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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Lause des letzten Jahres wurden von denselben über 11^ Millionen Flaschen
innerhalb des Kreises ihrer Collegen verkauft.

Vor zwanzig Jahren betrug die Champagnerausfuhr nach fremden Län¬
dern 5,957,532, der heimische Verbrauch 2,162,880 Flaschen. Zehn Jahre
nachher hatte der Verbrauch im Auslande um ungefähr eine Million, der im
Inlands um eine halbe Million zugenommen. Im Jahre des Krieges belief
sich die Ausfuhr nur auf 7,544,323 und der inländische Verbrauch (trotz der
Gierigkeit, welche die Deutschen in Betreff des Schaumweins der Champagne
entwickelt haben sollen) auf nicht mehr als 1,633,941 Flaschen. Um diese
zeitweilige Unterbrechung des Geschäfts gewissermaßen wieder gut zu machen,
gingen im letztverwichenen Jahre nicht weniger als 17,001,124 Flaschen ins
Ausland, von denen Großbritannien allein zwischen drei und vier Millionen
consumirt haben soll, und 3,367,537 wurden (trotz der Kriegsentschädigung
von fünf Milliarden und des Geschreies über die Höhe derselben) in Frankreich
selbst vertilgt, was die ungeheure Gesammtsumme von mehr als zwanzig
Millionen Flaschen ergiebt.

Diese gewaltige Zunahme der Champagner-Consumtion hat die Cham¬
pagnerfabrikanten in den letzten Jahren bewogen, ihre Zuflucht zu den ge¬
ringeren Weinen des Departements zu nehmen, die bis dahin niemals aufge¬
fordert worden waren, ihre Beisteuer zur Sect-Fabrikation zu geben. Das
gesammte Weinerträgniß des Departements der Marne beträgt durchschnitt¬
lich zehn Millionen Gallonen, wovon beinahe ein Drittel oder 20,368,661
Flaschen nach den Berichten des letzten Jahres in Schaumwein verwandelt
werden. Jahr auf Jahr hat das Verhältniß des moussirenden zum nicht-
moussirenden Weine sich verändert, bis nunmehr fast jede Gallone des im
Departement der Marne gebauten und zur Fabrikation des Champagners
tauglichen Weines, deren man habhaft werden kann, herangezogen wird. Außer¬
dem aber bedient man sich jetzt bei dieser Fabrikation auch südlicher Weine,
die man mit dem heimischen Gewächs mischt, und aus denen die wohlfeileren
Sorten des Champagners entstehen. Mehr als ein Viertel der gesammten
Champagner-Production enthält solche Weine aus den südlichen Departe¬
ments.

Von der enormen Steigerung der Preise für die rohen Weine, aus denen
der Champagner bereitet wird, kann man sich bei einem Ueberblick über ti?
Tabellen eine Idee machen, welche sich auf das berühmte Lru ä'^ beziehen.
1820 wurde das Faß von 44 Gallonen für 50 Francs verkauft, die Gallone
also für ungefähr 9 Silbergroschen. Zwanzig Jahre später kostete das Faß
125 und wiederum nach zwanzig Jahren kostete es 250 Francs. Nach wei¬
teren zwölf Jahren, d. h. im letzten Herbst war der Preis auf 850 Francs
für das Faß, auf nahezu 20 Francs für die Gallone und auf fast 3Vs Francs


Lause des letzten Jahres wurden von denselben über 11^ Millionen Flaschen
innerhalb des Kreises ihrer Collegen verkauft.

Vor zwanzig Jahren betrug die Champagnerausfuhr nach fremden Län¬
dern 5,957,532, der heimische Verbrauch 2,162,880 Flaschen. Zehn Jahre
nachher hatte der Verbrauch im Auslande um ungefähr eine Million, der im
Inlands um eine halbe Million zugenommen. Im Jahre des Krieges belief
sich die Ausfuhr nur auf 7,544,323 und der inländische Verbrauch (trotz der
Gierigkeit, welche die Deutschen in Betreff des Schaumweins der Champagne
entwickelt haben sollen) auf nicht mehr als 1,633,941 Flaschen. Um diese
zeitweilige Unterbrechung des Geschäfts gewissermaßen wieder gut zu machen,
gingen im letztverwichenen Jahre nicht weniger als 17,001,124 Flaschen ins
Ausland, von denen Großbritannien allein zwischen drei und vier Millionen
consumirt haben soll, und 3,367,537 wurden (trotz der Kriegsentschädigung
von fünf Milliarden und des Geschreies über die Höhe derselben) in Frankreich
selbst vertilgt, was die ungeheure Gesammtsumme von mehr als zwanzig
Millionen Flaschen ergiebt.

