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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Sätze, die namentlich in England bei Pferderennen und sonstigen Wettspielen,
sowie bei Ehrentagen politischer Art eine größere Rolle spielen, bet uns nur
in verhältnißmäßig kleinen Kreisen zu finden sind. Der Besitz der Kirchen
an Gold- und Silbergeräth ist in dem Gebiete des Protestantismus ein ziem¬
lich geringer.

Der Hauptwerth der Edelmetallwaaren beruhet bei uns meist in dem
Stoffe, dem gegenüber die Form oder der Arbeitswerth eine geringere Rolle
zu spielen pflegt. Dies ist selbst bei denjenigen Gegenständen der Fall, die
nicht blos zum Gebrauche, sondern wesentlich zum Schmucke dienen sollen. Die
Meisten, welche eine Kette, eine Spange oder einen Ring kaufen, werden da"
rauf sehen, daß der Metallwerth derselben ein möglichst hoher sei, ein Um¬
stand, der wesentlich mit dazu beitrug, daß künstlerisch ausgeführte Goldar¬
beiten nur spärlich angefertigt werden. Mit Recht unterließ der Goldarbeiter
eine zeitraubende, und tieferes Nachsinnen voraussetzende Kunstleistung, da
der Kreis derer, welche eine solche entsprechend zu honoriren geneigt waren,
nur sehr beschränkt war. Mit Genugthuung berichten wir, daß eingegange¬
nen Nachrichten zufolge dieser banausische Standpunkt in neuerer Zeit und
namentlich seit dem Kriege des Jahres 1870 mehr und mehr verlassen wor¬
den ist und einer feineren Schätzung künstlerischer Formung Platz gemacht hat,
die nicht verfehlen wird, die künstlerischen Elemente der edlen Goldschmiede¬
kunst anzuregen und zu erweitern. Denn wie große Baumeister nur da ge¬
deihen können, wo der Mensch mit Erdhöhlen und Lehmhütten nicht mehr
zufrieden ist, so ist auch die Existenz der lüellini's an das Vorhandensein kunst¬
sinniger Laien gebunden, welche bereit sind, das von Meisterhand geformte
Metall höher zu bezahlen, als den Barren desselben Gewichtes.

Jedenfalls aber sind Edelmetallwaaren auch da, wo die Goldschmiede¬
kunst noch nicht gehoben ist, insofern von anderen Gütern, wie Häusern. Meub-
les und Bekleidungsstücken verschieden, als sie auch nach Abnutzung ihrer Form
noch einen bedeutenden Stoffwerth besitzen und so einen besonders dauernden
Bestandtheil des Volksvermögens bilden.

Der Gesammtbetrag des zu gewerblichen Zwecken verarbeiteten Goldes
und Silbers ist selbstverständlich nur nach ungefährer Schätzung auf unsiche¬
ren Grundlagen anzugeben. Mac Culloch rechnet diesen Betrag für die Ge¬
sammtheit der civilisirten Völker seit 1850 jährlich auf 11,200,000 Pf. Se. oder
ca. 76,360,000 Thlr. Jacob, der in seiner Schätzung zu viel niedrigeren Ergeb¬
nissen gelangt, als der erstgenannte Schriftsteller, rechnet die Gesammtmasse
der Gold- und Silbergeräthe in Europa und Amerika "'^mal so hoch, wie
diejenige des baaren Geldes, ein Umstand, der eine besondere Berücksichtigung
der Edelmetallverarbeitung feiten der Gesetze hinreichend rechtfertigen dürfte.
Aus diesen Gründen ist eine gesetzliche Regelung des Feingehaltes von Gold-


Sätze, die namentlich in England bei Pferderennen und sonstigen Wettspielen,
sowie bei Ehrentagen politischer Art eine größere Rolle spielen, bet uns nur
in verhältnißmäßig kleinen Kreisen zu finden sind. Der Besitz der Kirchen
an Gold- und Silbergeräth ist in dem Gebiete des Protestantismus ein ziem¬
lich geringer.

Der Hauptwerth der Edelmetallwaaren beruhet bei uns meist in dem
Stoffe, dem gegenüber die Form oder der Arbeitswerth eine geringere Rolle
zu spielen pflegt. Dies ist selbst bei denjenigen Gegenständen der Fall, die
nicht blos zum Gebrauche, sondern wesentlich zum Schmucke dienen sollen. Die
Meisten, welche eine Kette, eine Spange oder einen Ring kaufen, werden da«
rauf sehen, daß der Metallwerth derselben ein möglichst hoher sei, ein Um¬
stand, der wesentlich mit dazu beitrug, daß künstlerisch ausgeführte Goldar¬
beiten nur spärlich angefertigt werden. Mit Recht unterließ der Goldarbeiter
eine zeitraubende, und tieferes Nachsinnen voraussetzende Kunstleistung, da
der Kreis derer, welche eine solche entsprechend zu honoriren geneigt waren,
nur sehr beschränkt war. Mit Genugthuung berichten wir, daß eingegange¬
nen Nachrichten zufolge dieser banausische Standpunkt in neuerer Zeit und
namentlich seit dem Kriege des Jahres 1870 mehr und mehr verlassen wor¬
den ist und einer feineren Schätzung künstlerischer Formung Platz gemacht hat,
die nicht verfehlen wird, die künstlerischen Elemente der edlen Goldschmiede¬
kunst anzuregen und zu erweitern. Denn wie große Baumeister nur da ge¬
deihen können, wo der Mensch mit Erdhöhlen und Lehmhütten nicht mehr
zufrieden ist, so ist auch die Existenz der lüellini's an das Vorhandensein kunst¬
sinniger Laien gebunden, welche bereit sind, das von Meisterhand geformte
Metall höher zu bezahlen, als den Barren desselben Gewichtes.

