Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.derben beginnt das Gewinsel über die traurigen Schicksale, welche das "Sachsen", heißt es S. 195, "mußte fortwährend Geld, Lebensmittel "Onkel", sprang hier Heinrich auf und ballte die Fäuste, "ich bin ganz "Guter Heinrich, die heutigen Preußen sind unschuldig an jenem Un¬ Unmittelbar nach dieser lahmen Beschwichtigung werden übersichtlich und "Onkel", versetzte Benno und holte tief Athem, "mir steht beinahe der Dann kommen die "Berliner Juden", Ephraim und Jtzig, an die In diesem widerlichen Ton geht es weiter, Nichts wird vergessen, alle Nun kommt der Haupttrumpf, das Bombardement der von den Oester¬ derben beginnt das Gewinsel über die traurigen Schicksale, welche das „Sachsen", heißt es S. 195, „mußte fortwährend Geld, Lebensmittel „Onkel", sprang hier Heinrich auf und ballte die Fäuste, „ich bin ganz „Guter Heinrich, die heutigen Preußen sind unschuldig an jenem Un¬ Unmittelbar nach dieser lahmen Beschwichtigung werden übersichtlich und „Onkel", versetzte Benno und holte tief Athem, „mir steht beinahe der Dann kommen die „Berliner Juden", Ephraim und Jtzig, an die In diesem widerlichen Ton geht es weiter, Nichts wird vergessen, alle Nun kommt der Haupttrumpf, das Bombardement der von den Oester¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0237" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/193040"/> <p xml:id="ID_743" prev="#ID_742"> derben beginnt das Gewinsel über die traurigen Schicksale, welche das<lb/> schöne Dresden und ganz Sachsen unter der „bleiernen (!) Preußenhand"<lb/> während des siebenjährigen Krieges erfahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_744"> „Sachsen", heißt es S. 195, „mußte fortwährend Geld, Lebensmittel<lb/> und Soldaten schaffen. Kann man einem Lande mehr nehmen, als wenn<lb/> man ihm sein Geld, seine Früchte und seine Kinder nimmt?"</p><lb/> <p xml:id="ID_745"> „Onkel", sprang hier Heinrich auf und ballte die Fäuste, „ich bin ganz<lb/> wüthig (!) auf die Preußen! Gestern freute ich mich noch so, als ich preu¬<lb/> ßische Husaren in den prächtigen rothen Uniformen und mit den schmucken<lb/> Kopfbedeckungen über die Brücke gehen sah, wenn sie aber heute wieder<lb/> kämen, ich drehte mich gleich um."</p><lb/> <p xml:id="ID_746"> „Guter Heinrich, die heutigen Preußen sind unschuldig an jenem Un¬<lb/> heil. Mit ihnen haben wir ja gute Brüderschaft gemacht, so Gott will, auf<lb/> ewige Zeiten."</p><lb/> <p xml:id="ID_747"> Unmittelbar nach dieser lahmen Beschwichtigung werden übersichtlich und<lb/> ziffermäßig die „furchtbaren Erpressungen" aufgezählt, die Friedrich<lb/> an Sachsen verübt.</p><lb/> <p xml:id="ID_748"> „Onkel", versetzte Benno und holte tief Athem, „mir steht beinahe der<lb/> Verstand still über diese ungeheuren Summen! O der unbarmherzige Fried¬<lb/> rich! Und doch nennt man ihn den Großen?"</p><lb/> <p xml:id="ID_749"> Dann kommen die „Berliner Juden", Ephraim und Jtzig, an die<lb/> Reihe, die das sächsische Geld einschmolzen und dafür geringeres in Umlauf<lb/> setzten. „Onkel", versetzte Heinrich hier, „das ist wohl derselbe Jude, von dem<lb/> man zuweilen das Lied singen hört: schmeißt ihn h'naus (!) den Juden<lb/> Jtzig?"