Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.thun", ruft Herr v. Rochow, "wie lange wird dein Regiment auf Erden Unbeirrt verfolgte Herr v. Rochow seine gemeinnützigen Wege. 1773 Mit welchen Vorurtheilen der edle Rochow bei diesen seinen gemeinnützigen Rochow aber berief sich darauf, daß nach den Gerichtsprotokollen aus Wie Preußen an Rochow. so hatte Oesterreich ungefähr um dieselbe Zeit thun", ruft Herr v. Rochow, „wie lange wird dein Regiment auf Erden Unbeirrt verfolgte Herr v. Rochow seine gemeinnützigen Wege. 1773 Mit welchen Vorurtheilen der edle Rochow bei diesen seinen gemeinnützigen Rochow aber berief sich darauf, daß nach den Gerichtsprotokollen aus Wie Preußen an Rochow. so hatte Oesterreich ungefähr um dieselbe Zeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0276" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193079"/> <p xml:id="ID_884" prev="#ID_883"> thun", ruft Herr v. Rochow, „wie lange wird dein Regiment auf Erden<lb/> dauern?"</p><lb/> <p xml:id="ID_885"> Unbeirrt verfolgte Herr v. Rochow seine gemeinnützigen Wege. 1773<lb/> gab er eine „Instruction für Landschullehrer" heraus. Auch dabei schwebte<lb/> ihm sein Ideal einer Erziehung der Jugend fürs Leben vor. Der Unterricht,<lb/> wollte er, sollte auf alles das ausgedehnt werden, „was im gemeinen Leben<lb/> vorfällt und den Kindern einst in jedem Lebensberufe nützlich sein könne".<lb/> Der Lehrer soll daher die Kinder bekannt machen mit den verschiedenen Arten<lb/> von Thieren, Bäumen, Hölzern, Getreide, den Handwerken, dem Gebrauche<lb/> der Naturerzeugnisse zu Nahrung, Kleidung, Wohnung, Ernährung, Heilung;<lb/> er soll sich bemühen, die im Dorfe herrschenden abergläubischen Vorstellungen<lb/> zu bekämpfen u. f. w. Für die Unterweisung im Lesen, Schön- und Recht¬<lb/> schreiben, Rechnen giebt er bessere Methoden an. Den Unterricht in der Re><lb/> ligion hätte er am liebsten in den anderen Unterricht (Lesen u. s. w.) mit<lb/> verwebt; für einen besonderen Religionsunterricht möchte er nicht mehr als<lb/> 2 Stunden in der Woche (!) verwenden und denselben streng auf das. was<lb/> die Kinder wirklich verstehen können, eingeschränkt wissen. Nach den Begriffen<lb/> unserer heutigen Orthodoxen freilich eine sehr verkehrte Ansicht!</p><lb/> <p xml:id="ID_886"> Mit welchen Vorurtheilen der edle Rochow bei diesen seinen gemeinnützigen<lb/> Bestrebungen zu kämpfen hatte — den Vorurtheilen nicht blos des gemeinen<lb/> Volkes, sondern ebenso sehr der vornehmen Gesellschaft — sieht man u> A.<lb/> daraus, daß selbst ein so aufgeklärter und im Ganzen wohlmeinender Mann<lb/> wie der Minister Friedrich's d. Gr., von Zedlitz, sich in gewissem Sinne ab¬<lb/> weisend dagegen verhielt. Wenigstens bezog Rochow auf sich, was Zedlitz in<lb/> einer Vorlesung in der Akademie der Wissenschaften von LosmoxoIiiES öntbousis.steh<lb/> gesagt hatte, welche die Bauern zu Philosophen machen wollten. „Man dürfe",<lb/> hatte er bemerkt, „die metaphysische Erziehung der Bauern nicht zu weit treiben.<lb/> Wenn der Bauer den Grund von Allem einsehen wolle, was würde er an<lb/> mancher Verordnung ändern, die er nur aus seinem StandortZbeurtheile. Man<lb/> müsse dem gemeinen Mann Gehorsam einschärfen."</p><lb/> <p xml:id="ID_887"> Rochow aber berief sich darauf, daß nach den Gerichtsprotokollen aus<lb/> seinem Gute Diebstahl, Zank, Aberglaube, Unzucht seltener geworden seien,<lb/> was er der Verbesserung der Volksbildung zuschrieb.</p><lb/> <p xml:id="ID_888" next="#ID_889"> Wie Preußen an Rochow. so hatte Oesterreich ungefähr um dieselbe Zeit<lb/> (noch ein wenig früher) an dem katholischen Dechanten Kindermann einen<lb/> eifrigen Reformator seines Volksschulwesens. Er brachte es dahin, daß erst<lb/> in Prag, dann auch in anderen Kreisstädten sogenannte Normalschulen er¬<lb/> richtet, daß nur geprüfte Lehrer angestellt, jährliche Visitationen gehalten,<lb/> Zuschüsse zu den Lehrerbesoldungen, wo es nöthig, vom Staate gezahlt, daß<lb/> neben Religion auch Lesen, Schreiben, Rechnen und deutsche Sprache auf dem</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0276]
thun", ruft Herr v. Rochow, „wie lange wird dein Regiment auf Erden
dauern?"
