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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band.

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Diese zählen zum Theil eine für Zeitschriften, namentlich germanische sehr anstän¬
dige Reihe von Jahren, ohne merkliche Zeichen von Altersschwäche zu verrathen.
Im Gegentheil die Germania, die ihren 18. Jahrgang beginnt, hat sich ge¬
nöthigt gesehen zu Supplementbänden zu greifen, wovon der erste voriges
Jahr erschienen ist und der zweite bald folgen wird. Uebrigens ist es mit Wag¬
ner's Archiv eigentlich auch nicht auf eine Concurrenz gegen die anderen ab¬
gesehen. Es soll seinen selbständigen Kreis haben und gelingt es ihm, densel¬
ben programmmäßig auszufüllen, so wird es nicht bloß von den Fachgenossen
gelesen werden, sondern weithin in die gebildeten Kreise der ganzen Nation
dringen. Es will sich nämlich vorzugsweise der sog. neuhochdeutschen Periode
der Sprache und Literatur seit dem Is. Jahrhundert zuwenden. Diese ist
begreiflich genug wie von den gelehrten Büchern so von den Zeitschriften des
Fachs bisher sehr vernachlässigt worden. Nach guter deutscher Art hat man
den Bau von unten und nicht vom Dache begonnen. Ob man sich nicht gar
zu ausschließlich und eigensinnig bei dem Ausbau der Fundamente und der
untern Stockwerke aufgehalten und noch aufhält, das zu entscheiden wird
schwer sein. Daß es so geschieht, ist aber außer Frage, und daß das Neu¬
hochdeutsche dabei sehr zu kurz kommt, desgleichen. Nur wünschten wir, nicht
bloß daß eine germanistische Zeitschrift existire, die den Vorsatz hat, das Ver¬
säumte nachzuholen, sondern daß mindestens zwei der Art existiren möchten,
denn eine wird nicht ausreichen. Wagner's Archiv wird sich, soviel läßt sich
nach der wissenschaftlichen Richtung seines so tüchtigen Herausgebers, nach
dem was zwischen den Zeilen seines Programmes steht, und nach dem vorlie¬
genden Specimen des ersten Heftes ohne einen sxiriwm k^tlwmssaö zu haben
weissagen, sich beinahe oder ganz ausschließlich der Literatur und ihrer Ge¬
schichte zuwenden. Die so unendlich wichtige neuhochdeutsche Sprache -- für
uns Leute der Gegenwart doch viel wichtiger als Mittelhochdeutsch, Althoch¬
deutsch, Gothisch und was sonst, wird sich dabei nicht glänzend stehen, wie
es ihm seit der Schöpfung der historischen Grammatik bis heute immer pas-
sirt ist. Wir begehren also auch noch eine Extra-Zeitschrift für neuhoch¬
deutsche Linguistik und verbürgen Jedem, der eine solche auf die rechte Art
ins Leben führt, den besten Erfolg unter allen verwandten Blättern.

Wagner's Archiv soll monatlich erscheinen, ist also bequemer zu lesen als
die oft etwas stark geschwollenen Vierteljahrshefte seiner Genossinnen. Das erste
Heft enthält Beiträge von Scherer, Crecelius, A. Schönbach, H. Hoffmann,
K. Hein und I. Schrader, andere gute Namen sind für die folgenden Hefte
avisirt. H. Hoffmann bringt aus seinem, wie es scheint, unerschöpflichen
Schatze einige Goethiana. die als solche, und doch auch zum Theil wegen ihres
davon unabhängigen Werthes bedeutsam sind, einen interessanten Brief aus
dem Lager von Verdun v. 10. Septbr. 1792 und zwei poetische Kleinigkeiten,


Grenzboten 187D. III. 16

Diese zählen zum Theil eine für Zeitschriften, namentlich germanische sehr anstän¬
dige Reihe von Jahren, ohne merkliche Zeichen von Altersschwäche zu verrathen.
Im Gegentheil die Germania, die ihren 18. Jahrgang beginnt, hat sich ge¬
nöthigt gesehen zu Supplementbänden zu greifen, wovon der erste voriges
Jahr erschienen ist und der zweite bald folgen wird. Uebrigens ist es mit Wag¬
ner's Archiv eigentlich auch nicht auf eine Concurrenz gegen die anderen ab¬
gesehen. Es soll seinen selbständigen Kreis haben und gelingt es ihm, densel¬
ben programmmäßig auszufüllen, so wird es nicht bloß von den Fachgenossen
gelesen werden, sondern weithin in die gebildeten Kreise der ganzen Nation
dringen. Es will sich nämlich vorzugsweise der sog. neuhochdeutschen Periode
der Sprache und Literatur seit dem Is. Jahrhundert zuwenden. Diese ist
begreiflich genug wie von den gelehrten Büchern so von den Zeitschriften des
Fachs bisher sehr vernachlässigt worden. Nach guter deutscher Art hat man
den Bau von unten und nicht vom Dache begonnen. Ob man sich nicht gar
zu ausschließlich und eigensinnig bei dem Ausbau der Fundamente und der
untern Stockwerke aufgehalten und noch aufhält, das zu entscheiden wird
schwer sein. Daß es so geschieht, ist aber außer Frage, und daß das Neu¬
hochdeutsche dabei sehr zu kurz kommt, desgleichen. Nur wünschten wir, nicht
bloß daß eine germanistische Zeitschrift existire, die den Vorsatz hat, das Ver¬
säumte nachzuholen, sondern daß mindestens zwei der Art existiren möchten,
denn eine wird nicht ausreichen. Wagner's Archiv wird sich, soviel läßt sich
nach der wissenschaftlichen Richtung seines so tüchtigen Herausgebers, nach
dem was zwischen den Zeilen seines Programmes steht, und nach dem vorlie¬
genden Specimen des ersten Heftes ohne einen sxiriwm k^tlwmssaö zu haben
weissagen, sich beinahe oder ganz ausschließlich der Literatur und ihrer Ge¬
schichte zuwenden. Die so unendlich wichtige neuhochdeutsche Sprache — für
uns Leute der Gegenwart doch viel wichtiger als Mittelhochdeutsch, Althoch¬
deutsch, Gothisch und was sonst, wird sich dabei nicht glänzend stehen, wie
es ihm seit der Schöpfung der historischen Grammatik bis heute immer pas-
sirt ist. Wir begehren also auch noch eine Extra-Zeitschrift für neuhoch¬
deutsche Linguistik und verbürgen Jedem, der eine solche auf die rechte Art
ins Leben führt, den besten Erfolg unter allen verwandten Blättern.

