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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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und Silberwaaren entschieden zu empfehlen. Eine einheitliche Regelung
dieser Angelegenheit für das gesammte Gebiet des Deutschen Reiches möchte
gerade auf diesem Gebiete, das jetzt durch die verschiedenartigsten Gesetzgebungen
der Einzelstaaten in einer, den freien Verkehr erschwerenden Weise geordnet
oder vielmehr verwirrt ist, ein dringendes Bedürfniß sein.

Die Beantwortung der weiteren Frage:


II. Wie ist die gesetzliche Regelung des Feingehaltes von Gold-
und Silberwaaren einzurichten?

wird sich an die verschiedenen hierzu gemachten Vorschläge anzuknüpfen haben.

I) Die zwangsweise P räventiv-Co mer vie und Stempelung
durch Organe des Staates, wie sie in einzelnen Staaten ein" geführt
ist, scheint

g.) gewisse Vortheile zubringen.

Der bloße Umstand, daß eine große
Anzahl von Goldschmiedsinnungen eine solche Controle freiwillig bei sich ein¬
führte, giebt darüber Gewißheit, daß die Mehrzahl der Jnnungsmitglieder
diese Controle für zweckmäßig erachtete, nicht aber als eine Beschränkung be¬
klagte. In der That kann eine solche Maaßregel, welche alle Erzeugnisse der
Gold- und Silberarbeiter einer unparteilichen und fachmännischer Controle
unterwirft und das Ergebniß derselben in einem besonderen Stempel an der
Waare selbst kenntlich macht, nur denen schaden, welche ein Interesse daran
haben, den Feingehalt höher anzugeben, als er wirklich ist. nicht aber den red¬
lichen Geschäftsleuten, welche auf Uebereinstimmung ihrer Angaben mit der
Wirklichkeit halten.

Von ganz besonderer Wichtigkeit ist eine solche Controle für die Ausfuhr
von Gold- und Silberwaaren in fremde Länder. Hier schafft der als solcher
gekannte amtliche Stempel Vertrauen, wo selbst der Name eines großen Fa¬
brikanten nicht bekannt und darum auch in seiner Vertrauenswürdigkeit nicht
erkannt ist. Wie vortheilhaft für Waaren mit internationalem Absatz eine
amtliche, in weiten Kreisen bekannte Stempelung wirkt, können wir z. B. an
den Erzeugnissen der Königlichen Porzellanfabrik zu Meißen erkennen, deren
gekreuzte Schwerter die Güte der mit ihnen bezeichneten Waaren auch im
fernen Auslande verbürgen.

Wie bedeutsam aber für die Edelmetallindustrie der Ausfuhrhandel
werden kann, dafür legt das Beispiel Pforzheims ein redendes Zeugniß ab.
Nach einer uns von der dortigen Handelskammer gütigst ertheilten Auskunft
datirt der Aufschwung der dortigen Goldwaarenfabrikation von der in den
Jahren 1848 und 1849 in Deutschland herrschenden Geschäftsstille, welche zur
Aufsuchung neuer Absatzgebtete zwang. Wie reichlich letztere in den überseei¬
schen Ländern gefunden wurden, beweist das außerordentliche Wachsthum der
dortigen Fabrikation, welche


und Silberwaaren entschieden zu empfehlen. Eine einheitliche Regelung
dieser Angelegenheit für das gesammte Gebiet des Deutschen Reiches möchte
gerade auf diesem Gebiete, das jetzt durch die verschiedenartigsten Gesetzgebungen
der Einzelstaaten in einer, den freien Verkehr erschwerenden Weise geordnet
oder vielmehr verwirrt ist, ein dringendes Bedürfniß sein.

Die Beantwortung der weiteren Frage:


II. Wie ist die gesetzliche Regelung des Feingehaltes von Gold-
und Silberwaaren einzurichten?

wird sich an die verschiedenen hierzu gemachten Vorschläge anzuknüpfen haben.

I) Die zwangsweise P räventiv-Co mer vie und Stempelung
durch Organe des Staates, wie sie in einzelnen Staaten ein« geführt
ist, scheint

g.) gewisse Vortheile zubringen.

Der bloße Umstand, daß eine große
Anzahl von Goldschmiedsinnungen eine solche Controle freiwillig bei sich ein¬
führte, giebt darüber Gewißheit, daß die Mehrzahl der Jnnungsmitglieder
diese Controle für zweckmäßig erachtete, nicht aber als eine Beschränkung be¬
klagte. In der That kann eine solche Maaßregel, welche alle Erzeugnisse der
Gold- und Silberarbeiter einer unparteilichen und fachmännischer Controle
unterwirft und das Ergebniß derselben in einem besonderen Stempel an der
Waare selbst kenntlich macht, nur denen schaden, welche ein Interesse daran
haben, den Feingehalt höher anzugeben, als er wirklich ist. nicht aber den red¬
lichen Geschäftsleuten, welche auf Uebereinstimmung ihrer Angaben mit der
Wirklichkeit halten.

