittelst eines Kissens auf der Unken Schulter trug. Ueber der linken Schulter
hing ihm ferner ein ledernes Riemen-Bandelier, an welchem rings herum
kleine hölzerne Büchsen befindlich waren, deren jede eine Pulverladung ent¬
hielt. Die Kugeln (das Loth) selbst befanden sich in einem, hinten am
Riemen befestigten ledernen Beutel, unter dem eine blecherne Pulverflasche
mit dem "Kraute" --Zündpulver -- hing. Die Lunte, von der der Musketier
wie die leichten Schützen, sechs Ellen mit sich führen mußte, war um das
Bandelier gewickelt. Das lederne Kugelsäckchen enthielt für den Musketier
> fünfzehn Kugeln. Die Musketen schössen, wenigstens in den früheren Zeiten.
4 Loth und wogen fünfzehn Pfund.

Neben den Handfeuerwaffen behauptete sich die Pike als Waffe des
Hellen Haufens. Sie war auch jetzt noch, wie in den Zeiten der Vorherrschaft des
schweizerischen Fußvolks, 16--18 Fuß lang. Wo es anging, waffnete sich
der Landsknecht außerdem gern mit einem langen Rappier (Raufdegen) und
zwei Pistolen mit Radschlössern. Wer derart bewaffnet, auch mit einer
Sturmhaube, schußfreiem Bruststück, Blechschurz, Kragen und ganzen Arm¬
schienen oder Panzer-Aermeln erschien, zählte als Doppelsöldner, und focht
in den ersten Gliedern. Wer nicht reich genug war, sich so gerüstet seinem



') Vergl, Demmin- Wassmkunde, Leipzig 1869.

Feuer machen zu können.*) Er diente dann auch noch einer gegen Ende des
16. Jahrhunderts auftretenden Erfindung, der Schnapphahnmuskete, die bereits
einen federnden Hahn wie die spätere Feuersteinflinte hatte. Diese neuen
Waffen waren jedoch komplicirt und kostspielig und vermochten aus diesem
Grunde niemals die Luntenh akbusse ganz zu verdrängen, da deren Me¬
chanismus einfacher, solider und sicherer war; denn während des Kampfes zer¬
bröckelte der Schwefelkies nicht selten und zwang dann das Gewehr zum
Schweigen. Erleichtert und verbessert wurde aber auch die Luntenbüchse und das
kam der Jnfanterietaklik sehr zu Gute. Die Büchse der leichten Schützen
soll 10 Pfund gewogen haben. Es gehörten dazu 6 Ellen Lunte und 30
Kugeln. Außerdem führten die Schützen noch ein Rappier und trugen den
Sturmhut mit eingelegtem Eisenkreuz. Neben ihnen bestand aber auch noch
eine geringere Zahl schwerer Schützen, ausgesuchte Leute mit Hakenbüchsen,
für welche früh der Name „Musketiere" aufkommt. Zehn von ihnen
pflegten unter Karl V. einem Fähnlein zugetheilt zu werden; sie sollten an der
Spitze der Kolonne marschiren und empfingen monatlich bis 10 Gulden Löh¬
nung. Ihre Anzahl steigerte sich nach und nach. Die Unbeholfenheit und
Schwere einer Muskete dieser Zeit machten nöthig, daß sie beim Abfeuern auf
eine Art Bock (?ouiguette, I^ol-quel, Gabel) gelegt ward, die der Musketier
auf dem Marsch in der rechten Hand führte, während er das Gewehr selbst
mittelst eines Kissens auf der Unken Schulter trug. Ueber der linken Schulter
hing ihm ferner ein ledernes Riemen-Bandelier, an welchem rings herum
kleine hölzerne Büchsen befindlich waren, deren jede eine Pulverladung ent¬
hielt. Die Kugeln (das Loth) selbst befanden sich in einem, hinten am
Riemen befestigten ledernen Beutel, unter dem eine blecherne Pulverflasche
mit dem „Kraute" —Zündpulver — hing. Die Lunte, von der der Musketier
wie die leichten Schützen, sechs Ellen mit sich führen mußte, war um das
Bandelier gewickelt. Das lederne Kugelsäckchen enthielt für den Musketier
> fünfzehn Kugeln. Die Musketen schössen, wenigstens in den früheren Zeiten.
4 Loth und wogen fünfzehn Pfund.

Neben den Handfeuerwaffen behauptete sich die Pike als Waffe des
Hellen Haufens. Sie war auch jetzt noch, wie in den Zeiten der Vorherrschaft des
schweizerischen Fußvolks, 16—18 Fuß lang. Wo es anging, waffnete sich
der Landsknecht außerdem gern mit einem langen Rappier (Raufdegen) und
zwei Pistolen mit Radschlössern. Wer derart bewaffnet, auch mit einer
Sturmhaube, schußfreiem Bruststück, Blechschurz, Kragen und ganzen Arm¬
schienen oder Panzer-Aermeln erschien, zählte als Doppelsöldner, und focht
in den ersten Gliedern. Wer nicht reich genug war, sich so gerüstet seinem



') Vergl, Demmin- Wassmkunde, Leipzig 1869.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 33, 1874, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341819_130643/18>, abgerufen am 25.12.2024.