Wagner's Archiv soll monatlich erscheinen, ist also bequemer zu lesen als
die oft etwas stark geschwollenen Vierteljahrshefte seiner Genossinnen. Das erste
Heft enthält Beiträge von Scherer, Crecelius, A. Schönbach, H. Hoffmann,
K. Hein und I. Schrader, andere gute Namen sind für die folgenden Hefte
avisirt. H. Hoffmann bringt aus seinem, wie es scheint, unerschöpflichen
Schatze einige Goethiana. die als solche, und doch auch zum Theil wegen ihres
davon unabhängigen Werthes bedeutsam sind, einen interessanten Brief aus
dem Lager von Verdun v. 10. Septbr. 1792 und zwei poetische Kleinigkeiten,


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[0121] Diese zählen zum Theil eine für Zeitschriften, namentlich germanische sehr anstän¬ dige Reihe von Jahren, ohne merkliche Zeichen von Altersschwäche zu verrathen. Im Gegentheil die Germania, die ihren 18. Jahrgang beginnt, hat sich ge¬ nöthigt gesehen zu Supplementbänden zu greifen, wovon der erste voriges Jahr erschienen ist und der zweite bald folgen wird. Uebrigens ist es mit Wag¬ ner's Archiv eigentlich auch nicht auf eine Concurrenz gegen die anderen ab¬ gesehen. Es soll seinen selbständigen Kreis haben und gelingt es ihm, densel¬ ben programmmäßig auszufüllen, so wird es nicht bloß von den Fachgenossen gelesen werden, sondern weithin in die gebildeten Kreise der ganzen Nation dringen. Es will sich nämlich vorzugsweise der sog. neuhochdeutschen Periode der Sprache und Literatur seit dem Is. Jahrhundert zuwenden. Diese ist begreiflich genug wie von den gelehrten Büchern so von den Zeitschriften des Fachs bisher sehr vernachlässigt worden. Nach guter deutscher Art hat man den Bau von unten und nicht vom Dache begonnen. Ob man sich nicht gar zu ausschließlich und eigensinnig bei dem Ausbau der Fundamente und der untern Stockwerke aufgehalten und noch aufhält, das zu entscheiden wird schwer sein. Daß es so geschieht, ist aber außer Frage, und daß das Neu¬ hochdeutsche dabei sehr zu kurz kommt, desgleichen. Nur wünschten wir, nicht bloß daß eine germanistische Zeitschrift existire, die den Vorsatz hat, das Ver¬ säumte nachzuholen, sondern daß mindestens zwei der Art existiren möchten, denn eine wird nicht ausreichen. Wagner's Archiv wird sich, soviel läßt sich nach der wissenschaftlichen Richtung seines so tüchtigen Herausgebers, nach dem was zwischen den Zeilen seines Programmes steht, und nach dem vorlie¬ genden Specimen des ersten Heftes ohne einen sxiriwm k^tlwmssaö zu haben weissagen, sich beinahe oder ganz ausschließlich der Literatur und ihrer Ge¬ schichte zuwenden. Die so unendlich wichtige neuhochdeutsche Sprache — für uns Leute der Gegenwart doch viel wichtiger als Mittelhochdeutsch, Althoch¬ deutsch, Gothisch und was sonst, wird sich dabei nicht glänzend stehen, wie es ihm seit der Schöpfung der historischen Grammatik bis heute immer pas- sirt ist. Wir begehren also auch noch eine Extra-Zeitschrift für neuhoch¬ deutsche Linguistik und verbürgen Jedem, der eine solche auf die rechte Art ins Leben führt, den besten Erfolg unter allen verwandten Blättern. Wagner's Archiv soll monatlich erscheinen, ist also bequemer zu lesen als die oft etwas stark geschwollenen Vierteljahrshefte seiner Genossinnen. Das erste Heft enthält Beiträge von Scherer, Crecelius, A. Schönbach, H. Hoffmann, K. Hein und I. Schrader, andere gute Namen sind für die folgenden Hefte avisirt. H. Hoffmann bringt aus seinem, wie es scheint, unerschöpflichen Schatze einige Goethiana. die als solche, und doch auch zum Theil wegen ihres davon unabhängigen Werthes bedeutsam sind, einen interessanten Brief aus dem Lager von Verdun v. 10. Septbr. 1792 und zwei poetische Kleinigkeiten, Grenzboten 187D. III. 16

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_192802/121>, abgerufen am 06.02.2025.