Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.und Elend zu stürzen. Er wird nicht unbedachtsam seinen Aufenthalt, seine Dringender noch fordert zur Verbreitung allgemeiner Bildung, nament¬ So groß und so vielfach wichtig, freilich auch wie wir nicht zu sagen Die Gesellschaft organisirte sich durch Bildung eines Centralausschusses und Elend zu stürzen. Er wird nicht unbedachtsam seinen Aufenthalt, seine Dringender noch fordert zur Verbreitung allgemeiner Bildung, nament¬ So groß und so vielfach wichtig, freilich auch wie wir nicht zu sagen Die Gesellschaft organisirte sich durch Bildung eines Centralausschusses <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193208"/> <p xml:id="ID_1376" prev="#ID_1375"> und Elend zu stürzen. Er wird nicht unbedachtsam seinen Aufenthalt, seine<lb/> sociale Stellung, sein Vertragsverhältniß und einen Arbeitgeber wechseln,<lb/> obschon an alledem kein Gesetz ihn hindert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1377"> Dringender noch fordert zur Verbreitung allgemeiner Bildung, nament¬<lb/> lich in den unteren Klassen, der Umstand auf, daß in deren Hand zu einem<lb/> großen, vielerorts zum größten Theil, der Ausfall der Wahlen für die Ver¬<lb/> tretung der Nation gelegt ist. Das allgemeine Wahlrecht, mag man darüber<lb/> denken, was man will, besteht und wird ebensowenig wie Gewerbefreiheit, Frei¬<lb/> zügigkeit, Associationsfreihe.it so leicht wieder verschwinden. Wenn dasselbe<lb/> aber nicht zum Unheil ausschlagen soll, muß dahin gewirkt werden, daß die¬<lb/> ses kostbare Recht von denen, die es besitzen, mit Einsicht und nach rechtem<lb/> Verständniß seiner hohen Bedeutung geübt werde. Auch das vermag nur<lb/> Bildung, allverbreitete Bildung. Sie allein kann es dahin bringen, daß<lb/> nicht, wie leider jetzt noch vielfach im ultramontanen wie im sozialdemokrati¬<lb/> schen Lager geschieht, Hunderte und Tausende von Wählern auf das bloße<lb/> diktatorische Wort eines Einzelnen hin — trage dieser nun die Soutane oder<lb/> die Blouse — ihre Stimme einem Candidaten geben, den sie gar nicht kennen;<lb/> daß jedes aufklärende Wort, welches etwa in Wahlversammlungen ein frei¬<lb/> müthiger, durch solchen Terrorismus nicht eingeschüchterter Mund wagt, durch<lb/> rohes Toben niedergeschrieen und übertäubt wird. Sie allein kann machen,<lb/> daß das Vertrauensmandat zu dem höchsten Ehrenposten, den eine Nation zu<lb/> vergeben hat, nicht leichtsinnig oder in sklavischer Hingebung an fremde Au¬<lb/> torität, vielmehr nach freier, wohlerwogener Ueberlegung vergeben werde.<lb/> Freiheit mit Bildung vermählt kann nie schädlich sein, ja wird je unbeschränk¬<lb/> ter desto wohlthätiger sich äußern. Freiheit ohne Bildung mag leicht furcht¬<lb/> bar werden, mag wenigstens durch ihre Ausschreitungen dahin führen, daß sie<lb/> selbst Denen, welche sie im Principe hassen, einen Vorwand für ihre reactio-<lb/> nären Gelüste leiht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1378"> So groß und so vielfach wichtig, freilich auch wie wir nicht zu sagen<lb/> brauchen, so schwierig und mühevoll ist die Aufgabe, welche die Gesellschaft<lb/> für Verbreitung von Volksbildung sich gestellt hat! In den nunmehr zwei<lb/> Jahren ihres Bestehens hat sie mit Eifer daran gearbeitet und, wenn auch<lb/> nur erst Anfänge doch manche tüchtige, erfreuliche, vielversprechende Anfänge heil¬<lb/> samen Wirkens zu Tage gefördert.</p><lb/> <p xml:id="ID_1379" next="#ID_1380"> Die Gesellschaft organisirte sich durch Bildung eines Centralausschusses<lb/> für Leitung der Geschäfte, der seinen Sitz in Berlin hat und zu einem gro¬<lb/> ßen Theile aus Mitgliedern des deutschen Reichstages besteht, die zugleich die<lb/> natürlichen Vertreter und Vermittler für die Interessen der Gesellschaft in<lb/> ihren verschiedenen Heimatsländern sind; gleichzeitig gab sie den Anstoß zur</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
und Elend zu stürzen. Er wird nicht unbedachtsam seinen Aufenthalt, seine
sociale Stellung, sein Vertragsverhältniß und einen Arbeitgeber wechseln,
obschon an alledem kein Gesetz ihn hindert.