Von ganz besonderer Wichtigkeit ist eine solche Controle für die Ausfuhr
von Gold- und Silberwaaren in fremde Länder. Hier schafft der als solcher
gekannte amtliche Stempel Vertrauen, wo selbst der Name eines großen Fa¬
brikanten nicht bekannt und darum auch in seiner Vertrauenswürdigkeit nicht
erkannt ist. Wie vortheilhaft für Waaren mit internationalem Absatz eine
amtliche, in weiten Kreisen bekannte Stempelung wirkt, können wir z. B. an
den Erzeugnissen der Königlichen Porzellanfabrik zu Meißen erkennen, deren
gekreuzte Schwerter die Güte der mit ihnen bezeichneten Waaren auch im
fernen Auslande verbürgen.

Wie bedeutsam aber für die Edelmetallindustrie der Ausfuhrhandel
werden kann, dafür legt das Beispiel Pforzheims ein redendes Zeugniß ab.
Nach einer uns von der dortigen Handelskammer gütigst ertheilten Auskunft
datirt der Aufschwung der dortigen Goldwaarenfabrikation von der in den
Jahren 1848 und 1849 in Deutschland herrschenden Geschäftsstille, welche zur
Aufsuchung neuer Absatzgebtete zwang. Wie reichlich letztere in den überseei¬
schen Ländern gefunden wurden, beweist das außerordentliche Wachsthum der
dortigen Fabrikation, welche


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[0317] und Silberwaaren entschieden zu empfehlen. Eine einheitliche Regelung dieser Angelegenheit für das gesammte Gebiet des Deutschen Reiches möchte gerade auf diesem Gebiete, das jetzt durch die verschiedenartigsten Gesetzgebungen der Einzelstaaten in einer, den freien Verkehr erschwerenden Weise geordnet oder vielmehr verwirrt ist, ein dringendes Bedürfniß sein. Die Beantwortung der weiteren Frage: II. Wie ist die gesetzliche Regelung des Feingehaltes von Gold- und Silberwaaren einzurichten? wird sich an die verschiedenen hierzu gemachten Vorschläge anzuknüpfen haben. I) Die zwangsweise P räventiv-Co mer vie und Stempelung durch Organe des Staates, wie sie in einzelnen Staaten ein« geführt ist, scheint g.) gewisse Vortheile zubringen. Der bloße Umstand, daß eine große Anzahl von Goldschmiedsinnungen eine solche Controle freiwillig bei sich ein¬ führte, giebt darüber Gewißheit, daß die Mehrzahl der Jnnungsmitglieder diese Controle für zweckmäßig erachtete, nicht aber als eine Beschränkung be¬ klagte. In der That kann eine solche Maaßregel, welche alle Erzeugnisse der Gold- und Silberarbeiter einer unparteilichen und fachmännischer Controle unterwirft und das Ergebniß derselben in einem besonderen Stempel an der Waare selbst kenntlich macht, nur denen schaden, welche ein Interesse daran haben, den Feingehalt höher anzugeben, als er wirklich ist. nicht aber den red¬ lichen Geschäftsleuten, welche auf Uebereinstimmung ihrer Angaben mit der Wirklichkeit halten. Von ganz besonderer Wichtigkeit ist eine solche Controle für die Ausfuhr von Gold- und Silberwaaren in fremde Länder. Hier schafft der als solcher gekannte amtliche Stempel Vertrauen, wo selbst der Name eines großen Fa¬ brikanten nicht bekannt und darum auch in seiner Vertrauenswürdigkeit nicht erkannt ist. Wie vortheilhaft für Waaren mit internationalem Absatz eine amtliche, in weiten Kreisen bekannte Stempelung wirkt, können wir z. B. an den Erzeugnissen der Königlichen Porzellanfabrik zu Meißen erkennen, deren gekreuzte Schwerter die Güte der mit ihnen bezeichneten Waaren auch im fernen Auslande verbürgen. Wie bedeutsam aber für die Edelmetallindustrie der Ausfuhrhandel werden kann, dafür legt das Beispiel Pforzheims ein redendes Zeugniß ab. Nach einer uns von der dortigen Handelskammer gütigst ertheilten Auskunft datirt der Aufschwung der dortigen Goldwaarenfabrikation von der in den Jahren 1848 und 1849 in Deutschland herrschenden Geschäftsstille, welche zur Aufsuchung neuer Absatzgebtete zwang. Wie reichlich letztere in den überseei¬ schen Ländern gefunden wurden, beweist das außerordentliche Wachsthum der dortigen Fabrikation, welche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/317>, abgerufen am 05.02.2025.