</p><lb/> <p xml:id="ID_750"> In diesem widerlichen Ton geht es weiter, Nichts wird vergessen, alle<lb/> „Verbrechen" Friedrich's des Großen werden haarklein vorgeführt. „Sein<lb/> falscher Stolz und sein hartnäckiger Trotz" ist Schuld daran, daß in dem<lb/> Winterlager bei Wilsdruff so viele seiner Soldaten von Krankheiten hinge¬<lb/> rafft werden. „O, das ist aber doch schrecklich, Onkel." sagte Benno, „wenn<lb/> aus bloßer Laune eines einzigen Menschen so viel Menschenleben zu Grunde<lb/> gehen!" — „Ja, es ist furchtbar, schrecklich, Benno, man möchte mit Händen<lb/> und Füßen darein springen. Wer es aber thun wollte, spränge in ein eiser¬<lb/> nes Getriebe, das ihn zermalmt. Leider hat die Geschichte der Vergangen¬<lb/> heit und der Gegenwart (!) unzählig viel Beispiele von solchen himmel¬<lb/> schreienden, blutigen Folgen bloßer Einzellaunen aufzuweisen."</p><lb/> <p xml:id="ID_751" next="#ID_752"> Nun kommt der Haupttrumpf, das Bombardement der von den Oester¬<lb/> reichern besetzten und hartnäckig vertheidigten Festung Dresden durch die<lb/> Preußen im Jahre 1760. „Zwar sind es nun bereits über ein Hundert und<lb/> zehn Jahre her und längst schon sind die Wunden, die in jenen blutigen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0237]
derben beginnt das Gewinsel über die traurigen Schicksale, welche das
schöne Dresden und ganz Sachsen unter der „bleiernen (!) Preußenhand"
während des siebenjährigen Krieges erfahren.
„Sachsen", heißt es S. 195, „mußte fortwährend Geld, Lebensmittel
und Soldaten schaffen. Kann man einem Lande mehr nehmen, als wenn
man ihm sein Geld, seine Früchte und seine Kinder nimmt?"
„Onkel", sprang hier Heinrich auf und ballte die Fäuste, „ich bin ganz
wüthig (!) auf die Preußen! Gestern freute ich mich noch so, als ich preu¬
ßische Husaren in den prächtigen rothen Uniformen und mit den schmucken
Kopfbedeckungen über die Brücke gehen sah, wenn sie aber heute wieder
kämen, ich drehte mich gleich um."
„Guter Heinrich, die heutigen Preußen sind unschuldig an jenem Un¬
heil. Mit ihnen haben wir ja gute Brüderschaft gemacht, so Gott will, auf
ewige Zeiten."
Unmittelbar nach dieser lahmen Beschwichtigung werden übersichtlich und
ziffermäßig die „furchtbaren Erpressungen" aufgezählt, die Friedrich
an Sachsen verübt.
„Onkel", versetzte Benno und holte tief Athem, „mir steht beinahe der
Verstand still über diese ungeheuren Summen! O der unbarmherzige Fried¬
rich! Und doch nennt man ihn den Großen?"
Dann kommen die „Berliner Juden", Ephraim und Jtzig, an die
Reihe, die das sächsische Geld einschmolzen und dafür geringeres in Umlauf
setzten. „Onkel", versetzte Heinrich hier, „das ist wohl derselbe Jude, von dem
man zuweilen das Lied singen hört: schmeißt ihn h'naus (!) den Juden
Jtzig?"
In diesem widerlichen Ton geht es weiter, Nichts wird vergessen, alle
„Verbrechen" Friedrich's des Großen werden haarklein vorgeführt. „Sein
falscher Stolz und sein hartnäckiger Trotz" ist Schuld daran, daß in dem
Winterlager bei Wilsdruff so viele seiner Soldaten von Krankheiten hinge¬
rafft werden. „O, das ist aber doch schrecklich, Onkel." sagte Benno, „wenn
aus bloßer Laune eines einzigen Menschen so viel Menschenleben zu Grunde
gehen!" — „Ja, es ist furchtbar, schrecklich, Benno, man möchte mit Händen
und Füßen darein springen. Wer es aber thun wollte, spränge in ein eiser¬
nes Getriebe, das ihn zermalmt. Leider hat die Geschichte der Vergangen¬
heit und der Gegenwart (!) unzählig viel Beispiele von solchen himmel¬
schreienden, blutigen Folgen bloßer Einzellaunen aufzuweisen."
Nun kommt der Haupttrumpf, das Bombardement der von den Oester¬
reichern besetzten und hartnäckig vertheidigten Festung Dresden durch die
Preußen im Jahre 1760. „Zwar sind es nun bereits über ein Hundert und
zehn Jahre her und längst schon sind die Wunden, die in jenen blutigen
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