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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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seine Rechnung nicht finden. Derartige Momente, die wir im Uebrigen keines-
weges zum bloßen Schmuck eines historischen Werkes zählen, sondern die sehr
wesentlich dazu beitragen können, nicht nur den Leser zu fesseln, sondern auch
sein Verständniß zu erhöhen, vertragen sich nicht mit dem Charakter einer
actenmäßigen Documentalschrift, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit,
gegen 80 verschiedene Gefechte und Schlachten hintereinander in gehobenem
Tone und mit malerischer Anschaulichkeit zu schildern, ohne sich peinlich zu
wiederholen. Die Detaillirung des Geschehenen läßt dagegen Nichts zu wün¬
schen übrig, ohne sich derart zu häufen, daß sie der Uebersichtlichkeit schaden
könnte.

Wir haben schon darauf hingewiesen, daß dies Generalstabswerk über
den Krieg für alle Zeiten die historische Grundlage abgeben soll und wird,
und daß es deßhalb mit minutiösester Sorgfalt und Genauigkeit gearbeitet
werden muß, eine Aufgabe, die um so schwieriger ist, je mehr ein solches offi--
cielles Werk bei allem höchsten und reinsten Streben nach absoluter Wahrheit
doch auch darauf angewiesen ist, die Rücksichten edeler Billigkeit und zar¬
ter Schonung gegen die Mitkämpfer beständig im Auge zu behalten. Kein
Wunder, daß die Redaction eine ganz außerordentliche Zeit in Anspruch
nimmt. Es sind in den bisher erschienenen beiden Heften nicht mehr als 3
Wochen zur Besprechung gekommen; zwischen dem Erscheinen des ersten und
zweiten Heftes liegt ein halbes Jahr, für die Herstellung beider Hefte ist
ein Jahr zu rechnen. Der ganze Feldzug aber hat 32 Wochen erfüllt, und
wenn nun auch nicht der Schluß gezogen werden soll, daß bis zur Beendigung
des Buches zehnmal so viel Zeit verstreichen werde, als man für die Schilde¬
rung jener drei ersten Wochen bedurft hat, so läßt sich doch sicherlich auf eine
schnelle Erledigung der Riesenaufgabe nicht rechnen.

Unter solchen Umständen wird man immer aufs Neue darauf hingewiesen,
bei dem Bedürfniß eingehender Belehrung sich nach minder officiellen aber
fertigen Büchern umzusehen und aus der ungeheuren Menge derselben die¬
jenigen auszusondern, welche nach Ursprung und BeHandlungsweise auf
Authenticität und wahren kriegsgeschichtlichen Werth Anspruch zu machen haben.
Da sind es denn einige Werke des Mittler'schen Verlages, der sich in Bezug
auf die Kriegsliteratur eines so alten und unbestrittenen Ruhmes erfreut, die
in erster Reihe zu nennen sind.

Für den, der in knapper festgeschlossener, höchst übersichtlicher Form einen
in allem Wesentlichen unanfechtbaren Inhalt sucht, sind in erster Reihe die
einander ergänzenden Werke von Borbstaedt und Blume zu nennen. -- Das
Buch des Obersten Borbstaedt'") enthält den Krieg gegen das Kaiser-



") Der deutsch-französische Krieg 1870 bis zu der Katastrophe von Sedan und der Capi-
tulation von Straßburg nach dem inneren Zusammenhange dargestellt von A. Borbstaedt,
Oberst z. D., Redacteur des Militär-Wochenblatts. Berlin 1872. E. S. Mittler und Sohn.

seine Rechnung nicht finden. Derartige Momente, die wir im Uebrigen keines-
weges zum bloßen Schmuck eines historischen Werkes zählen, sondern die sehr
wesentlich dazu beitragen können, nicht nur den Leser zu fesseln, sondern auch
sein Verständniß zu erhöhen, vertragen sich nicht mit dem Charakter einer
actenmäßigen Documentalschrift, ganz abgesehen von der Unmöglichkeit,
gegen 80 verschiedene Gefechte und Schlachten hintereinander in gehobenem
Tone und mit malerischer Anschaulichkeit zu schildern, ohne sich peinlich zu
wiederholen. Die Detaillirung des Geschehenen läßt dagegen Nichts zu wün¬
schen übrig, ohne sich derart zu häufen, daß sie der Uebersichtlichkeit schaden
könnte.

Wir haben schon darauf hingewiesen, daß dies Generalstabswerk über
den Krieg für alle Zeiten die historische Grundlage abgeben soll und wird,
und daß es deßhalb mit minutiösester Sorgfalt und Genauigkeit gearbeitet
werden muß, eine Aufgabe, die um so schwieriger ist, je mehr ein solches offi--
cielles Werk bei allem höchsten und reinsten Streben nach absoluter Wahrheit
doch auch darauf angewiesen ist, die Rücksichten edeler Billigkeit und zar¬
ter Schonung gegen die Mitkämpfer beständig im Auge zu behalten. Kein
Wunder, daß die Redaction eine ganz außerordentliche Zeit in Anspruch
nimmt. Es sind in den bisher erschienenen beiden Heften nicht mehr als 3
Wochen zur Besprechung gekommen; zwischen dem Erscheinen des ersten und
zweiten Heftes liegt ein halbes Jahr, für die Herstellung beider Hefte ist
ein Jahr zu rechnen. Der ganze Feldzug aber hat 32 Wochen erfüllt, und
wenn nun auch nicht der Schluß gezogen werden soll, daß bis zur Beendigung
des Buches zehnmal so viel Zeit verstreichen werde, als man für die Schilde¬
rung jener drei ersten Wochen bedurft hat, so läßt sich doch sicherlich auf eine
schnelle Erledigung der Riesenaufgabe nicht rechnen.

Unter solchen Umständen wird man immer aufs Neue darauf hingewiesen,
bei dem Bedürfniß eingehender Belehrung sich nach minder officiellen aber
fertigen Büchern umzusehen und aus der ungeheuren Menge derselben die¬
jenigen auszusondern, welche nach Ursprung und BeHandlungsweise auf
Authenticität und wahren kriegsgeschichtlichen Werth Anspruch zu machen haben.
Da sind es denn einige Werke des Mittler'schen Verlages, der sich in Bezug
auf die Kriegsliteratur eines so alten und unbestrittenen Ruhmes erfreut, die
in erster Reihe zu nennen sind.

Für den, der in knapper festgeschlossener, höchst übersichtlicher Form einen
in allem Wesentlichen unanfechtbaren Inhalt sucht, sind in erster Reihe die
einander ergänzenden Werke von Borbstaedt und Blume zu nennen. — Das
Buch des Obersten Borbstaedt'") enthält den Krieg gegen das Kaiser-



") Der deutsch-französische Krieg 1870 bis zu der Katastrophe von Sedan und der Capi-
tulation von Straßburg nach dem inneren Zusammenhange dargestellt von A. Borbstaedt,
Oberst z. D., Redacteur des Militär-Wochenblatts. Berlin 1872. E. S. Mittler und Sohn.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/92>, abgerufen am 23.07.2024.