Unbeirrt verfolgte Herr v. Rochow seine gemeinnützigen Wege. 1773
gab er eine „Instruction für Landschullehrer" heraus. Auch dabei schwebte
ihm sein Ideal einer Erziehung der Jugend fürs Leben vor. Der Unterricht,
wollte er, sollte auf alles das ausgedehnt werden, „was im gemeinen Leben
vorfällt und den Kindern einst in jedem Lebensberufe nützlich sein könne".
Der Lehrer soll daher die Kinder bekannt machen mit den verschiedenen Arten
von Thieren, Bäumen, Hölzern, Getreide, den Handwerken, dem Gebrauche
der Naturerzeugnisse zu Nahrung, Kleidung, Wohnung, Ernährung, Heilung;
er soll sich bemühen, die im Dorfe herrschenden abergläubischen Vorstellungen
zu bekämpfen u. f. w. Für die Unterweisung im Lesen, Schön- und Recht¬
schreiben, Rechnen giebt er bessere Methoden an. Den Unterricht in der Re>
ligion hätte er am liebsten in den anderen Unterricht (Lesen u. s. w.) mit
verwebt; für einen besonderen Religionsunterricht möchte er nicht mehr als
2 Stunden in der Woche (!) verwenden und denselben streng auf das. was
die Kinder wirklich verstehen können, eingeschränkt wissen. Nach den Begriffen
unserer heutigen Orthodoxen freilich eine sehr verkehrte Ansicht!
Mit welchen Vorurtheilen der edle Rochow bei diesen seinen gemeinnützigen
Bestrebungen zu kämpfen hatte — den Vorurtheilen nicht blos des gemeinen
Volkes, sondern ebenso sehr der vornehmen Gesellschaft — sieht man u> A.
daraus, daß selbst ein so aufgeklärter und im Ganzen wohlmeinender Mann
wie der Minister Friedrich's d. Gr., von Zedlitz, sich in gewissem Sinne ab¬
weisend dagegen verhielt. Wenigstens bezog Rochow auf sich, was Zedlitz in
einer Vorlesung in der Akademie der Wissenschaften von LosmoxoIiiES öntbousis.steh
gesagt hatte, welche die Bauern zu Philosophen machen wollten. „Man dürfe",
hatte er bemerkt, „die metaphysische Erziehung der Bauern nicht zu weit treiben.
Wenn der Bauer den Grund von Allem einsehen wolle, was würde er an
mancher Verordnung ändern, die er nur aus seinem StandortZbeurtheile. Man
müsse dem gemeinen Mann Gehorsam einschärfen."
Rochow aber berief sich darauf, daß nach den Gerichtsprotokollen aus
seinem Gute Diebstahl, Zank, Aberglaube, Unzucht seltener geworden seien,
was er der Verbesserung der Volksbildung zuschrieb.
Wie Preußen an Rochow. so hatte Oesterreich ungefähr um dieselbe Zeit
(noch ein wenig früher) an dem katholischen Dechanten Kindermann einen
eifrigen Reformator seines Volksschulwesens. Er brachte es dahin, daß erst
in Prag, dann auch in anderen Kreisstädten sogenannte Normalschulen er¬
richtet, daß nur geprüfte Lehrer angestellt, jährliche Visitationen gehalten,
Zuschüsse zu den Lehrerbesoldungen, wo es nöthig, vom Staate gezahlt, daß
neben Religion auch Lesen, Schreiben, Rechnen und deutsche Sprache auf dem
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