Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

zum Handeln blieb. -- Nach dem Fall von Mezieres wurde endlich ein,
wenn auch kleiner Belagerungstrain (französischer Geschütze) vor Peronne ge¬
führt; aber auch er erwies sich noch als durchaus unzureichend und die Be¬
lagerung schwächte die disponiblen Streitkräfte empfindlich und zwang -den
Operationen einen Charakter bewegungsloser Defensive auf. Man empfand
das sehr peinlich, und die allgemeine Situation der I. Armee an der Somme
erschien am 6. Januar nicht unbedenklich. Die Truppentheile, welche bei Ba-
paume gekämpft hatten, standen hinter der Somme und hatten ihre Muni¬
tion ergänzt; aber ein nachhaltiger Widerstand konnte einem Vorgehen Faid-
herbe's gegen PÄonne schwerlich entgegengestellt werden.

Am 8. Januar ging, wie schon erwähnt, der Oberbefehl der I. Armee
aus General v. Goeben über. Tags darauf tapitulirte Peronne; aber da in
demselben Augenblick General Faidherbe mit einem neuen Entsatz drohte, so
befand sich das Belagerungskorps in der eigenthümlichen Lage, nach abge¬
schlossener Kapitulation sich dem etwaigen Bormarsch der feindlichen Nord¬
armee entgegenzustellen und möglicherweise das rechte Sommeufer räumen zu
müssen, während gleichzeitig Anordnungen zu treffen blieben, um am Mittag
des 10. Januar die.ausrückende feindliche Besatzung in Empfang zu nehmen,
zu entwaffnen und die Festung zu besetzen. Glücklicherweise rückte Faidherbe
nicht weiter vor und die Uebergabe von Peronne nahm ihren ruhigen Ver¬
lauf: die I. Armee hatte ihre Bewegungsfreiheit wieder gewonnen.

Das fünfte Kapitel bringt die Darstellung der Concentration >der
Armee hinter der Somme. -- .Nach dem Fall von Mronne war das
Besetzen der exponirten Stellung von Bapaume nicht mehr erforderlich, und
General v. Goeben beschloß, das Gros der Armee ganz hinter die Somme zu
ziehen, wo es sich vollständig in Ruhe befand. Geschütze durch den starken
Flußabschnitt vor der Front, hatte es Zeit sich nach jedem Punkt hin zu
vereinigen, wenn es galt, dem aus seiner Festungslinie heraustretenden Feinde
zu begegnen. Pironne wurde schnell wieder in Vertheidigungszustand gesetzt.
Am 13. Jan. waren an der Somme, nach Eintreffen einiger Landwehrtruppen,
47 Bataillone, W Eskadrons und 161 Geschütze concentrirt.

Am 14. Januar ergriff General Faidherbe die Offensive. Er hatte Nach¬
richt von einer äußersten Anstrengung der Garnison von Paris und den Be¬
fehl erhalten, "soviel Kräfte als möglich, von Paris ab auf sich zu ziehen".
Da er die Sommestellung nicht zu foreiren wagte, so wollte Faidherbe jene
Aufgabe durch einen Marsch nach seiner linken Flanke, auf Se. Quentin
lösen. Er hoffte, daß diese Flankenbewegung verborgen bleiben würde; aber
er täuschte sich; die preußische Reiterei folgte seinen Manövern mit eben so
viel Aufmerksamkeit als Verständniß. -- Sobald die Bewegung der ganzen
Nordarmee nach Se. Quentin constatirt war, traf General v. Goeben An-


zum Handeln blieb. — Nach dem Fall von Mezieres wurde endlich ein,
wenn auch kleiner Belagerungstrain (französischer Geschütze) vor Peronne ge¬
führt; aber auch er erwies sich noch als durchaus unzureichend und die Be¬
lagerung schwächte die disponiblen Streitkräfte empfindlich und zwang -den
Operationen einen Charakter bewegungsloser Defensive auf. Man empfand
das sehr peinlich, und die allgemeine Situation der I. Armee an der Somme
erschien am 6. Januar nicht unbedenklich. Die Truppentheile, welche bei Ba-
paume gekämpft hatten, standen hinter der Somme und hatten ihre Muni¬
tion ergänzt; aber ein nachhaltiger Widerstand konnte einem Vorgehen Faid-
herbe's gegen PÄonne schwerlich entgegengestellt werden.

Am 8. Januar ging, wie schon erwähnt, der Oberbefehl der I. Armee
aus General v. Goeben über. Tags darauf tapitulirte Peronne; aber da in
demselben Augenblick General Faidherbe mit einem neuen Entsatz drohte, so
befand sich das Belagerungskorps in der eigenthümlichen Lage, nach abge¬
schlossener Kapitulation sich dem etwaigen Bormarsch der feindlichen Nord¬
armee entgegenzustellen und möglicherweise das rechte Sommeufer räumen zu
müssen, während gleichzeitig Anordnungen zu treffen blieben, um am Mittag
des 10. Januar die.ausrückende feindliche Besatzung in Empfang zu nehmen,
zu entwaffnen und die Festung zu besetzen. Glücklicherweise rückte Faidherbe
nicht weiter vor und die Uebergabe von Peronne nahm ihren ruhigen Ver¬
lauf: die I. Armee hatte ihre Bewegungsfreiheit wieder gewonnen.

