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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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"Bis zum Jahre 1827 durften in Baden Goldwaaren angefertigt werden, welche
entweder 14 oder 18 Karat Strichprobe aushielten. In beiden Fallen war ein Re-
medium von t/z Karat gestattet, so daß Goldwaaren, welche 13^/z resp. I?'/-, Karat
hielten, vom Controleur noch gestempelt werden konnten. Der Feingehalt der Sil¬
berwaaren war auf 13 Loth normirt, mit ^ Loth Remedium. Seit 1827 ist die
Controle freigegeben und es ist den Fabrikanten überlassen, die Waaren mit dem Of-
fizialstempel versehen zu lassen. Für diesen Fall sind obige Bestimmungen noch ma߬
gebend."

Ganz ähnlich sind die Bestimmungen des Königlich Italienischen
Gesetzes vom 2. Mai 1872. nach welchem

die Fabrikation von Gold- und Silberwaaren jeder Art und der Handel mit
denselben frei ist, obrigkeitliche Probir-Aemter zur Prüfung der ihnen präsentirten Fa¬
brikate und Legirungen unterhalten werden, die von ihnen gebrauchten Stempel aber
nur je 3 Titel angeben, nemlich:

für Gold 0,900
0,750
0,500
für Silber 0,950
0,900
0.800

Durch die Vorschrift, daß "diejenigen Gold- und Silberfabnkate, welche
nicht unterhalb des niedrigsten der vom Gesetz bezeichneten Titel stehen und
gleichwohl mit keinem der letzteren genau übereinstimmen, so zu stempeln sind,
als wenn sie demjenigen gesetzlichen Titel entsprächen, welcher unmittelbar
unter dem durch die Probe festgestellten steht" wird thatsächlich ein Antrieb
zur genauesten Legirung der auf Staats - Controle berechneten Waaren gegeben.
Denn ein Abweichen von einem der 3 Feingehalte würde, wenn der Fabrikant
Staats - Stempelung für dienlich erachtet, die Waare zu unterwerthiger
Stempelung, also zu Unterschätzung, führen. Eine solche Einrichtung hat in
der That sehr empfehlenswerthe Eigenschaften. Denn, ohne dem Grundsatze
der Verkehrsfreiheit zu widersprechen, sichert sie doch der nationalen Produc-
tion die staatliche Hülfe. Man könnte zur Erhebung des Einwandes versucht
sein, daß der Staat, durch eine solche Maßregel den Preis der zur amtlichen
Controle nicht gelangenden Waaren Herabdrücke und daß dieses dem Grund¬
satze der Gerechtigkeit nicht entspreche. Denn gerade die auf Massenabsatz be¬
rechneten Waaren, die wegen geringeren Preises den Zuschlag der Prüfungs¬
kosten nicht leicht vertrügen, würden bei bestehender Staatscontrole leicht in
den Verdacht kommen, daß sie aus tadelnswerther Gründen die Controle um¬
gingen. Gleichwohl dürfte dieser Einwand nicht stichhaltig sein; denn die
Einrichtung der Staatscontrole bewirkt keine Preisminderung der nicht con-
trolirten, sondern nur eine Preissteigerung der eontrolirten Waaren. Weniger


„Bis zum Jahre 1827 durften in Baden Goldwaaren angefertigt werden, welche
entweder 14 oder 18 Karat Strichprobe aushielten. In beiden Fallen war ein Re-
medium von t/z Karat gestattet, so daß Goldwaaren, welche 13^/z resp. I?'/-, Karat
hielten, vom Controleur noch gestempelt werden konnten. Der Feingehalt der Sil¬
berwaaren war auf 13 Loth normirt, mit ^ Loth Remedium. Seit 1827 ist die
Controle freigegeben und es ist den Fabrikanten überlassen, die Waaren mit dem Of-
fizialstempel versehen zu lassen. Für diesen Fall sind obige Bestimmungen noch ma߬
gebend."

Ganz ähnlich sind die Bestimmungen des Königlich Italienischen
Gesetzes vom 2. Mai 1872. nach welchem

die Fabrikation von Gold- und Silberwaaren jeder Art und der Handel mit
denselben frei ist, obrigkeitliche Probir-Aemter zur Prüfung der ihnen präsentirten Fa¬
brikate und Legirungen unterhalten werden, die von ihnen gebrauchten Stempel aber
nur je 3 Titel angeben, nemlich:

