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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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stand mit Kraft geführt wird. Wir begnügen uns. für diese Provinzen die
nachstehende tabellarische Uebersicht der in den Jahren 1861 und 1867 durch
amtliche Zählung festgestellten Ergebnisse mitzutheilen:



Sonach hat die polnische Bevölkerung während der sechs Jahre von
1861 bis 1867 in den Regierungsbezirken Danzig und Oppeln verhältnißmäßig
zugenommen, in den Regierungsbezirken Marienwerder und Breslau verhält¬
nißmäßig abgenommen, und da für Westpreußen Marienwerder, für Ober¬
schlesien Oppeln wegen der viel größern Zahl der dort wohnenden Polen
entscheidend ist, so zeigen die Zahlen in Westpreußen eine Abnahme, in
Oberschlesien eine Zunahme der Polnisch-Sprechenden. Vermuthlich ist die
Zunahme jedoch nur eine scheinbare, weil 1867 die Polnisch-Sprechenden beim
Militär zum ersten Mal als solche, nicht wie früher unter den Deutschen, mit¬
gezählt wurden. In Oberschlesien sind außerdem einige Tausend Tschechen
1867 nicht, wie früher, als solche, sondern als Polen in Ansatz gekommen.

Anders ist das Verhältniß in- der Provinz Posen. Dort hat im Jahre
1867 keine Zählung nach Sprachen stattgefunden; aber Herr Carl Bräuer
berechnet aus den Zahlen der Kirchen-, Schul-, Militär-Statistik und an¬
deren Angaben, daß das polnische Element von 1861 bis zu dem genannten
Jahre eine entschiedene Erstarkung erfahren hat*).

Im Jahre 1861 wurde nämlich der polnische Antheil an der Bevölkerung
im Reg.-Bez. Bromberg auf 46,6, im Reg.-Bez. Posen auf 58,9 Prozent
festgestellt. Nach Brämers Berechnung betrug er 1867 dort 46,92, hier 69.30
Prozent. Wenn die Polen sich in der ganzen Provinz gleichmäßig, wie in
den frühern Jahren vermehrt hätten, so würden sie 1867 834.400 gezählt
haben, nach Brämers Berechnung waren damals aber ihrer 843,400, also
9000 mehr, vorhanden. Diese Erstarkung des polnischen Elements ist um
so auffallender, als die bisherigen statistischen Ausnahmen seit 1831 oder



") Näheres "Zeitschrift des königl. preuß. Statist. Bureaus." Jahrgang 1871.
Grenzboten 1873. I.

stand mit Kraft geführt wird. Wir begnügen uns. für diese Provinzen die
nachstehende tabellarische Uebersicht der in den Jahren 1861 und 1867 durch
amtliche Zählung festgestellten Ergebnisse mitzutheilen:



Sonach hat die polnische Bevölkerung während der sechs Jahre von
1861 bis 1867 in den Regierungsbezirken Danzig und Oppeln verhältnißmäßig
zugenommen, in den Regierungsbezirken Marienwerder und Breslau verhält¬
nißmäßig abgenommen, und da für Westpreußen Marienwerder, für Ober¬
schlesien Oppeln wegen der viel größern Zahl der dort wohnenden Polen
entscheidend ist, so zeigen die Zahlen in Westpreußen eine Abnahme, in
Oberschlesien eine Zunahme der Polnisch-Sprechenden. Vermuthlich ist die
Zunahme jedoch nur eine scheinbare, weil 1867 die Polnisch-Sprechenden beim
Militär zum ersten Mal als solche, nicht wie früher unter den Deutschen, mit¬
gezählt wurden. In Oberschlesien sind außerdem einige Tausend Tschechen
1867 nicht, wie früher, als solche, sondern als Polen in Ansatz gekommen.

