Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.waren dem grundehrlichen, kräftigen deutschen Volke, unserem Brudervolke, Daß es Frankreich längst auf unser Ländchen sowohl als auf Belgien, Grenzboten 1873. III. 64
waren dem grundehrlichen, kräftigen deutschen Volke, unserem Brudervolke, Daß es Frankreich längst auf unser Ländchen sowohl als auf Belgien, Grenzboten 1873. III. 64
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waren dem grundehrlichen, kräftigen deutschen Volke, unserem Brudervolke,
näher gerückt und deutscher Einfluß konnte sich bei uns geltend machen, und
an der Heilung unserer tiefen Schäden mitwirken. Das war ein großes un¬
schätzbares Glück. Aber auch unser materielles Wohl wurde durch den deut¬
schen Zollverein gehoben. Derselbe rief unsere Großindustrie ins Leben, und
seitdem hat sich der Wohlstand bei uns vertausendfacht. Heute besitzt unser
Land die Mittel, auch auf dem geistigen Gebiet das Bessere, das Tüchtigere
zu fördern und wir glauben, daß unsere gegenwärtige Regierung auch den
Willen hat, auf dieses Gebiet einzulenken und demselben einen guten Theil
der Staatsmittel zuzuweisen. Uebrigens ist es auch die höchste Zeit dazu, wenn
wir nicht zum Gespött des ganzen intelligenten und gebildeten Europas wer¬
den sollen. Unser Anschluß an den deutschen Zollverein ging nicht ohne Oppo¬
sition vor sich. Unsere Fransquillons, vor Allem aber unsere „belgischen
taiseurs", die Theilnehmer an der belgischen Revolution von 1830, deren
es noch so manche in unserem Lande gibt, widersetzten sich diesem Anschluß.
Doch glücklicherweise lagen damals die Sachen so, daß uns keine andere Wahl
blieb. Es hieß hier: Friß Vogel oder stirb. Und wohl uns, daß man uns
damals nicht die Wahl gelassen! Ohne unsern Anschluß an den Zollverein
hätten uns die Dunkelmänner heute im Sack mit Maus und Mann. Im
Vorübergehen sei noch gesagt, daß der Umstand, daß unsere Hauptstadt eine
deutsche Besatzung hatte, unserm ganzen Lande auch sehr zu Paß kam, und
demselben weit mehr genützt hat, als der Janhagel bei uns, der mit dem
„Wort" so laut auf den „Preuß" schimpft, es sich träumen läßt.
Daß es Frankreich längst auf unser Ländchen sowohl als auf Belgien,
ja das ganze linke Rheinufer abgesehen hatte, weiß Jeder, der nur einen Be¬
griff von der Politik Frankreichs während der letzten zwanzig Jahre hat.
Wir, die durch den Zollverein mit Deutschland verbunden waren, sollten
vor allem von Frankreich aus bearbeitet, und für die Annexion an dasselbe
reif gemacht werden. Wie es scheint, waren wir dazu noch lange nicht faul
genug, trotz unserer Jesuiten und ihrer verkappten Helfershelfer. Die zer¬
setzenden giftigen Elemente mußten uns deßhalb in Masse aus Frankreich,
und dem noch sauleren Belgien, dem Eldorado unserer „Liberalen", zuge¬
führt werden. Eine günstige Gelegenheit dazu bot die Erbaung unserer Eisen¬
bahn. Gütiger Gott! welches Gesindel wurde uns bei dieser Gelegenheit zu¬
geführt! Von soviel Verkommenheit, Sittenlosigkeit, Gewissenlosigkeit, Spitz¬
büberei, hatten wir noch gar keinen Begriff. Armer „Wilhelm-Luxemburg!"
wer hat die vielen Millionen verloren , die man Dir hier gestohlen hat!
Deine Actionäre. — Die Diebereien wurden öffentlich, bei Hellem Tageslicht,
unter den Augen der Ober-Chefs, von Jung und Alt verübt. Lieferanten be¬
reicherten sich im Handumdrehen. Die cHeUorouL, Unternehmer aus zweiter
Grenzboten 1873. III. 64
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