Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Frau vor ihm, so hören zwar die Beiträge auf, aber alle Einzahlungen sind
verloren. Wenn ihn die Frau überlebt, so hat auch in diesem Falle die An¬
stalt Aussichten auf bedeutende Ersparnisse. Wenn nämlich innerhalb der 3
ersten Jahre der Versicherte stirbt, so erhält die Wittwe gar nichts, oder nur
einen Theil der versicherten Jahresrente. Ferner wird statutenmäßig die Rente
nur so lange bezahlt, als die Wittwe am Leben bleibt, unbekümmert darum,
ob Kinder vorhanden sind. Will sich aber die Wittwe etwa, um die Zukunft
ihrer Kinder sicher zu stellen, wieder verheirathen, so ist die Anstalt nur zur
Zahlung der halben Rente verpflichtet. Wenn ferner ein Wittwer eine zweite
Ehe eingeht, muß er sich von Neuem einkaufen, natürlich nunmehr bei höhe¬
rem Lebensalter mit erhöhten Einzahlungen und unter denselben onerosen
Bedingungen wie früher. Ist nun nach diesen Bestimmungen, wenn
auch nur mäßig für die Wittwen der Beamten gesorgt; die Versorgung der
Kinder durch die Wittwen-Verpflegungsanstalt ist bis zum Tode der
Mutter nur eine dürftige und hört bei deren Tode ganz auf.

Gegenüber diesen Unzulänglichkeiten ist wiederholt die Frage aufgeworfen
worden, ob nicht der Beitritt zu einer Lebensversicherungsgesellschaft von der
Nothwendigkeit, sich in die Wittwen-Verpflegungs-Anstalt einzukaufen, ent¬
binde? Durch ministerielle Entscheidung ist dies in letzter Zeit verneint wor¬
den. Dadurch wird die Versorgung der Hinterbliebenen durch eine Lebens¬
versicherungsgesellschaft sehr erschwert, weil dann der Beamte sich doppelte
Gehaltsabzüge gefallen lassen muß; aber andererseits kann nicht geleugnet werden,
daß dieses Auskunftsmittel kein durchweg genügendes ist. Die Lebensver¬
sicherungsgesellschaften verfolgen andere Principien als die Wittwenverpflegungs¬
anstalt; ihre Einlagen gehen in keinem Fall verloren. Da sie ferner beim
Tode des Versicherten nicht etwa bis zum Tode der Wittwe eine bestimmte
Jahresrente, sondern die ganze Versicherungssumme auf einmal zu zahlen
haben, sie also verschiedener Vortheile, die jene hat, verlustig gehen und darum
die Jahresbeiträge von Seiten der Versicherten sehr hoch stellen müssen, so
kann der Beitritt nur unter großen Opfern erfolgen. Ein Kapital aber zu
versichern, welches co. ,die Hinterbliebenen vor Nahrungssorgen schützt, sind
auch jetzt die Gehälter noch nicht ausreichend.

Der Verein von Lehrern höherer Unterrichtsanstalten Oberschlesiens,
welcher in diesem Jahre zu Pfingsten in Pleß zusammenkam, hat sich mit
dieser Frage beschäftigt und nach dem eingehenden Referate des Oberlehrers
Witte (Pleß) diesen Herrn mit der Ausarbeitung einer Denkschrift über diesen
Gegenstand beauftragt. Dieselbe ist jetzt im Verlage von A. Krümmer in
Pleß erschienen und führt den Titel: Versorgung der Wittwen und Waisen
preußischer Staatsbeamten. Herausgegeben im Austrage des Vereins von


Frau vor ihm, so hören zwar die Beiträge auf, aber alle Einzahlungen sind
verloren. Wenn ihn die Frau überlebt, so hat auch in diesem Falle die An¬
stalt Aussichten auf bedeutende Ersparnisse. Wenn nämlich innerhalb der 3
ersten Jahre der Versicherte stirbt, so erhält die Wittwe gar nichts, oder nur
einen Theil der versicherten Jahresrente. Ferner wird statutenmäßig die Rente
nur so lange bezahlt, als die Wittwe am Leben bleibt, unbekümmert darum,
ob Kinder vorhanden sind. Will sich aber die Wittwe etwa, um die Zukunft
ihrer Kinder sicher zu stellen, wieder verheirathen, so ist die Anstalt nur zur
Zahlung der halben Rente verpflichtet. Wenn ferner ein Wittwer eine zweite
Ehe eingeht, muß er sich von Neuem einkaufen, natürlich nunmehr bei höhe¬
rem Lebensalter mit erhöhten Einzahlungen und unter denselben onerosen
Bedingungen wie früher. Ist nun nach diesen Bestimmungen, wenn
auch nur mäßig für die Wittwen der Beamten gesorgt; die Versorgung der
Kinder durch die Wittwen-Verpflegungsanstalt ist bis zum Tode der
Mutter nur eine dürftige und hört bei deren Tode ganz auf.

