Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.find. Sie entwickeln jeden Tag geschichtliche Fragen in einer Weise, welche find. Sie entwickeln jeden Tag geschichtliche Fragen in einer Weise, welche <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0039" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192842"/> <p xml:id="ID_102" prev="#ID_101" next="#ID_103"> find. Sie entwickeln jeden Tag geschichtliche Fragen in einer Weise, welche<lb/> bekundet, daß Sie kein Laie darin sind, der zufrieden ist, an der Oberfläche<lb/> herumzuknabbern, sondern ein Mann, der die Tiefen derselben erforscht und<lb/> sich in den Besitz aller der Kenntnisse gesetzt hat, die sich auf die große Frage<lb/> beziehen. Deshalb gestatten Sie mir einmal, Ihnen jenen Fall Willis und<lb/> Morgan ins Gedächtniß zurückzurufen, obwol ich auf Ihrem Gesichte lese,<lb/> daß die ganze Angelegenheit Ihnen in diesem Augenblicke bereits an der Er¬<lb/> innerung vorübergeht. Am 12. August 1860, also wohlgemerkt, zwei Mo¬<lb/> nate vor der Geschichte mit Waite und Granger, verkleideten sich zwei Geist¬<lb/> liche von Südcarolina, Namens H. Morgan und Winthrop L. Willis, der<lb/> eine ein Methodist, der andere zu den Baptisten von der alten Schule ge¬<lb/> hörig, und gingen um Mitternacht in das Haus eines Pflanzers, Namens<lb/> Thompson — Archibald F. Thompson, Vicepräsident unter Thomas Jeffer-<lb/> son gewesen — und ergriffen daselbst dessen verwittwete Muhme, eine Frau<lb/> aus dem Norden, sowie ihr Adoptivkind, einen Waisenknaben, Namens Mor-<lb/> timer Highin, mit Epilepsie behaftet und in dieser Zeit überdieß ein einem<lb/> feiner Beine vom Knochenfraß heimgesucht und ^in Folge dessen gezwungen,<lb/> an Krücken zu gehen, und die beiden Prediger schleppten die Opfer unge¬<lb/> achtet ihrer flehentlichen Bitten in den Busch, bestrichen sie mit Theer, wälz¬<lb/> ten sie in Federn und verbrannten sie später an einem Pfahl mitten in der<lb/> Stadt Charleston. Sie entsinnen sich vollkommen wohl, was das für eine<lb/> Aufregung hervorrief. Sie erinnern sich ganz unzweifelhaft, daß selbst der<lb/> Charlestoner „Courier" diese That als unerfreulich, von zweifelhafter Schick¬<lb/> lichkeit und kaum zu rechtfertigen bezeichnete und die Bemerkung hinzufügte,<lb/> man werde sich nicht wundern dürfen, wenn Vergeltung darauf folgte. Und<lb/> Sie erinnern sich ferner jetzt ganz sicherlich, daß dieser Vorfall die Ursache der<lb/> Unthat in Massachusetts wurde. Wer in der That waren denn die beiden<lb/> geistlichen Herren in Massachusetts? Und wer waren die beiden Frauen aus<lb/> dem Süden, die von ihnen verbrannt wurden? Nun, ich habe nicht nöthig,<lb/> Sie, Admiral, mit ihrer tiefen Kenntniß der Geschichte darauf hinzuweisen,<lb/> daß Waite der Neffe der in Charleston verbrannten Frau war, daß Granger<lb/> ihr Vetter im zweiten Grade war, und daß die Frauen, die sie in Boston<lb/> dem Feuertode überlieferten, die Gattin von John H. Morgan und die ge¬<lb/> schiedene, aber noch immer geliebte Frau von Winthrop L. Willis waren.<lb/> Und jetzt, Admiral, ist es nur billig, daß Sie anerkennen, wie die erste Her¬<lb/> ausforderung von den südlichen Predigern ausgegangen ist, und daß die nörd¬<lb/> lichen Recht hatten, wenn sie Vergeltung übten. Bei Ihrer Beweisführung<lb/> haben Sie noch nie die geringste Neigung gezeigt, mit einem gerechten Wahr¬<lb/> spruch zurückzuhalten oder sonst irgendwie Unbilliges zu beanspruchen, wenn<lb/> verbürgte Geschichten die von Ihnen eingenommene Stellung unhaltbar machten,</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0039]
