Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Palästen der Herrscher von Ninive waren große Marmorplatten mit Bild¬ Die wichtigsten Ueberreste des älteren Chaldäischen Schriftthums, welches Auch in ihren Palästen häuften die Assyrischer Könige Schriftstücke auf. ") Man glaubt demzufolge, daß den Vabyloniern die Vergrößerung von Gegenstände",
wie sie durch mit Wasser gefüllte Glaskugeln bewirkt wird, bekannt gewesen ist, oder daß sich Schreiber und Leser eines dichten Stoffs, der nur eine winzige, auf das Auge berechnete Oeff- nung hatte, als Brille bedient haben. Palästen der Herrscher von Ninive waren große Marmorplatten mit Bild¬ Die wichtigsten Ueberreste des älteren Chaldäischen Schriftthums, welches Auch in ihren Palästen häuften die Assyrischer Könige Schriftstücke auf. ") Man glaubt demzufolge, daß den Vabyloniern die Vergrößerung von Gegenstände»,
wie sie durch mit Wasser gefüllte Glaskugeln bewirkt wird, bekannt gewesen ist, oder daß sich Schreiber und Leser eines dichten Stoffs, der nur eine winzige, auf das Auge berechnete Oeff- nung hatte, als Brille bedient haben. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0376" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193179"/> <p xml:id="ID_1290" prev="#ID_1289"> Palästen der Herrscher von Ninive waren große Marmorplatten mit Bild¬<lb/> werken und Inschriften in die Wände oder in den Fußboden eingefügt. Auf<lb/> einem Onyx aus Babylon lief die Schrift im Kreise um den Stein. Die<lb/> Täfelchen des Königs Hammurabi (1500 v. Chr.), welche auf einer Seite<lb/> 30, auf der anderen 32 sehr zierlich geschriebene Zeilen enthalten, sind von<lb/> hartem Gyps. In späterer Zeit beschrieben die Perser, wie aus den Ab¬<lb/> bildungen vom Hofe des Dareios und Zcerxes in Persepolis zu ersehen ist,<lb/> auch gewebte und seidene Kleiderstoffe mit Schriftzeichen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1291"> Die wichtigsten Ueberreste des älteren Chaldäischen Schriftthums, welches<lb/> der Sage nach von dem Könige Nabonnazar vernichtet sein soll, weil er der<lb/> erste Chaldäerkönig sein wollte, sind die riesenhaften Felsinschriften der<lb/> Assyrischer Könige. Diese Zeugen längstvergangener Zeiten berichten, meist<lb/> in ernster, pomphafter Sprache von den Thaten der Herrscher, ihren Heeres¬<lb/> zügen und großen Bauten. Man sieht solche Schriftfelsen an der großen<lb/> Straße von Babylon nach Ephesus, in der Nähe der Euphratfähre, bei dem<lb/> heutigen Kümürchane, sodann auf der Paßhöhe von Kalischin in Medien und<lb/> bei Wan in Armenien auf einer hohen Felswand, SO bis 60 Fuß über dem<lb/> Boden der alten Stadt. Acht gleichlaufende Spalten überliefern uns<lb/> dort in 300 sehr großen, durch Linien getrennten Schriftzeilen, die in den Fel¬<lb/> sen gehauen sind, die Geschichte eines mächtigen Assyrischer Königs. Sarda-<lb/> napal III. (900) ließ außer an einer Steinsäule im Tempel zu Korsabad noch<lb/> auf 40 Stellen Inschriften an Felswänden, Tempeln, Städten, ja auf Me¬<lb/> tallscheiben an den Quellen des Tigris anbringen, um seine Thaten der<lb/> Nachwelt zu überliefern. Ebenso ließ Dareios an dem Bagistanischen Felsen<lb/> zwischen Bagdad und Hamadan, in der Höhe von 300 Fuß über dem Boden<lb/> eine Inschrift herstellen, die sich vermöge des Kieselüberzugs 2400 Jahre lang<lb/> frisch erhalten hat.</p><lb/> <p xml:id="ID_1292" next="#ID_1293"> Auch in ihren Palästen häuften die Assyrischer Könige Schriftstücke auf.