Das fünfte Kapitel bringt die Darstellung der Concentration >der
Armee hinter der Somme. — .Nach dem Fall von Mronne war das
Besetzen der exponirten Stellung von Bapaume nicht mehr erforderlich, und
General v. Goeben beschloß, das Gros der Armee ganz hinter die Somme zu
ziehen, wo es sich vollständig in Ruhe befand. Geschütze durch den starken
Flußabschnitt vor der Front, hatte es Zeit sich nach jedem Punkt hin zu
vereinigen, wenn es galt, dem aus seiner Festungslinie heraustretenden Feinde
zu begegnen. Pironne wurde schnell wieder in Vertheidigungszustand gesetzt.
Am 13. Jan. waren an der Somme, nach Eintreffen einiger Landwehrtruppen,
47 Bataillone, W Eskadrons und 161 Geschütze concentrirt.

Am 14. Januar ergriff General Faidherbe die Offensive. Er hatte Nach¬
richt von einer äußersten Anstrengung der Garnison von Paris und den Be¬
fehl erhalten, „soviel Kräfte als möglich, von Paris ab auf sich zu ziehen".
Da er die Sommestellung nicht zu foreiren wagte, so wollte Faidherbe jene
Aufgabe durch einen Marsch nach seiner linken Flanke, auf Se. Quentin
lösen. Er hoffte, daß diese Flankenbewegung verborgen bleiben würde; aber
er täuschte sich; die preußische Reiterei folgte seinen Manövern mit eben so
viel Aufmerksamkeit als Verständniß. — Sobald die Bewegung der ganzen
Nordarmee nach Se. Quentin constatirt war, traf General v. Goeben An-


