Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Diese hatte schon gleich nach ihrem Sieg im Jahre 1848 ihr Organ, das Diese hatte schon gleich nach ihrem Sieg im Jahre 1848 ihr Organ, das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0431" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193234"/> <p xml:id="ID_1452"> Diese hatte schon gleich nach ihrem Sieg im Jahre 1848 ihr Organ, das<lb/> „Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht", gegründet. Dieses saubere<lb/> Blatt führte sich bei seinen Lesern damit ein, daß es die These aufstellte und<lb/> vertheidigte, ein protestantischer Fürst könne rechtmäßiger Weise nicht über<lb/> eine katholische Bevölkerung herrschen. Die Landesjustiz mischte sich aller¬<lb/> dings in diese Streitfrage, aber da vier (wir sagen vier!) von den jungen fa¬<lb/> natischen Kaplänen des Herrn Laurent 'sich, unter eidlicher Aussage, als<lb/> die Verfasser der saubern Artikel hinstellten, die Justiz jedoch in sich die Ue¬<lb/> berzeugung trug, daß diese Fanatiker an denselben nicht mehr Theil hatten,<lb/> als ein neugeborenes Kind, so begnügte sich das Tribunal damit, den Stroh¬<lb/> mann der Jesuiten-Zeitung, einen gewissen Neben, Buchhändler, der sich den<lb/> verantwortlichen Redacteur des „Wort" nennen ließ, mit so und so viel Monaten<lb/> Gefängniß zu bedenken, nur um der Gerechtigkeit nicht allzusehr ins Gesicht<lb/> zu schlagen. Da indessen jedermann wußte, wie unschuldig der arme Teufel bei<lb/> der Sache war, so wurde von dem Landesfürsten die Strafe erlassen. — Das<lb/> war das rühmliche Debüt unseres „Wort für Wahrheit und Recht". — Das¬<lb/> selbe erhob sich zwar langsam, doch sicher, Dank den vielen Abonnenten, die<lb/> das saubere Blatt halten mußten, gern oder ungern. Hierher gehörten in<lb/> erster Reihe die Geistlichen und die Schullehrer. Wehe dem, der unter diesen<lb/> ein anderes Blatt zu halten wagte! Sein Ruin war gewiß, kaum eine Frage<lb/> der Zeit. Die Jesuiten herrschten unumschränkt durch ihre Helfershelfer in<lb/> der Regierung und in der Kammer. So konnte das Organ der Dunkelmän¬<lb/> ner bei uns ungestraft fortfahren, seinen bösen Samen der Lüge und Ver-<lb/> läumdung durchs ganze Land auszustreuen. Anfänglich zwar sträubten sich<lb/> die bessern, unabhängigeren Geister im Lande noch wider den absorvirenden<lb/> Einfluß dieser finstern Sippe. Aber ach! nur Wenige besitzen die zähe Kraft<lb/> und Ausdauer, auf die Länge wider den Strom zu schwimmen. Die Jesuiten<lb/> wußten sich überall, bei den ersten Familien des Landes, vor Allem bei den<lb/> Frauen, einzuschwärzen. Der Beichtstuhl war das Werbebüreau, wo sie sich<lb/> die Frauen des Landes anwarben. Und, es <zue komme vent I)ion le vont, wie<lb/> das Sprichwort sagt. Ein liberaler Mann nach dem andern kroch zu Kreuze;<lb/> und von diesem Augenblicke an that er alles Mögliche, um auch seine guten<lb/> Freunde und Bekannten hineinzupersuadiren in den jesuitischen Strudel.<lb/> Keiner steht gern allein als armer Schächer, als Pantoffelheld, vor seinem<lb/> Lande da. Sobald die Majorität auf Seiten der guten Leute war, durften<lb/> sie getrost sein und konnten wieder den Kopf vor Ihresgleichen erheben.<lb/> So wurden bei uns allmählig die Geister gebeugt und geknechtet. So ist es<lb/> gekommen, daß man sich nach und nach an die Knechtschaft gewöhnt, ja am<lb/> Ende sogar auf seine Ketten stolz geworden ist, und Jedem mit hochmüthiger<lb/> Verachtung begegnet, der sie nicht trägt, sondern sich lieber dem Geifer und<lb/> dem Stank des „Wort" und seiner Patrone aussetzt. —</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0431]