find. Sie entwickeln jeden Tag geschichtliche Fragen in einer Weise, welche
bekundet, daß Sie kein Laie darin sind, der zufrieden ist, an der Oberfläche
herumzuknabbern, sondern ein Mann, der die Tiefen derselben erforscht und
sich in den Besitz aller der Kenntnisse gesetzt hat, die sich auf die große Frage
beziehen. Deshalb gestatten Sie mir einmal, Ihnen jenen Fall Willis und
Morgan ins Gedächtniß zurückzurufen, obwol ich auf Ihrem Gesichte lese,
daß die ganze Angelegenheit Ihnen in diesem Augenblicke bereits an der Er¬
innerung vorübergeht. Am 12. August 1860, also wohlgemerkt, zwei Mo¬
nate vor der Geschichte mit Waite und Granger, verkleideten sich zwei Geist¬
liche von Südcarolina, Namens H. Morgan und Winthrop L. Willis, der
eine ein Methodist, der andere zu den Baptisten von der alten Schule ge¬
hörig, und gingen um Mitternacht in das Haus eines Pflanzers, Namens
Thompson — Archibald F. Thompson, Vicepräsident unter Thomas Jeffer-
son gewesen — und ergriffen daselbst dessen verwittwete Muhme, eine Frau
aus dem Norden, sowie ihr Adoptivkind, einen Waisenknaben, Namens Mor-
timer Highin, mit Epilepsie behaftet und in dieser Zeit überdieß ein einem
feiner Beine vom Knochenfraß heimgesucht und ^in Folge dessen gezwungen,
an Krücken zu gehen, und die beiden Prediger schleppten die Opfer unge¬
achtet ihrer flehentlichen Bitten in den Busch, bestrichen sie mit Theer, wälz¬
ten sie in Federn und verbrannten sie später an einem Pfahl mitten in der
Stadt Charleston. Sie entsinnen sich vollkommen wohl, was das für eine
Aufregung hervorrief. Sie erinnern sich ganz unzweifelhaft, daß selbst der
Charlestoner „Courier" diese That als unerfreulich, von zweifelhafter Schick¬
lichkeit und kaum zu rechtfertigen bezeichnete und die Bemerkung hinzufügte,
man werde sich nicht wundern dürfen, wenn Vergeltung darauf folgte. Und
Sie erinnern sich ferner jetzt ganz sicherlich, daß dieser Vorfall die Ursache der
Unthat in Massachusetts wurde. Wer in der That waren denn die beiden
geistlichen Herren in Massachusetts? Und wer waren die beiden Frauen aus
dem Süden, die von ihnen verbrannt wurden? Nun, ich habe nicht nöthig,
Sie, Admiral, mit ihrer tiefen Kenntniß der Geschichte darauf hinzuweisen,
daß Waite der Neffe der in Charleston verbrannten Frau war, daß Granger
ihr Vetter im zweiten Grade war, und daß die Frauen, die sie in Boston
dem Feuertode überlieferten, die Gattin von John H. Morgan und die ge¬
schiedene, aber noch immer geliebte Frau von Winthrop L. Willis waren.
Und jetzt, Admiral, ist es nur billig, daß Sie anerkennen, wie die erste Her¬
ausforderung von den südlichen Predigern ausgegangen ist, und daß die nörd¬
lichen Recht hatten, wenn sie Vergeltung übten. Bei Ihrer Beweisführung
haben Sie noch nie die geringste Neigung gezeigt, mit einem gerechten Wahr¬
spruch zurückzuhalten oder sonst irgendwie Unbilliges zu beanspruchen, wenn
verbürgte Geschichten die von Ihnen eingenommene Stellung unhaltbar machten,
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