Gegenüber diesen Unzulänglichkeiten ist wiederholt die Frage aufgeworfen
worden, ob nicht der Beitritt zu einer Lebensversicherungsgesellschaft von der
Nothwendigkeit, sich in die Wittwen-Verpflegungs-Anstalt einzukaufen, ent¬
binde? Durch ministerielle Entscheidung ist dies in letzter Zeit verneint wor¬
den. Dadurch wird die Versorgung der Hinterbliebenen durch eine Lebens¬
versicherungsgesellschaft sehr erschwert, weil dann der Beamte sich doppelte
Gehaltsabzüge gefallen lassen muß; aber andererseits kann nicht geleugnet werden,
daß dieses Auskunftsmittel kein durchweg genügendes ist. Die Lebensver¬
sicherungsgesellschaften verfolgen andere Principien als die Wittwenverpflegungs¬
anstalt; ihre Einlagen gehen in keinem Fall verloren. Da sie ferner beim
Tode des Versicherten nicht etwa bis zum Tode der Wittwe eine bestimmte
Jahresrente, sondern die ganze Versicherungssumme auf einmal zu zahlen
haben, sie also verschiedener Vortheile, die jene hat, verlustig gehen und darum
die Jahresbeiträge von Seiten der Versicherten sehr hoch stellen müssen, so
kann der Beitritt nur unter großen Opfern erfolgen. Ein Kapital aber zu
versichern, welches co. ,die Hinterbliebenen vor Nahrungssorgen schützt, sind
auch jetzt die Gehälter noch nicht ausreichend.

Der Verein von Lehrern höherer Unterrichtsanstalten Oberschlesiens,
welcher in diesem Jahre zu Pfingsten in Pleß zusammenkam, hat sich mit
dieser Frage beschäftigt und nach dem eingehenden Referate des Oberlehrers
Witte (Pleß) diesen Herrn mit der Ausarbeitung einer Denkschrift über diesen
Gegenstand beauftragt. Dieselbe ist jetzt im Verlage von A. Krümmer in
Pleß erschienen und führt den Titel: Versorgung der Wittwen und Waisen
preußischer Staatsbeamten. Herausgegeben im Austrage des Vereins von