Dringender noch fordert zur Verbreitung allgemeiner Bildung, nament¬
lich in den unteren Klassen, der Umstand auf, daß in deren Hand zu einem
großen, vielerorts zum größten Theil, der Ausfall der Wahlen für die Ver¬
tretung der Nation gelegt ist. Das allgemeine Wahlrecht, mag man darüber
denken, was man will, besteht und wird ebensowenig wie Gewerbefreiheit, Frei¬
zügigkeit, Associationsfreihe.it so leicht wieder verschwinden. Wenn dasselbe
aber nicht zum Unheil ausschlagen soll, muß dahin gewirkt werden, daß die¬
ses kostbare Recht von denen, die es besitzen, mit Einsicht und nach rechtem
Verständniß seiner hohen Bedeutung geübt werde. Auch das vermag nur
Bildung, allverbreitete Bildung. Sie allein kann es dahin bringen, daß
nicht, wie leider jetzt noch vielfach im ultramontanen wie im sozialdemokrati¬
schen Lager geschieht, Hunderte und Tausende von Wählern auf das bloße
diktatorische Wort eines Einzelnen hin — trage dieser nun die Soutane oder
die Blouse — ihre Stimme einem Candidaten geben, den sie gar nicht kennen;
daß jedes aufklärende Wort, welches etwa in Wahlversammlungen ein frei¬
müthiger, durch solchen Terrorismus nicht eingeschüchterter Mund wagt, durch
rohes Toben niedergeschrieen und übertäubt wird. Sie allein kann machen,
daß das Vertrauensmandat zu dem höchsten Ehrenposten, den eine Nation zu
vergeben hat, nicht leichtsinnig oder in sklavischer Hingebung an fremde Au¬
torität, vielmehr nach freier, wohlerwogener Ueberlegung vergeben werde.
Freiheit mit Bildung vermählt kann nie schädlich sein, ja wird je unbeschränk¬
ter desto wohlthätiger sich äußern. Freiheit ohne Bildung mag leicht furcht¬
bar werden, mag wenigstens durch ihre Ausschreitungen dahin führen, daß sie
selbst Denen, welche sie im Principe hassen, einen Vorwand für ihre reactio-
nären Gelüste leiht.
So groß und so vielfach wichtig, freilich auch wie wir nicht zu sagen
brauchen, so schwierig und mühevoll ist die Aufgabe, welche die Gesellschaft
für Verbreitung von Volksbildung sich gestellt hat! In den nunmehr zwei
Jahren ihres Bestehens hat sie mit Eifer daran gearbeitet und, wenn auch
nur erst Anfänge doch manche tüchtige, erfreuliche, vielversprechende Anfänge heil¬
samen Wirkens zu Tage gefördert.
Die Gesellschaft organisirte sich durch Bildung eines Centralausschusses
für Leitung der Geschäfte, der seinen Sitz in Berlin hat und zu einem gro¬
ßen Theile aus Mitgliedern des deutschen Reichstages besteht, die zugleich die
natürlichen Vertreter und Vermittler für die Interessen der Gesellschaft in
ihren verschiedenen Heimatsländern sind; gleichzeitig gab sie den Anstoß zur
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