Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Mai und Juni, die unsinnige Theuerung von Anfang der Ausstellung, davon B--ein. Unter den französischen Kriegsgefangenen bei Köln.*) Bon Jos. Kamp. I. Es war ein trauriges Bild, welches sich vor unseren Augen entrollte, als *) Die mitgetheilten Vriefftagmente sind unverändert abgedruckt.
Mai und Juni, die unsinnige Theuerung von Anfang der Ausstellung, davon B—ein. Unter den französischen Kriegsgefangenen bei Köln.*) Bon Jos. Kamp. I. Es war ein trauriges Bild, welches sich vor unseren Augen entrollte, als *) Die mitgetheilten Vriefftagmente sind unverändert abgedruckt.
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Mai und Juni, die unsinnige Theuerung von Anfang der Ausstellung, davon
alle Welt durch die Zeitungen Kunde erhielt, den großen Wiener „Krach"
an der Börse, die nicht ganz unbegründete Furcht vor Ansteckung von der
Cholera, sodann endlich das verhältnißmäßig geringe Interesse, welches in vielen
Kreisen des Publikums für diese Ausstellung herrscht. Wer die letzte Pariser
Weltausstellung besucht hat, hat meist genug daran, hat keine Sehnsucht den
großen Tumult, welcher sehr viel Geld kostet und meist verhältnißmäßig we¬
nig Genuß, noch weniger Nutzen bringt, nochmals mitzumachen.
B—ein.
Unter den französischen Kriegsgefangenen bei Köln.*)
Bon Jos. Kamp.
I.
Es war ein trauriges Bild, welches sich vor unseren Augen entrollte, als
die Kriegsgefangenen von der Metzer Armee, die „Opfer des Bazaine'schen Ver-
raths", wie sie sich selbst nannten, anlangten. Wahre Jammergestalten, denen
das Elend auf der Stirn geschrieben stand, in zerlumpte, unreinliche Uniformen
gehüllt, schleppten sie zwischen den martialischen Gestalten der zur Bewachung
kommandirten Landwehrleute mit Mühe ihre kranken und ausgehungerten
Körper fort. Nur bettelnde Weiber und Kinder fehlten noch, um den Ein¬
druck einer Zigeunerbande zu machen. Zum Reinigen und Putzen konnten
sie nur mit der größten Strenge angehalten werden, und in Folge der Un-
reinlichkeit brach bald die Pockenkrankheit aus, welche viele Opfer forderte.
Das militärische Ehrgefühl, welches dem Soldaten zunächst vorschreibt, seine
Uniform, „den Rock des Königs", in Ehren zu halten, war so defect geworden,
daß die Gefangenen massenhaft ihre Uniformsknöpfe abschnitten, um sie für
Tabaksgeld an unsere Schulknaben zu verhandeln und dadurch ein sehr gesuchtes
Material zu liefern für Sammlungen von französischen Knöpfen, welche über
L00 Jahre vielleicht für hohes Geld vom Germanischen Museum in Nürn¬
berg als Erinnerung an die große Zeit angekauft werden. Ergraute Trou-
Piers verschacherten zu ihrer größten Schmach die in China, Mexico, Krim
und Italien mit Ehren erworbenen Medaillen für ein paar lumpige Franken,
so daß man die Zahl der Decorationen von Tag zu Tag mehr schwinden sah
*) Die mitgetheilten Vriefftagmente sind unverändert abgedruckt.
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