Diese hatte schon gleich nach ihrem Sieg im Jahre 1848 ihr Organ, das
„Luxemburger Wort für Wahrheit und Recht", gegründet. Dieses saubere
Blatt führte sich bei seinen Lesern damit ein, daß es die These aufstellte und
vertheidigte, ein protestantischer Fürst könne rechtmäßiger Weise nicht über
eine katholische Bevölkerung herrschen. Die Landesjustiz mischte sich aller¬
dings in diese Streitfrage, aber da vier (wir sagen vier!) von den jungen fa¬
natischen Kaplänen des Herrn Laurent 'sich, unter eidlicher Aussage, als
die Verfasser der saubern Artikel hinstellten, die Justiz jedoch in sich die Ue¬
berzeugung trug, daß diese Fanatiker an denselben nicht mehr Theil hatten,
als ein neugeborenes Kind, so begnügte sich das Tribunal damit, den Stroh¬
mann der Jesuiten-Zeitung, einen gewissen Neben, Buchhändler, der sich den
verantwortlichen Redacteur des „Wort" nennen ließ, mit so und so viel Monaten
Gefängniß zu bedenken, nur um der Gerechtigkeit nicht allzusehr ins Gesicht
zu schlagen. Da indessen jedermann wußte, wie unschuldig der arme Teufel bei
der Sache war, so wurde von dem Landesfürsten die Strafe erlassen. — Das
war das rühmliche Debüt unseres „Wort für Wahrheit und Recht". — Das¬
selbe erhob sich zwar langsam, doch sicher, Dank den vielen Abonnenten, die
das saubere Blatt halten mußten, gern oder ungern. Hierher gehörten in
erster Reihe die Geistlichen und die Schullehrer. Wehe dem, der unter diesen
ein anderes Blatt zu halten wagte! Sein Ruin war gewiß, kaum eine Frage
der Zeit. Die Jesuiten herrschten unumschränkt durch ihre Helfershelfer in
der Regierung und in der Kammer. So konnte das Organ der Dunkelmän¬
ner bei uns ungestraft fortfahren, seinen bösen Samen der Lüge und Ver-
läumdung durchs ganze Land auszustreuen. Anfänglich zwar sträubten sich
die bessern, unabhängigeren Geister im Lande noch wider den absorvirenden
Einfluß dieser finstern Sippe. Aber ach! nur Wenige besitzen die zähe Kraft
und Ausdauer, auf die Länge wider den Strom zu schwimmen. Die Jesuiten
wußten sich überall, bei den ersten Familien des Landes, vor Allem bei den
Frauen, einzuschwärzen. Der Beichtstuhl war das Werbebüreau, wo sie sich
die Frauen des Landes anwarben. Und, es <zue komme vent I)ion le vont, wie
das Sprichwort sagt. Ein liberaler Mann nach dem andern kroch zu Kreuze;
und von diesem Augenblicke an that er alles Mögliche, um auch seine guten
Freunde und Bekannten hineinzupersuadiren in den jesuitischen Strudel.
Keiner steht gern allein als armer Schächer, als Pantoffelheld, vor seinem
Lande da. Sobald die Majorität auf Seiten der guten Leute war, durften
sie getrost sein und konnten wieder den Kopf vor Ihresgleichen erheben.
So wurden bei uns allmählig die Geister gebeugt und geknechtet. So ist es
gekommen, daß man sich nach und nach an die Knechtschaft gewöhnt, ja am
Ende sogar auf seine Ketten stolz geworden ist, und Jedem mit hochmüthiger
Verachtung begegnet, der sie nicht trägt, sondern sich lieber dem Geifer und
dem Stank des „Wort" und seiner Patrone aussetzt. —
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