Jedenfalls aber sind Edelmetallwaaren auch da, wo die Goldschmiede¬
kunst noch nicht gehoben ist, insofern von anderen Gütern, wie Häusern. Meub-
les und Bekleidungsstücken verschieden, als sie auch nach Abnutzung ihrer Form
noch einen bedeutenden Stoffwerth besitzen und so einen besonders dauernden
Bestandtheil des Volksvermögens bilden.

Der Gesammtbetrag des zu gewerblichen Zwecken verarbeiteten Goldes
und Silbers ist selbstverständlich nur nach ungefährer Schätzung auf unsiche¬
ren Grundlagen anzugeben. Mac Culloch rechnet diesen Betrag für die Ge¬
sammtheit der civilisirten Völker seit 1850 jährlich auf 11,200,000 Pf. Se. oder
ca. 76,360,000 Thlr. Jacob, der in seiner Schätzung zu viel niedrigeren Ergeb¬
nissen gelangt, als der erstgenannte Schriftsteller, rechnet die Gesammtmasse
der Gold- und Silbergeräthe in Europa und Amerika "'^mal so hoch, wie
diejenige des baaren Geldes, ein Umstand, der eine besondere Berücksichtigung
der Edelmetallverarbeitung feiten der Gesetze hinreichend rechtfertigen dürfte.
Aus diesen Gründen ist eine gesetzliche Regelung des Feingehaltes von Gold-


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[0316] Sätze, die namentlich in England bei Pferderennen und sonstigen Wettspielen, sowie bei Ehrentagen politischer Art eine größere Rolle spielen, bet uns nur in verhältnißmäßig kleinen Kreisen zu finden sind. Der Besitz der Kirchen an Gold- und Silbergeräth ist in dem Gebiete des Protestantismus ein ziem¬ lich geringer. Der Hauptwerth der Edelmetallwaaren beruhet bei uns meist in dem Stoffe, dem gegenüber die Form oder der Arbeitswerth eine geringere Rolle zu spielen pflegt. Dies ist selbst bei denjenigen Gegenständen der Fall, die nicht blos zum Gebrauche, sondern wesentlich zum Schmucke dienen sollen. Die Meisten, welche eine Kette, eine Spange oder einen Ring kaufen, werden da« rauf sehen, daß der Metallwerth derselben ein möglichst hoher sei, ein Um¬ stand, der wesentlich mit dazu beitrug, daß künstlerisch ausgeführte Goldar¬ beiten nur spärlich angefertigt werden. Mit Recht unterließ der Goldarbeiter eine zeitraubende, und tieferes Nachsinnen voraussetzende Kunstleistung, da der Kreis derer, welche eine solche entsprechend zu honoriren geneigt waren, nur sehr beschränkt war. Mit Genugthuung berichten wir, daß eingegange¬ nen Nachrichten zufolge dieser banausische Standpunkt in neuerer Zeit und namentlich seit dem Kriege des Jahres 1870 mehr und mehr verlassen wor¬ den ist und einer feineren Schätzung künstlerischer Formung Platz gemacht hat, die nicht verfehlen wird, die künstlerischen Elemente der edlen Goldschmiede¬ kunst anzuregen und zu erweitern. Denn wie große Baumeister nur da ge¬ deihen können, wo der Mensch mit Erdhöhlen und Lehmhütten nicht mehr zufrieden ist, so ist auch die Existenz der lüellini's an das Vorhandensein kunst¬ sinniger Laien gebunden, welche bereit sind, das von Meisterhand geformte Metall höher zu bezahlen, als den Barren desselben Gewichtes. Jedenfalls aber sind Edelmetallwaaren auch da, wo die Goldschmiede¬ kunst noch nicht gehoben ist, insofern von anderen Gütern, wie Häusern. Meub- les und Bekleidungsstücken verschieden, als sie auch nach Abnutzung ihrer Form noch einen bedeutenden Stoffwerth besitzen und so einen besonders dauernden Bestandtheil des Volksvermögens bilden. Der Gesammtbetrag des zu gewerblichen Zwecken verarbeiteten Goldes und Silbers ist selbstverständlich nur nach ungefährer Schätzung auf unsiche¬ ren Grundlagen anzugeben. Mac Culloch rechnet diesen Betrag für die Ge¬ sammtheit der civilisirten Völker seit 1850 jährlich auf 11,200,000 Pf. Se. oder ca. 76,360,000 Thlr. Jacob, der in seiner Schätzung zu viel niedrigeren Ergeb¬ nissen gelangt, als der erstgenannte Schriftsteller, rechnet die Gesammtmasse der Gold- und Silbergeräthe in Europa und Amerika "'^mal so hoch, wie diejenige des baaren Geldes, ein Umstand, der eine besondere Berücksichtigung der Edelmetallverarbeitung feiten der Gesetze hinreichend rechtfertigen dürfte. Aus diesen Gründen ist eine gesetzliche Regelung des Feingehaltes von Gold-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/316>, abgerufen am 06.02.2025.