für Gold 0,900
0,750
0,500
für Silber 0,950
0,900
0.800

Durch die Vorschrift, daß „diejenigen Gold- und Silberfabnkate, welche
nicht unterhalb des niedrigsten der vom Gesetz bezeichneten Titel stehen und
gleichwohl mit keinem der letzteren genau übereinstimmen, so zu stempeln sind,
als wenn sie demjenigen gesetzlichen Titel entsprächen, welcher unmittelbar
unter dem durch die Probe festgestellten steht" wird thatsächlich ein Antrieb
zur genauesten Legirung der auf Staats - Controle berechneten Waaren gegeben.
Denn ein Abweichen von einem der 3 Feingehalte würde, wenn der Fabrikant
Staats - Stempelung für dienlich erachtet, die Waare zu unterwerthiger
Stempelung, also zu Unterschätzung, führen. Eine solche Einrichtung hat in
der That sehr empfehlenswerthe Eigenschaften. Denn, ohne dem Grundsatze
der Verkehrsfreiheit zu widersprechen, sichert sie doch der nationalen Produc-
tion die staatliche Hülfe. Man könnte zur Erhebung des Einwandes versucht
sein, daß der Staat, durch eine solche Maßregel den Preis der zur amtlichen
Controle nicht gelangenden Waaren Herabdrücke und daß dieses dem Grund¬
satze der Gerechtigkeit nicht entspreche. Denn gerade die auf Massenabsatz be¬
rechneten Waaren, die wegen geringeren Preises den Zuschlag der Prüfungs¬
kosten nicht leicht vertrügen, würden bei bestehender Staatscontrole leicht in
den Verdacht kommen, daß sie aus tadelnswerther Gründen die Controle um¬
gingen. Gleichwohl dürfte dieser Einwand nicht stichhaltig sein; denn die
Einrichtung der Staatscontrole bewirkt keine Preisminderung der nicht con-
trolirten, sondern nur eine Preissteigerung der eontrolirten Waaren. Weniger


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[0352] „Bis zum Jahre 1827 durften in Baden Goldwaaren angefertigt werden, welche entweder 14 oder 18 Karat Strichprobe aushielten. In beiden Fallen war ein Re- medium von t/z Karat gestattet, so daß Goldwaaren, welche 13^/z resp. I?'/-, Karat hielten, vom Controleur noch gestempelt werden konnten. Der Feingehalt der Sil¬ berwaaren war auf 13 Loth normirt, mit ^ Loth Remedium. Seit 1827 ist die Controle freigegeben und es ist den Fabrikanten überlassen, die Waaren mit dem Of- fizialstempel versehen zu lassen. Für diesen Fall sind obige Bestimmungen noch ma߬ gebend." Ganz ähnlich sind die Bestimmungen des Königlich Italienischen Gesetzes vom 2. Mai 1872. nach welchem die Fabrikation von Gold- und Silberwaaren jeder Art und der Handel mit denselben frei ist, obrigkeitliche Probir-Aemter zur Prüfung der ihnen präsentirten Fa¬ brikate und Legirungen unterhalten werden, die von ihnen gebrauchten Stempel aber nur je 3 Titel angeben, nemlich: für Gold 0,900 0,750 0,500 für Silber 0,950 0,900 0.800 Durch die Vorschrift, daß „diejenigen Gold- und Silberfabnkate, welche nicht unterhalb des niedrigsten der vom Gesetz bezeichneten Titel stehen und gleichwohl mit keinem der letzteren genau übereinstimmen, so zu stempeln sind, als wenn sie demjenigen gesetzlichen Titel entsprächen, welcher unmittelbar unter dem durch die Probe festgestellten steht" wird thatsächlich ein Antrieb zur genauesten Legirung der auf Staats - Controle berechneten Waaren gegeben. Denn ein Abweichen von einem der 3 Feingehalte würde, wenn der Fabrikant Staats - Stempelung für dienlich erachtet, die Waare zu unterwerthiger Stempelung, also zu Unterschätzung, führen. Eine solche Einrichtung hat in der That sehr empfehlenswerthe Eigenschaften. Denn, ohne dem Grundsatze der Verkehrsfreiheit zu widersprechen, sichert sie doch der nationalen Produc- tion die staatliche Hülfe. Man könnte zur Erhebung des Einwandes versucht sein, daß der Staat, durch eine solche Maßregel den Preis der zur amtlichen Controle nicht gelangenden Waaren Herabdrücke und daß dieses dem Grund¬ satze der Gerechtigkeit nicht entspreche. Denn gerade die auf Massenabsatz be¬ rechneten Waaren, die wegen geringeren Preises den Zuschlag der Prüfungs¬ kosten nicht leicht vertrügen, würden bei bestehender Staatscontrole leicht in den Verdacht kommen, daß sie aus tadelnswerther Gründen die Controle um¬ gingen. Gleichwohl dürfte dieser Einwand nicht stichhaltig sein; denn die Einrichtung der Staatscontrole bewirkt keine Preisminderung der nicht con- trolirten, sondern nur eine Preissteigerung der eontrolirten Waaren. Weniger

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/352>, abgerufen am 06.02.2025.