Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.hier unter prätentiöser Anrufung unsrer nationalen Interessen geschieht. Die "Die Unbill war um so größer, als man gar nicht genauen Bericht oder -) Das ist jetzt als unrichtig dargethan. Doch durste der Verfasser auch schon in der zweiten Augustwoche, und fern von den Centren des politischen Lebens, als ausgemacht be¬ trachten, daß das Auswärtige Amt seine Jnstructionen nicht aus "fremden Zeitungen" ent¬ nimmt. 2) Sicher ist, daß die Admiralität, nicht Fürst Bismarck, Werner abrief. Z) Das ist eine Verdächtigung des Kapitän Werner -- als ob er den Zeitungskampf für die eigene Person führe --, die seinem Vertheidiger zu erheben vorbehalten blieb. Es war aber lediglich die Admiralität, und dieser liegt in der Regel die Absicht "der Marine wehe zu thun" wo möglich noch ferner als dem Herrn Verfasser. °) Die sich klugerweise ihre Instruction erst nach der Vigilantc-Affaire einholten -- aber immerhin einholten und ihnen gemäß handelten. °) Niemand in Deutschland, niemand in unserem Landhcer und in der Marine, außer den unzufriedenen Journalisten, hat aus diesem Anlaß von einer "Demüthigung" der Mannschaften und Offiziere von der Flotte gesprochen. Grenzboten III. 1873. 66
hier unter prätentiöser Anrufung unsrer nationalen Interessen geschieht. Die „Die Unbill war um so größer, als man gar nicht genauen Bericht oder -) Das ist jetzt als unrichtig dargethan. Doch durste der Verfasser auch schon in der zweiten Augustwoche, und fern von den Centren des politischen Lebens, als ausgemacht be¬ trachten, daß das Auswärtige Amt seine Jnstructionen nicht aus „fremden Zeitungen" ent¬ nimmt. 2) Sicher ist, daß die Admiralität, nicht Fürst Bismarck, Werner abrief. Z) Das ist eine Verdächtigung des Kapitän Werner — als ob er den Zeitungskampf für die eigene Person führe —, die seinem Vertheidiger zu erheben vorbehalten blieb. Es war aber lediglich die Admiralität, und dieser liegt in der Regel die Absicht „der Marine wehe zu thun" wo möglich noch ferner als dem Herrn Verfasser. °) Die sich klugerweise ihre Instruction erst nach der Vigilantc-Affaire einholten — aber immerhin einholten und ihnen gemäß handelten. °) Niemand in Deutschland, niemand in unserem Landhcer und in der Marine, außer den unzufriedenen Journalisten, hat aus diesem Anlaß von einer „Demüthigung" der Mannschaften und Offiziere von der Flotte gesprochen. Grenzboten III. 1873. 66
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hier unter prätentiöser Anrufung unsrer nationalen Interessen geschieht. Die
bezeichnendsten Stellen werden nachstehend wörtlich herausgehoben:
„Die Unbill war um so größer, als man gar nicht genauen Bericht oder
Rechtfertigung des Kapitäns abwartete, sondern ihn, während er noch im Amte
war, auf Grund der ersten Depeschen und der Notizen aus fremden Zeitun¬
gen in solcher Weise mißhandelte.^) Leider war leicht zu erkennen, und es
ist gar kein Geheimniß, daß die Federn, welche sich so heftig gegen Kapitän Wer¬
ner sträubten, aus der Nähe des Fürsten Bismarck ihre Anweisungen
erhielten. 2) Die deutsche Presse hat noch die letzten Auseinandersetzungen derselben
officiösen Korrespondenten mit dem General Manteuffel in peinlicher Erinnerung
und der Wunsch wird allgemein, daß solche Behandlung der Personen und ein
verbissener Zeitungskampf höherer Staatsbeamten sich nicht bei uns einbürgern
möge. 2) Wenn es der Reichskanzler war, welcher die sofortige Abberufung
des Kapitän Werner bewirkt hat") — kein anderer Minister würde wagen, in den
auswärtigen Dienst durch solche Verfügung einzugreifen (!) >— so be¬
dauern wir zunächst, daß er zugleich unserer Marine wehe thun mußte. Zum er¬
stenmal war sie in der Lage unter den Flottenabtheilungen anderer seefahrender
Mächte, unter Amerikanern und Engländern, in gemeinsamem Interesse der Kultur¬
staaten und in gutem Einvernehmen mit den befreundeten Schiffen ^) die Führung zu
übernehmen, man erkennt aus allen Nachrichten vom Mittelmeere deutlich, daß die
Anderen sich unserer momentanen Ueberlegenheit und den Maßnahmen, welche Ka¬
pitän Werner traf, mit vollem EinVerständniß angeschlossen haben. War es nicht
möglich, den Offizieren und Mannschaften von der Flotte das fröhliche Selbstgefühl
zu gönnen, daß sie auf den Meeren Europas etwas bedeuten, und war es nöthig,
sie gleich bei ihrer ersten größeren europäischen Leistung in Friedenszeiten in so
rauher Weise zu demüthigen?") Der Fürst Reichskanzler könnte da, wo es sich
um spanische Schlösser handelt, doch mit Andern eine gewisse Nachsicht üben, selbst
wenn diese in dem guten Glauben, der deutschen Sache zu dienen, einen falschen
Schritt gethan haben sollten. — Da das Verhalten des Kapitän Werner an sich
so rauhes Eingreifen nicht nöthig machte, so wird man die Motive dazu in
andern Erwägungen und Befürchtungen des Reichskanzlers suchen
müssen. Zuverlässig ist es ihm jetzt von höchstem Werth, die Friedensliebe des
-) Das ist jetzt als unrichtig dargethan. Doch durste der Verfasser auch schon in der
zweiten Augustwoche, und fern von den Centren des politischen Lebens, als ausgemacht be¬
trachten, daß das Auswärtige Amt seine Jnstructionen nicht aus „fremden Zeitungen" ent¬
nimmt.
2) Sicher ist, daß die Admiralität, nicht Fürst Bismarck, Werner abrief.
Z) Das ist eine Verdächtigung des Kapitän Werner — als ob er den Zeitungskampf für
die eigene Person führe —, die seinem Vertheidiger zu erheben vorbehalten blieb.
Es war aber lediglich die Admiralität, und dieser liegt in der Regel die Absicht „der
Marine wehe zu thun" wo möglich noch ferner als dem Herrn Verfasser.
°) Die sich klugerweise ihre Instruction erst nach der Vigilantc-Affaire einholten — aber
immerhin einholten und ihnen gemäß handelten.
°) Niemand in Deutschland, niemand in unserem Landhcer und in der Marine, außer den
unzufriedenen Journalisten, hat aus diesem Anlaß von einer „Demüthigung" der Mannschaften
und Offiziere von der Flotte gesprochen.
Grenzboten III. 1873. 66
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