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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Silbergehalt aufzuprägen. Der Zweck dieser Maßregel liegt offen zu
Tage: man wollte die schützen, die sich nicht selbst schützen können. Ebenso
klar ist es aber, daß sie die Gefährdung des Publikums nicht aufhebt, fon¬
dern nur an eine andere Stelle verlegt. Denn auch diejenigen Edelmetall¬
waaren, welche der Fabrikant im Großen und an Wiederverkäufer absetzt,
gehen von diesen schließlich doch im Kleinen und an solche über, denen ein
Wiederverkauf fern liegt. Jene Maßregel versagt also ihren Schutz um so
mehr, als die Anfertigung von Silberwaaren heutzutage ganz überwiegend
von größeren Fabrikanten ausgeübt wird, die an einen Kleinverschleiß ihrer
Erzeugnisse nicht denken können. Sie schützt nur gegen Uebervortheilungen
selten der Fabrikanten, nicht auch gegen die der Zwischenhändler.

7. Die plattirten Waaren ermangelten bisher der Stempelung, aber
ohne genügenden Grund. Eine Kkarätige Gvldlegirung sür stempelpslichtig,
eine 2Sprozentige Gvldplattirung aber für stempelfret zu erklären, obschon der
in beiden Fällen gleiche Goldgehalt eine gleiche Behandlung rechtfertigt, ist
inconseguent. Denn es läßt sich kein Grund absehen, der sür aufgewalztes
Gold eine andere gesetzliche Behandlung forderte, als für legirtes Gold. Es
ist daher vollkommen richtig, wenn Dr. El. Winkler auch für plattirte Waa¬
ren die Vorschrift der Fetngehaltstemvelung verlangt, Dieser Stempel würde
auch hier auszudrücken haben, wieviel Prozent an Edelmetall das plattirte
Material (Blech oder Draht) enthielte. Der Plattirungsstempel müßte selbst¬
verständlich eine andere Form haben, als der Stempel massiver Waaren, um
jede Irrung auszuschließen.

d) Besondere Vorschriften erheischen noch diejenigen Waaren, welche
nicht aus einer in allen Theilen gleichen Mischung bestehen.
So kann es vorkommen, daß ein geringhaltiger Kern mit einer feinhaltigen
Oberfläche versehen wird. Bezüglich dieses Punktes bestimmt das Königlich
Italienische Gesetz vom Mai 1872 im Art. 3:


"Fabrikate, welche nicht für eine einzige gleichartige Masse erklärt werden, können
nicht gestempelt werden,"

es schließt also diese Gegenstände, deren Anfertigung übrigens unverwehrt ist,
von der Wohlthat der staatlichen Stempelung aus, und erleichtert so ein unred¬
liches Gebahren mit denselben. Hierher gehört auch die Bestimmung des K.
K. Oesterreich. Punzirungsgesetzes von 1866, daß


"vergoldete oder mit Gold überzogene Silbergeräthe als Silbcrgerärhe punzirt
werben."

Nach dem von uns eingenommenen Standpunkte empfiehlt sich ein Ver¬
bot solcher Waaren, denn es würde zu unannehmbaren Consequenzen führen,
wollte man jede Production verbieten, die zur Uebervortheilung Anlaß geben
kann. Schwierig dagegen ist die Frage, wie das Princip der obligatorischen


Silbergehalt aufzuprägen. Der Zweck dieser Maßregel liegt offen zu
Tage: man wollte die schützen, die sich nicht selbst schützen können. Ebenso
klar ist es aber, daß sie die Gefährdung des Publikums nicht aufhebt, fon¬
dern nur an eine andere Stelle verlegt. Denn auch diejenigen Edelmetall¬
waaren, welche der Fabrikant im Großen und an Wiederverkäufer absetzt,
gehen von diesen schließlich doch im Kleinen und an solche über, denen ein
Wiederverkauf fern liegt. Jene Maßregel versagt also ihren Schutz um so
mehr, als die Anfertigung von Silberwaaren heutzutage ganz überwiegend
von größeren Fabrikanten ausgeübt wird, die an einen Kleinverschleiß ihrer
Erzeugnisse nicht denken können. Sie schützt nur gegen Uebervortheilungen
selten der Fabrikanten, nicht auch gegen die der Zwischenhändler.