Diese gewaltige Zunahme der Champagner-Consumtion hat die Cham¬
pagnerfabrikanten in den letzten Jahren bewogen, ihre Zuflucht zu den ge¬
ringeren Weinen des Departements zu nehmen, die bis dahin niemals aufge¬
fordert worden waren, ihre Beisteuer zur Sect-Fabrikation zu geben. Das
gesammte Weinerträgniß des Departements der Marne beträgt durchschnitt¬
lich zehn Millionen Gallonen, wovon beinahe ein Drittel oder 20,368,661
Flaschen nach den Berichten des letzten Jahres in Schaumwein verwandelt
werden. Jahr auf Jahr hat das Verhältniß des moussirenden zum nicht-
moussirenden Weine sich verändert, bis nunmehr fast jede Gallone des im
Departement der Marne gebauten und zur Fabrikation des Champagners
tauglichen Weines, deren man habhaft werden kann, herangezogen wird. Außer¬
dem aber bedient man sich jetzt bei dieser Fabrikation auch südlicher Weine,
die man mit dem heimischen Gewächs mischt, und aus denen die wohlfeileren
Sorten des Champagners entstehen. Mehr als ein Viertel der gesammten
Champagner-Production enthält solche Weine aus den südlichen Departe¬
ments.

Von der enormen Steigerung der Preise für die rohen Weine, aus denen
der Champagner bereitet wird, kann man sich bei einem Ueberblick über ti?
Tabellen eine Idee machen, welche sich auf das berühmte Lru ä'^ beziehen.
1820 wurde das Faß von 44 Gallonen für 50 Francs verkauft, die Gallone
also für ungefähr 9 Silbergroschen. Zwanzig Jahre später kostete das Faß
125 und wiederum nach zwanzig Jahren kostete es 250 Francs. Nach wei¬
teren zwölf Jahren, d. h. im letzten Herbst war der Preis auf 850 Francs
für das Faß, auf nahezu 20 Francs für die Gallone und auf fast 3Vs Francs


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[0312] Lause des letzten Jahres wurden von denselben über 11^ Millionen Flaschen innerhalb des Kreises ihrer Collegen verkauft. Vor zwanzig Jahren betrug die Champagnerausfuhr nach fremden Län¬ dern 5,957,532, der heimische Verbrauch 2,162,880 Flaschen. Zehn Jahre nachher hatte der Verbrauch im Auslande um ungefähr eine Million, der im Inlands um eine halbe Million zugenommen. Im Jahre des Krieges belief sich die Ausfuhr nur auf 7,544,323 und der inländische Verbrauch (trotz der Gierigkeit, welche die Deutschen in Betreff des Schaumweins der Champagne entwickelt haben sollen) auf nicht mehr als 1,633,941 Flaschen. Um diese zeitweilige Unterbrechung des Geschäfts gewissermaßen wieder gut zu machen, gingen im letztverwichenen Jahre nicht weniger als 17,001,124 Flaschen ins Ausland, von denen Großbritannien allein zwischen drei und vier Millionen consumirt haben soll, und 3,367,537 wurden (trotz der Kriegsentschädigung von fünf Milliarden und des Geschreies über die Höhe derselben) in Frankreich selbst vertilgt, was die ungeheure Gesammtsumme von mehr als zwanzig Millionen Flaschen ergiebt. Diese gewaltige Zunahme der Champagner-Consumtion hat die Cham¬ pagnerfabrikanten in den letzten Jahren bewogen, ihre Zuflucht zu den ge¬ ringeren Weinen des Departements zu nehmen, die bis dahin niemals aufge¬ fordert worden waren, ihre Beisteuer zur Sect-Fabrikation zu geben. Das gesammte Weinerträgniß des Departements der Marne beträgt durchschnitt¬ lich zehn Millionen Gallonen, wovon beinahe ein Drittel oder 20,368,661 Flaschen nach den Berichten des letzten Jahres in Schaumwein verwandelt werden. Jahr auf Jahr hat das Verhältniß des moussirenden zum nicht- moussirenden Weine sich verändert, bis nunmehr fast jede Gallone des im Departement der Marne gebauten und zur Fabrikation des Champagners tauglichen Weines, deren man habhaft werden kann, herangezogen wird. Außer¬ dem aber bedient man sich jetzt bei dieser Fabrikation auch südlicher Weine, die man mit dem heimischen Gewächs mischt, und aus denen die wohlfeileren Sorten des Champagners entstehen. Mehr als ein Viertel der gesammten Champagner-Production enthält solche Weine aus den südlichen Departe¬ ments. Von der enormen Steigerung der Preise für die rohen Weine, aus denen der Champagner bereitet wird, kann man sich bei einem Ueberblick über ti? Tabellen eine Idee machen, welche sich auf das berühmte Lru ä'^ beziehen. 1820 wurde das Faß von 44 Gallonen für 50 Francs verkauft, die Gallone also für ungefähr 9 Silbergroschen. Zwanzig Jahre später kostete das Faß 125 und wiederum nach zwanzig Jahren kostete es 250 Francs. Nach wei¬ teren zwölf Jahren, d. h. im letzten Herbst war der Preis auf 850 Francs für das Faß, auf nahezu 20 Francs für die Gallone und auf fast 3Vs Francs

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/312>, abgerufen am 24.08.2024.