<lb/> „Als Layard 1850, berichtet Wuttke, im heutigen Kujundschik die Ruinen<lb/> von Ninive untersuchte, gelangte er in einen 27 Meter langen, 6 Meter brei¬<lb/> ten Saal, der einen Fuß hoch und höher mit Thontäfelchen bedeckt war. Die<lb/> größten maßen 9 Zoll in der Länge, K'/z Zoll in der Breite. Die Schrift<lb/> auf ihnen ist fehr klein, manchmal so winzig, daß sie ohne Bergrößerungs-<lb/> glas*) nicht zu lesen ist. Die Tafeln waren verschiedenartig gefärbt: schwarz,<lb/> grau, bläulich, violett u. s. w. Mehrere Forscher haben in ihnen das Assyri-</p><lb/> <note xml:id="FID_129" place="foot"> ") Man glaubt demzufolge, daß den Vabyloniern die Vergrößerung von Gegenstände»,<lb/> wie sie durch mit Wasser gefüllte Glaskugeln bewirkt wird, bekannt gewesen ist, oder daß sich<lb/> Schreiber und Leser eines dichten Stoffs, der nur eine winzige, auf das Auge berechnete Oeff-<lb/> nung hatte, als Brille bedient haben.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0376]
Palästen der Herrscher von Ninive waren große Marmorplatten mit Bild¬
werken und Inschriften in die Wände oder in den Fußboden eingefügt. Auf
einem Onyx aus Babylon lief die Schrift im Kreise um den Stein. Die
Täfelchen des Königs Hammurabi (1500 v. Chr.), welche auf einer Seite
30, auf der anderen 32 sehr zierlich geschriebene Zeilen enthalten, sind von
hartem Gyps. In späterer Zeit beschrieben die Perser, wie aus den Ab¬
bildungen vom Hofe des Dareios und Zcerxes in Persepolis zu ersehen ist,
auch gewebte und seidene Kleiderstoffe mit Schriftzeichen.
Die wichtigsten Ueberreste des älteren Chaldäischen Schriftthums, welches
der Sage nach von dem Könige Nabonnazar vernichtet sein soll, weil er der
erste Chaldäerkönig sein wollte, sind die riesenhaften Felsinschriften der
Assyrischer Könige. Diese Zeugen längstvergangener Zeiten berichten, meist
in ernster, pomphafter Sprache von den Thaten der Herrscher, ihren Heeres¬
zügen und großen Bauten. Man sieht solche Schriftfelsen an der großen
Straße von Babylon nach Ephesus, in der Nähe der Euphratfähre, bei dem
heutigen Kümürchane, sodann auf der Paßhöhe von Kalischin in Medien und
bei Wan in Armenien auf einer hohen Felswand, SO bis 60 Fuß über dem
Boden der alten Stadt. Acht gleichlaufende Spalten überliefern uns
dort in 300 sehr großen, durch Linien getrennten Schriftzeilen, die in den Fel¬
sen gehauen sind, die Geschichte eines mächtigen Assyrischer Königs. Sarda-
napal III. (900) ließ außer an einer Steinsäule im Tempel zu Korsabad noch
auf 40 Stellen Inschriften an Felswänden, Tempeln, Städten, ja auf Me¬
tallscheiben an den Quellen des Tigris anbringen, um seine Thaten der
Nachwelt zu überliefern. Ebenso ließ Dareios an dem Bagistanischen Felsen
zwischen Bagdad und Hamadan, in der Höhe von 300 Fuß über dem Boden
eine Inschrift herstellen, die sich vermöge des Kieselüberzugs 2400 Jahre lang
frisch erhalten hat.
Auch in ihren Palästen häuften die Assyrischer Könige Schriftstücke auf.
„Als Layard 1850, berichtet Wuttke, im heutigen Kujundschik die Ruinen
von Ninive untersuchte, gelangte er in einen 27 Meter langen, 6 Meter brei¬
ten Saal, der einen Fuß hoch und höher mit Thontäfelchen bedeckt war. Die
größten maßen 9 Zoll in der Länge, K'/z Zoll in der Breite. Die Schrift
auf ihnen ist fehr klein, manchmal so winzig, daß sie ohne Bergrößerungs-
glas*) nicht zu lesen ist. Die Tafeln waren verschiedenartig gefärbt: schwarz,
grau, bläulich, violett u. s. w. Mehrere Forscher haben in ihnen das Assyri-
") Man glaubt demzufolge, daß den Vabyloniern die Vergrößerung von Gegenstände»,
wie sie durch mit Wasser gefüllte Glaskugeln bewirkt wird, bekannt gewesen ist, oder daß sich
Schreiber und Leser eines dichten Stoffs, der nur eine winzige, auf das Auge berechnete Oeff-
nung hatte, als Brille bedient haben.
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