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0298" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193101"/>
          <p xml:id="ID_972" prev="#ID_971"> zum Handeln blieb. &#x2014; Nach dem Fall von Mezieres wurde endlich ein,<lb/>
wenn auch kleiner Belagerungstrain (französischer Geschütze) vor Peronne ge¬<lb/>
führt; aber auch er erwies sich noch als durchaus unzureichend und die Be¬<lb/>
lagerung schwächte die disponiblen Streitkräfte empfindlich und zwang -den<lb/>
Operationen einen Charakter bewegungsloser Defensive auf. Man empfand<lb/>
das sehr peinlich, und die allgemeine Situation der I. Armee an der Somme<lb/>
erschien am 6. Januar nicht unbedenklich. Die Truppentheile, welche bei Ba-<lb/>
paume gekämpft hatten, standen hinter der Somme und hatten ihre Muni¬<lb/>
tion ergänzt; aber ein nachhaltiger Widerstand konnte einem Vorgehen Faid-<lb/>
herbe's gegen PÄonne schwerlich entgegengestellt werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_973"> Am 8. Januar ging, wie schon erwähnt, der Oberbefehl der I. Armee<lb/>
aus General v. Goeben über. Tags darauf tapitulirte Peronne; aber da in<lb/>
demselben Augenblick General Faidherbe mit einem neuen Entsatz drohte, so<lb/>
befand sich das Belagerungskorps in der eigenthümlichen Lage, nach abge¬<lb/>
schlossener Kapitulation sich dem etwaigen Bormarsch der feindlichen Nord¬<lb/>
armee entgegenzustellen und möglicherweise das rechte Sommeufer räumen zu<lb/>
müssen, während gleichzeitig Anordnungen zu treffen blieben, um am Mittag<lb/>
des 10. Januar die.ausrückende feindliche Besatzung in Empfang zu nehmen,<lb/>
zu entwaffnen und die Festung zu besetzen. Glücklicherweise rückte Faidherbe<lb/>
nicht weiter vor und die Uebergabe von Peronne nahm ihren ruhigen Ver¬<lb/>
lauf: die I. Armee hatte ihre Bewegungsfreiheit wieder gewonnen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_974"> Das fünfte Kapitel bringt die Darstellung der Concentration &gt;der<lb/>
Armee hinter der Somme. &#x2014; .Nach dem Fall von Mronne war das<lb/>
Besetzen der exponirten Stellung von Bapaume nicht mehr erforderlich, und<lb/>
General v. Goeben beschloß, das Gros der Armee ganz hinter die Somme zu<lb/>
ziehen, wo es sich vollständig in Ruhe befand. Geschütze durch den starken<lb/>
Flußabschnitt vor der Front, hatte es Zeit sich nach jedem Punkt hin zu<lb/>
vereinigen, wenn es galt, dem aus seiner Festungslinie heraustretenden Feinde<lb/>
zu begegnen. Pironne wurde schnell wieder in Vertheidigungszustand gesetzt.<lb/>
Am 13. Jan. waren an der Somme, nach Eintreffen einiger Landwehrtruppen,<lb/>
47 Bataillone, W Eskadrons und 161 Geschütze concentrirt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_975" next="#ID_976"> Am 14. Januar ergriff General Faidherbe die Offensive. Er hatte Nach¬<lb/>
richt von einer äußersten Anstrengung der Garnison von Paris und den Be¬<lb/>
fehl erhalten, &#x201E;soviel Kräfte als möglich, von Paris ab auf sich zu ziehen".<lb/>
Da er die Sommestellung nicht zu foreiren wagte, so wollte Faidherbe jene<lb/>
Aufgabe durch einen Marsch nach seiner linken Flanke, auf Se. Quentin<lb/>
lösen. Er hoffte, daß diese Flankenbewegung verborgen bleiben würde; aber<lb/>
er täuschte sich; die preußische Reiterei folgte seinen Manövern mit eben so<lb/>
viel Aufmerksamkeit als Verständniß. &#x2014; Sobald die Bewegung der ganzen<lb/>
Nordarmee nach Se. Quentin constatirt war, traf General v. Goeben An-</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0298] zum Handeln blieb. — Nach dem Fall von Mezieres wurde endlich ein, wenn auch kleiner Belagerungstrain (französischer Geschütze) vor Peronne ge¬ führt; aber auch er erwies sich noch als durchaus unzureichend und die Be¬ lagerung schwächte die disponiblen Streitkräfte empfindlich und zwang -den Operationen einen Charakter bewegungsloser Defensive auf. Man empfand das sehr peinlich, und die allgemeine Situation der I. Armee an der Somme erschien am 6. Januar nicht unbedenklich. Die Truppentheile, welche bei Ba- paume gekämpft hatten, standen hinter der Somme und hatten ihre Muni¬ tion ergänzt; aber ein nachhaltiger Widerstand konnte einem Vorgehen Faid- herbe's gegen PÄonne schwerlich entgegengestellt werden. Am 8. Januar ging, wie schon erwähnt, der Oberbefehl der I. Armee aus General v. Goeben über. Tags darauf tapitulirte Peronne; aber da in demselben Augenblick General Faidherbe mit einem neuen Entsatz drohte, so befand sich das Belagerungskorps in der eigenthümlichen Lage, nach abge¬ schlossener Kapitulation sich dem etwaigen Bormarsch der feindlichen Nord¬ armee entgegenzustellen und möglicherweise das rechte Sommeufer räumen zu müssen, während gleichzeitig Anordnungen zu treffen blieben, um am Mittag des 10. Januar die.ausrückende feindliche Besatzung in Empfang zu nehmen, zu entwaffnen und die Festung zu besetzen. Glücklicherweise rückte Faidherbe nicht weiter vor und die Uebergabe von Peronne nahm ihren ruhigen Ver¬ lauf: die I. Armee hatte ihre Bewegungsfreiheit wieder gewonnen. Das fünfte Kapitel bringt die Darstellung der Concentration >der Armee hinter der Somme. — .Nach dem Fall von Mronne war das Besetzen der exponirten Stellung von Bapaume nicht mehr erforderlich, und General v. Goeben beschloß, das Gros der Armee ganz hinter die Somme zu ziehen, wo es sich vollständig in Ruhe befand. Geschütze durch den starken Flußabschnitt vor der Front, hatte es Zeit sich nach jedem Punkt hin zu vereinigen, wenn es galt, dem aus seiner Festungslinie heraustretenden Feinde zu begegnen. Pironne wurde schnell wieder in Vertheidigungszustand gesetzt. Am 13. Jan. waren an der Somme, nach Eintreffen einiger Landwehrtruppen, 47 Bataillone, W Eskadrons und 161 Geschütze concentrirt. Am 14. Januar ergriff General Faidherbe die Offensive. Er hatte Nach¬ richt von einer äußersten Anstrengung der Garnison von Paris und den Be¬ fehl erhalten, „soviel Kräfte als möglich, von Paris ab auf sich zu ziehen". Da er die Sommestellung nicht zu foreiren wagte, so wollte Faidherbe jene Aufgabe durch einen Marsch nach seiner linken Flanke, auf Se. Quentin lösen. Er hoffte, daß diese Flankenbewegung verborgen bleiben würde; aber er täuschte sich; die preußische Reiterei folgte seinen Manövern mit eben so viel Aufmerksamkeit als Verständniß. — Sobald die Bewegung der ganzen Nordarmee nach Se. Quentin constatirt war, traf General v. Goeben An-

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/298
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/298>, abgerufen am 06.02.2025.