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0286" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193089"/>
          <p xml:id="ID_917" prev="#ID_916"> Frau vor ihm, so hören zwar die Beiträge auf, aber alle Einzahlungen sind<lb/>
verloren. Wenn ihn die Frau überlebt, so hat auch in diesem Falle die An¬<lb/>
stalt Aussichten auf bedeutende Ersparnisse. Wenn nämlich innerhalb der 3<lb/>
ersten Jahre der Versicherte stirbt, so erhält die Wittwe gar nichts, oder nur<lb/>
einen Theil der versicherten Jahresrente. Ferner wird statutenmäßig die Rente<lb/>
nur so lange bezahlt, als die Wittwe am Leben bleibt, unbekümmert darum,<lb/>
ob Kinder vorhanden sind. Will sich aber die Wittwe etwa, um die Zukunft<lb/>
ihrer Kinder sicher zu stellen, wieder verheirathen, so ist die Anstalt nur zur<lb/>
Zahlung der halben Rente verpflichtet. Wenn ferner ein Wittwer eine zweite<lb/>
Ehe eingeht, muß er sich von Neuem einkaufen, natürlich nunmehr bei höhe¬<lb/>
rem Lebensalter mit erhöhten Einzahlungen und unter denselben onerosen<lb/>
Bedingungen wie früher. Ist nun nach diesen Bestimmungen, wenn<lb/>
auch nur mäßig für die Wittwen der Beamten gesorgt; die Versorgung der<lb/>
Kinder durch die Wittwen-Verpflegungsanstalt ist bis zum Tode der<lb/>
Mutter nur eine dürftige und hört bei deren Tode ganz auf.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_918"> Gegenüber diesen Unzulänglichkeiten ist wiederholt die Frage aufgeworfen<lb/>
worden, ob nicht der Beitritt zu einer Lebensversicherungsgesellschaft von der<lb/>
Nothwendigkeit, sich in die Wittwen-Verpflegungs-Anstalt einzukaufen, ent¬<lb/>
binde? Durch ministerielle Entscheidung ist dies in letzter Zeit verneint wor¬<lb/>
den. Dadurch wird die Versorgung der Hinterbliebenen durch eine Lebens¬<lb/>
versicherungsgesellschaft sehr erschwert, weil dann der Beamte sich doppelte<lb/>
Gehaltsabzüge gefallen lassen muß; aber andererseits kann nicht geleugnet werden,<lb/>
daß dieses Auskunftsmittel kein durchweg genügendes ist. Die Lebensver¬<lb/>
sicherungsgesellschaften verfolgen andere Principien als die Wittwenverpflegungs¬<lb/>
anstalt; ihre Einlagen gehen in keinem Fall verloren. Da sie ferner beim<lb/>
Tode des Versicherten nicht etwa bis zum Tode der Wittwe eine bestimmte<lb/>
Jahresrente, sondern die ganze Versicherungssumme auf einmal zu zahlen<lb/>
haben, sie also verschiedener Vortheile, die jene hat, verlustig gehen und darum<lb/>
die Jahresbeiträge von Seiten der Versicherten sehr hoch stellen müssen, so<lb/>
kann der Beitritt nur unter großen Opfern erfolgen. Ein Kapital aber zu<lb/>
versichern, welches co. ,die Hinterbliebenen vor Nahrungssorgen schützt, sind<lb/>
auch jetzt die Gehälter noch nicht ausreichend.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_919" next="#ID_920"> Der Verein von Lehrern höherer Unterrichtsanstalten Oberschlesiens,<lb/>
welcher in diesem Jahre zu Pfingsten in Pleß zusammenkam, hat sich mit<lb/>
dieser Frage beschäftigt und nach dem eingehenden Referate des Oberlehrers<lb/>
Witte (Pleß) diesen Herrn mit der Ausarbeitung einer Denkschrift über diesen<lb/>
Gegenstand beauftragt. Dieselbe ist jetzt im Verlage von A. Krümmer in<lb/>
Pleß erschienen und führt den Titel: Versorgung der Wittwen und Waisen<lb/>
preußischer Staatsbeamten. Herausgegeben im Austrage des Vereins von</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0286] Frau vor ihm, so hören zwar die Beiträge auf, aber alle Einzahlungen sind verloren. Wenn ihn die Frau überlebt, so hat auch in diesem Falle die An¬ stalt Aussichten auf bedeutende Ersparnisse. Wenn nämlich innerhalb der 3 ersten Jahre der Versicherte stirbt, so erhält die Wittwe gar nichts, oder nur einen Theil der versicherten Jahresrente. Ferner wird statutenmäßig die Rente nur so lange bezahlt, als die Wittwe am Leben bleibt, unbekümmert darum, ob Kinder vorhanden sind. Will sich aber die Wittwe etwa, um die Zukunft ihrer Kinder sicher zu stellen, wieder verheirathen, so ist die Anstalt nur zur Zahlung der halben Rente verpflichtet. Wenn ferner ein Wittwer eine zweite Ehe eingeht, muß er sich von Neuem einkaufen, natürlich nunmehr bei höhe¬ rem Lebensalter mit erhöhten Einzahlungen und unter denselben onerosen Bedingungen wie früher. Ist nun nach diesen Bestimmungen, wenn auch nur mäßig für die Wittwen der Beamten gesorgt; die Versorgung der Kinder durch die Wittwen-Verpflegungsanstalt ist bis zum Tode der Mutter nur eine dürftige und hört bei deren Tode ganz auf. Gegenüber diesen Unzulänglichkeiten ist wiederholt die Frage aufgeworfen worden, ob nicht der Beitritt zu einer Lebensversicherungsgesellschaft von der Nothwendigkeit, sich in die Wittwen-Verpflegungs-Anstalt einzukaufen, ent¬ binde? Durch ministerielle Entscheidung ist dies in letzter Zeit verneint wor¬ den. Dadurch wird die Versorgung der Hinterbliebenen durch eine Lebens¬ versicherungsgesellschaft sehr erschwert, weil dann der Beamte sich doppelte Gehaltsabzüge gefallen lassen muß; aber andererseits kann nicht geleugnet werden, daß dieses Auskunftsmittel kein durchweg genügendes ist. Die Lebensver¬ sicherungsgesellschaften verfolgen andere Principien als die Wittwenverpflegungs¬ anstalt; ihre Einlagen gehen in keinem Fall verloren. Da sie ferner beim Tode des Versicherten nicht etwa bis zum Tode der Wittwe eine bestimmte Jahresrente, sondern die ganze Versicherungssumme auf einmal zu zahlen haben, sie also verschiedener Vortheile, die jene hat, verlustig gehen und darum die Jahresbeiträge von Seiten der Versicherten sehr hoch stellen müssen, so kann der Beitritt nur unter großen Opfern erfolgen. Ein Kapital aber zu versichern, welches co. ,die Hinterbliebenen vor Nahrungssorgen schützt, sind auch jetzt die Gehälter noch nicht ausreichend. Der Verein von Lehrern höherer Unterrichtsanstalten Oberschlesiens, welcher in diesem Jahre zu Pfingsten in Pleß zusammenkam, hat sich mit dieser Frage beschäftigt und nach dem eingehenden Referate des Oberlehrers Witte (Pleß) diesen Herrn mit der Ausarbeitung einer Denkschrift über diesen Gegenstand beauftragt. Dieselbe ist jetzt im Verlage von A. Krümmer in Pleß erschienen und führt den Titel: Versorgung der Wittwen und Waisen preußischer Staatsbeamten. Herausgegeben im Austrage des Vereins von

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/286
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/286>, abgerufen am 06.02.2025.