Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.Betrachten wir zuerst die äußere Lage der Schule und ihrer Lehrer! Zwar sind wir nicht ganz der Meinung jenes sächsischen Lehrers, der Wie sah es nun damals mit dem Gehalt und mit der socialen Stellung Verhältnißmäßig noch mit am besten in Kursachsen, wo man seit der In Mecklenburg gab es viele Schuldienste mit nur 20 Thlr. jährlichem Eine glänzende Ausnahme machten die Schulstellen auf den Besitzungen Betrachten wir zuerst die äußere Lage der Schule und ihrer Lehrer! Zwar sind wir nicht ganz der Meinung jenes sächsischen Lehrers, der Wie sah es nun damals mit dem Gehalt und mit der socialen Stellung Verhältnißmäßig noch mit am besten in Kursachsen, wo man seit der In Mecklenburg gab es viele Schuldienste mit nur 20 Thlr. jährlichem Eine glänzende Ausnahme machten die Schulstellen auf den Besitzungen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0157" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/192960"/> <p xml:id="ID_474"> Betrachten wir zuerst die äußere Lage der Schule und ihrer Lehrer!</p><lb/> <p xml:id="ID_475"> Zwar sind wir nicht ganz der Meinung jenes sächsischen Lehrers, der<lb/> während der Verhandlungen über das neue Volksschulgesetz an einen Abge¬<lb/> ordneten schrieb: was ihn allein dabei interessire, seien die Gehaltsverhältnisse<lb/> der Lehrer. Allein immerhin ist das Materielle die Basis des Ideellen<lb/> und von unwürdig schlechtbesoldeten Lehrern kann man so wenig eine geistige<lb/> Hebung der Schule hoffen, als man Trauben lesen kann von Dornen.</p><lb/> <p xml:id="ID_476"> Wie sah es nun damals mit dem Gehalt und mit der socialen Stellung<lb/> der deutschen Volksbildner aus?</p><lb/> <p xml:id="ID_477"> Verhältnißmäßig noch mit am besten in Kursachsen, wo man seit der<lb/> Reformation traditionell der Schule mehr Sorgfalt zugewendet hatte, als in<lb/> den meisten andern protestantischen, vollends als in den katholischen Ländern.<lb/> Aber selbst in Sachsen gab es noch an der Schwelle des 19. Jahrhunderts<lb/> (1799) 622 Lehrerstellen mit weniger als 80 Thlr. darunter wohl viele<lb/> mit bedeutend weniger -, 191 mit zwischen 80 oder 100 Thlr. Gehalt. In<lb/> Hannover gab (nach einer Notiz in Schlözer's „Staatsanzeigen" — einer zu¬<lb/> verlässigen Quelle — vom Jahre 1790) der Landesherr aus eignen Mit¬<lb/> teln jährlich 1000 Thlr. zur Aufbesserung der Schuldienststellen, davon 200<lb/> Thlr. zum Ankauf und zur Urbarmachung von Garten- und Feldgrundstücken<lb/> für solche Lehrer, deren Jahreseinkommen nur zwischen S und 20 Thlr. be^<lb/> trug. Und deren gab es damals noch wenigstens einige Hundert! Durch<lb/> diese fürstliche Freigebigkeit und einige, jedoch sehr karge Zuschüsse der Stände<lb/> (die Calenbergischen gaben 300 Thlr.. die Grubenhagenschen 60 Thlr.. die<lb/> Lüneburgischen und die Hoyaschen gar nichts!) kam es glücklich so weit, daß<lb/> eine Anzahl Stellen mit etwas über — 4 Thlr. jede! — aufgebessert wurde!</p><lb/> <p xml:id="ID_478"> In Mecklenburg gab es viele Schuldienste mit nur 20 Thlr. jährlichem<lb/> Gehalt. Selber die Nectorstelle in Waren trug nur 30 Thlr. In der Kur.<lb/> mark hatte ein Landschulmeister durchschnittlich etwas über 80 Thlr. Es gab<lb/> aber auch im Brandenburgischen noch Stellen mit 12 Thlr. Im Bisthum<lb/> Speyer waren die Lehrer in den kleinen Städten mit etwa 60—70 Thlr., in<lb/> etwas größern mit 80—90 Thlr. dotirt. Dort bestand die Einrichtung, daß<lb/> guten Lehrern Prämien zugetheilt, schlechten dagegen Gehaltsabzüge gemacht<lb/> wurden, ein Princip, das in der Idee gut gemeint, in der Praxis freilich<lb/> schweren Mißbräuchen ausgesetzt war. In einem k. preußischen Rescript von<lb/> 1741 wird den Lehrern Weidesreiheit für einige Stück Vieh, ein Stück<lb/> Acker, 12 Scheffel Getreide, an baarem Geld aber — 10 Thlr. zugebilligt.</p><lb/> <p xml:id="ID_479" next="#ID_480"> Eine glänzende Ausnahme machten die Schulstellen auf den Besitzungen<lb/> des Herzogs Peter von Oldenburg in Eutin, die schon damals bis zu 200—<lb/> 2S0 Thlr. nebst Feld ertrugen. In Gotha war der Durchschnitt wenigstens</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0157]
Betrachten wir zuerst die äußere Lage der Schule und ihrer Lehrer!