7. Die plattirten Waaren ermangelten bisher der Stempelung, aber
ohne genügenden Grund. Eine Kkarätige Gvldlegirung sür stempelpslichtig,
eine 2Sprozentige Gvldplattirung aber für stempelfret zu erklären, obschon der
in beiden Fällen gleiche Goldgehalt eine gleiche Behandlung rechtfertigt, ist
inconseguent. Denn es läßt sich kein Grund absehen, der sür aufgewalztes
Gold eine andere gesetzliche Behandlung forderte, als für legirtes Gold. Es
ist daher vollkommen richtig, wenn Dr. El. Winkler auch für plattirte Waa¬
ren die Vorschrift der Fetngehaltstemvelung verlangt, Dieser Stempel würde
auch hier auszudrücken haben, wieviel Prozent an Edelmetall das plattirte
Material (Blech oder Draht) enthielte. Der Plattirungsstempel müßte selbst¬
verständlich eine andere Form haben, als der Stempel massiver Waaren, um
jede Irrung auszuschließen.

d) Besondere Vorschriften erheischen noch diejenigen Waaren, welche
nicht aus einer in allen Theilen gleichen Mischung bestehen.
So kann es vorkommen, daß ein geringhaltiger Kern mit einer feinhaltigen
Oberfläche versehen wird. Bezüglich dieses Punktes bestimmt das Königlich
Italienische Gesetz vom Mai 1872 im Art. 3:


„Fabrikate, welche nicht für eine einzige gleichartige Masse erklärt werden, können
nicht gestempelt werden,"

es schließt also diese Gegenstände, deren Anfertigung übrigens unverwehrt ist,
von der Wohlthat der staatlichen Stempelung aus, und erleichtert so ein unred¬
liches Gebahren mit denselben. Hierher gehört auch die Bestimmung des K.
K. Oesterreich. Punzirungsgesetzes von 1866, daß


„vergoldete oder mit Gold überzogene Silbergeräthe als Silbcrgerärhe punzirt
werben."

Nach dem von uns eingenommenen Standpunkte empfiehlt sich ein Ver¬
bot solcher Waaren, denn es würde zu unannehmbaren Consequenzen führen,
wollte man jede Production verbieten, die zur Uebervortheilung Anlaß geben
kann. Schwierig dagegen ist die Frage, wie das Princip der obligatorischen


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[0357] Silbergehalt aufzuprägen. Der Zweck dieser Maßregel liegt offen zu Tage: man wollte die schützen, die sich nicht selbst schützen können. Ebenso klar ist es aber, daß sie die Gefährdung des Publikums nicht aufhebt, fon¬ dern nur an eine andere Stelle verlegt. Denn auch diejenigen Edelmetall¬ waaren, welche der Fabrikant im Großen und an Wiederverkäufer absetzt, gehen von diesen schließlich doch im Kleinen und an solche über, denen ein Wiederverkauf fern liegt. Jene Maßregel versagt also ihren Schutz um so mehr, als die Anfertigung von Silberwaaren heutzutage ganz überwiegend von größeren Fabrikanten ausgeübt wird, die an einen Kleinverschleiß ihrer Erzeugnisse nicht denken können. Sie schützt nur gegen Uebervortheilungen selten der Fabrikanten, nicht auch gegen die der Zwischenhändler. 7. Die plattirten Waaren ermangelten bisher der Stempelung, aber ohne genügenden Grund. Eine Kkarätige Gvldlegirung sür stempelpslichtig, eine 2Sprozentige Gvldplattirung aber für stempelfret zu erklären, obschon der in beiden Fällen gleiche Goldgehalt eine gleiche Behandlung rechtfertigt, ist inconseguent. Denn es läßt sich kein Grund absehen, der sür aufgewalztes Gold eine andere gesetzliche Behandlung forderte, als für legirtes Gold. Es ist daher vollkommen richtig, wenn Dr. El. Winkler auch für plattirte Waa¬ ren die Vorschrift der Fetngehaltstemvelung verlangt, Dieser Stempel würde auch hier auszudrücken haben, wieviel Prozent an Edelmetall das plattirte Material (Blech oder Draht) enthielte. Der Plattirungsstempel müßte selbst¬ verständlich eine andere Form haben, als der Stempel massiver Waaren, um jede Irrung auszuschließen. d) Besondere Vorschriften erheischen noch diejenigen Waaren, welche nicht aus einer in allen Theilen gleichen Mischung bestehen. So kann es vorkommen, daß ein geringhaltiger Kern mit einer feinhaltigen Oberfläche versehen wird. Bezüglich dieses Punktes bestimmt das Königlich Italienische Gesetz vom Mai 1872 im Art. 3: „Fabrikate, welche nicht für eine einzige gleichartige Masse erklärt werden, können nicht gestempelt werden," es schließt also diese Gegenstände, deren Anfertigung übrigens unverwehrt ist, von der Wohlthat der staatlichen Stempelung aus, und erleichtert so ein unred¬ liches Gebahren mit denselben. Hierher gehört auch die Bestimmung des K. K. Oesterreich. Punzirungsgesetzes von 1866, daß „vergoldete oder mit Gold überzogene Silbergeräthe als Silbcrgerärhe punzirt werben." Nach dem von uns eingenommenen Standpunkte empfiehlt sich ein Ver¬ bot solcher Waaren, denn es würde zu unannehmbaren Consequenzen führen, wollte man jede Production verbieten, die zur Uebervortheilung Anlaß geben kann. Schwierig dagegen ist die Frage, wie das Princip der obligatorischen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/357>, abgerufen am 06.02.2025.