Anders ist das Verhältniß in- der Provinz Posen. Dort hat im Jahre
1867 keine Zählung nach Sprachen stattgefunden; aber Herr Carl Bräuer
berechnet aus den Zahlen der Kirchen-, Schul-, Militär-Statistik und an¬
deren Angaben, daß das polnische Element von 1861 bis zu dem genannten
Jahre eine entschiedene Erstarkung erfahren hat*).

Im Jahre 1861 wurde nämlich der polnische Antheil an der Bevölkerung
im Reg.-Bez. Bromberg auf 46,6, im Reg.-Bez. Posen auf 58,9 Prozent
festgestellt. Nach Brämers Berechnung betrug er 1867 dort 46,92, hier 69.30
Prozent. Wenn die Polen sich in der ganzen Provinz gleichmäßig, wie in
den frühern Jahren vermehrt hätten, so würden sie 1867 834.400 gezählt
haben, nach Brämers Berechnung waren damals aber ihrer 843,400, also
9000 mehr, vorhanden. Diese Erstarkung des polnischen Elements ist um
so auffallender, als die bisherigen statistischen Ausnahmen seit 1831 oder



») Näheres „Zeitschrift des königl. preuß. Statist. Bureaus." Jahrgang 1871.
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[0425] stand mit Kraft geführt wird. Wir begnügen uns. für diese Provinzen die nachstehende tabellarische Uebersicht der in den Jahren 1861 und 1867 durch amtliche Zählung festgestellten Ergebnisse mitzutheilen: Reg. BezirkZahl aller Einwohner 1867Darunter PolenDie polnische Bevöl¬ kerung betrug in Pro¬ zenten der gesammten 1867 1861 515,222137,28526,6524,7 Marienwerder. . .767,620280,45136,5437,5 Breslau ....1,364,63255,1204,044,2 1,241,320744,18959,9558,2 Sonach hat die polnische Bevölkerung während der sechs Jahre von 1861 bis 1867 in den Regierungsbezirken Danzig und Oppeln verhältnißmäßig zugenommen, in den Regierungsbezirken Marienwerder und Breslau verhält¬ nißmäßig abgenommen, und da für Westpreußen Marienwerder, für Ober¬ schlesien Oppeln wegen der viel größern Zahl der dort wohnenden Polen entscheidend ist, so zeigen die Zahlen in Westpreußen eine Abnahme, in Oberschlesien eine Zunahme der Polnisch-Sprechenden. Vermuthlich ist die Zunahme jedoch nur eine scheinbare, weil 1867 die Polnisch-Sprechenden beim Militär zum ersten Mal als solche, nicht wie früher unter den Deutschen, mit¬ gezählt wurden. In Oberschlesien sind außerdem einige Tausend Tschechen 1867 nicht, wie früher, als solche, sondern als Polen in Ansatz gekommen. Anders ist das Verhältniß in- der Provinz Posen. Dort hat im Jahre 1867 keine Zählung nach Sprachen stattgefunden; aber Herr Carl Bräuer berechnet aus den Zahlen der Kirchen-, Schul-, Militär-Statistik und an¬ deren Angaben, daß das polnische Element von 1861 bis zu dem genannten Jahre eine entschiedene Erstarkung erfahren hat*). Im Jahre 1861 wurde nämlich der polnische Antheil an der Bevölkerung im Reg.-Bez. Bromberg auf 46,6, im Reg.-Bez. Posen auf 58,9 Prozent festgestellt. Nach Brämers Berechnung betrug er 1867 dort 46,92, hier 69.30 Prozent. Wenn die Polen sich in der ganzen Provinz gleichmäßig, wie in den frühern Jahren vermehrt hätten, so würden sie 1867 834.400 gezählt haben, nach Brämers Berechnung waren damals aber ihrer 843,400, also 9000 mehr, vorhanden. Diese Erstarkung des polnischen Elements ist um so auffallender, als die bisherigen statistischen Ausnahmen seit 1831 oder ») Näheres „Zeitschrift des königl. preuß. Statist. Bureaus." Jahrgang 1871. Grenzboten 1873. I.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/425>, abgerufen am 25.08.2024.