Zwar sind wir nicht ganz der Meinung jenes sächsischen Lehrers, der
während der Verhandlungen über das neue Volksschulgesetz an einen Abge¬
ordneten schrieb: was ihn allein dabei interessire, seien die Gehaltsverhältnisse
der Lehrer. Allein immerhin ist das Materielle die Basis des Ideellen
und von unwürdig schlechtbesoldeten Lehrern kann man so wenig eine geistige
Hebung der Schule hoffen, als man Trauben lesen kann von Dornen.
Wie sah es nun damals mit dem Gehalt und mit der socialen Stellung
der deutschen Volksbildner aus?
Verhältnißmäßig noch mit am besten in Kursachsen, wo man seit der
Reformation traditionell der Schule mehr Sorgfalt zugewendet hatte, als in
den meisten andern protestantischen, vollends als in den katholischen Ländern.
Aber selbst in Sachsen gab es noch an der Schwelle des 19. Jahrhunderts
(1799) 622 Lehrerstellen mit weniger als 80 Thlr. darunter wohl viele
mit bedeutend weniger -, 191 mit zwischen 80 oder 100 Thlr. Gehalt. In
Hannover gab (nach einer Notiz in Schlözer's „Staatsanzeigen" — einer zu¬
verlässigen Quelle — vom Jahre 1790) der Landesherr aus eignen Mit¬
teln jährlich 1000 Thlr. zur Aufbesserung der Schuldienststellen, davon 200
Thlr. zum Ankauf und zur Urbarmachung von Garten- und Feldgrundstücken
für solche Lehrer, deren Jahreseinkommen nur zwischen S und 20 Thlr. be^
trug. Und deren gab es damals noch wenigstens einige Hundert! Durch
diese fürstliche Freigebigkeit und einige, jedoch sehr karge Zuschüsse der Stände
(die Calenbergischen gaben 300 Thlr.. die Grubenhagenschen 60 Thlr.. die
Lüneburgischen und die Hoyaschen gar nichts!) kam es glücklich so weit, daß
eine Anzahl Stellen mit etwas über — 4 Thlr. jede! — aufgebessert wurde!
In Mecklenburg gab es viele Schuldienste mit nur 20 Thlr. jährlichem
Gehalt. Selber die Nectorstelle in Waren trug nur 30 Thlr. In der Kur.
mark hatte ein Landschulmeister durchschnittlich etwas über 80 Thlr. Es gab
aber auch im Brandenburgischen noch Stellen mit 12 Thlr. Im Bisthum
Speyer waren die Lehrer in den kleinen Städten mit etwa 60—70 Thlr., in
etwas größern mit 80—90 Thlr. dotirt. Dort bestand die Einrichtung, daß
guten Lehrern Prämien zugetheilt, schlechten dagegen Gehaltsabzüge gemacht
wurden, ein Princip, das in der Idee gut gemeint, in der Praxis freilich
schweren Mißbräuchen ausgesetzt war. In einem k. preußischen Rescript von
1741 wird den Lehrern Weidesreiheit für einige Stück Vieh, ein Stück
Acker, 12 Scheffel Getreide, an baarem Geld aber — 10 Thlr. zugebilligt.
Eine glänzende Ausnahme machten die Schulstellen auf den Besitzungen
des Herzogs Peter von Oldenburg in Eutin, die schon damals bis zu 200—
2S0 Thlr. nebst Feld ertrugen. In Gotha war der Durchschnitt wenigstens
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