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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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Straßen und Wege, deren es zu jeder Art von Fortschritt am dringendsten
bedarf. Auch die Verdichtung der hannoverschen Eisenbahnnetze, die neuer¬
dings so rapide vor sich geht, ist zum Theil seinem einflußreichen Bemühen
in Berlin zu danken.

Sicherlich steht der rüstige maßvolle Führer der nationalliberalen Partei
heute noch nicht auf dem Gipfel seiner politischen Laufbahn. Viel darf das
Vaterland noch von ihm erwarten.




Khinesische Politik.

Je enger unsere diplomatischen und Handelsbeziehungen zu Dstasien
werden, desto mehr ist es am Platze auch die politischen Vorgänge in China
und Japan zu verfolgen, von denen eine gedeihliche Verbindung mit jenen
beiden Reichen bedingt wird. Während nun in Japan das größte Entgegen¬
kommen herrscht und das Reich des Mikado so zu sagen einen europäischen
Zuschnitt erhält, findet im Blumenreiche der Mitte geradezu das Gegentheil
statt. Hier verhält man sich ablehnend, weicht nur gezwungen, Schritt für
Schritt dem Fremden, sucht ihn hinzuhalten und zu hintergehen. Gerade jetzt
sind die Dinge zu einer Krisis gediehen, bei welcher Deutschland mit bethei¬
ligt ist, und es wird daher gut sein, einmal die Beziehungen Chinas zu
den Mächten, wie sie in der Gegenwart sich gestaltet haben, auseinander¬
zusetzen.

Die Heirath des jungen Kaisers von China, welche am 16. October 1872
stattfand, ist ein Ereigniß von großer politischer Tragweite. Bei uns hat die
Vermählung eines Herrschers nur wenig mit der Politik noch zu thun und
ist eine Sache von vorübergehender Bedeutung im Völkerleben. Anders in
China. Hier war vor zwölf Jahren nach dem frühzeitigen Tode des vorigen
Kaisers Hier Fung, der an gebrochenem Herzen über die Niederlage starb,
die er durch England und Frankreich erlitten, die Regierung in die Hände
einer Regentschaft übergegangen. Der Thronerbe war nämlich ein Knabe
von nur sechs Jahren und die Regentschaft, welche, wie es anfangs hieß,
durch kaiserliches Testament eingesetzt war, wurde von acht Personen von
Geblüt und hohen Würdenträgern ausgeübt. Gegen das Ende des Jahres
1861 wurde indessen die Welt durch einen chinesischen Staatsstreich überrascht.
Der Oheim des jungen Kaisers nämlich, Prinz Kong, schon bekannt durch
die Friedensverhandlungen, die er 1860 mit den europäischen Mächten geführt


Straßen und Wege, deren es zu jeder Art von Fortschritt am dringendsten
bedarf. Auch die Verdichtung der hannoverschen Eisenbahnnetze, die neuer¬
dings so rapide vor sich geht, ist zum Theil seinem einflußreichen Bemühen
in Berlin zu danken.

Sicherlich steht der rüstige maßvolle Führer der nationalliberalen Partei
heute noch nicht auf dem Gipfel seiner politischen Laufbahn. Viel darf das
Vaterland noch von ihm erwarten.




Khinesische Politik.

Je enger unsere diplomatischen und Handelsbeziehungen zu Dstasien
werden, desto mehr ist es am Platze auch die politischen Vorgänge in China
und Japan zu verfolgen, von denen eine gedeihliche Verbindung mit jenen
beiden Reichen bedingt wird. Während nun in Japan das größte Entgegen¬
kommen herrscht und das Reich des Mikado so zu sagen einen europäischen
Zuschnitt erhält, findet im Blumenreiche der Mitte geradezu das Gegentheil
statt. Hier verhält man sich ablehnend, weicht nur gezwungen, Schritt für
Schritt dem Fremden, sucht ihn hinzuhalten und zu hintergehen. Gerade jetzt
sind die Dinge zu einer Krisis gediehen, bei welcher Deutschland mit bethei¬
ligt ist, und es wird daher gut sein, einmal die Beziehungen Chinas zu
den Mächten, wie sie in der Gegenwart sich gestaltet haben, auseinander¬
zusetzen.

Die Heirath des jungen Kaisers von China, welche am 16. October 1872
stattfand, ist ein Ereigniß von großer politischer Tragweite. Bei uns hat die
Vermählung eines Herrschers nur wenig mit der Politik noch zu thun und
ist eine Sache von vorübergehender Bedeutung im Völkerleben. Anders in
China. Hier war vor zwölf Jahren nach dem frühzeitigen Tode des vorigen
Kaisers Hier Fung, der an gebrochenem Herzen über die Niederlage starb,
die er durch England und Frankreich erlitten, die Regierung in die Hände
einer Regentschaft übergegangen. Der Thronerbe war nämlich ein Knabe
von nur sechs Jahren und die Regentschaft, welche, wie es anfangs hieß,
durch kaiserliches Testament eingesetzt war, wurde von acht Personen von
Geblüt und hohen Würdenträgern ausgeübt. Gegen das Ende des Jahres
1861 wurde indessen die Welt durch einen chinesischen Staatsstreich überrascht.
Der Oheim des jungen Kaisers nämlich, Prinz Kong, schon bekannt durch
die Friedensverhandlungen, die er 1860 mit den europäischen Mächten geführt


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[0023] Straßen und Wege, deren es zu jeder Art von Fortschritt am dringendsten bedarf. Auch die Verdichtung der hannoverschen Eisenbahnnetze, die neuer¬ dings so rapide vor sich geht, ist zum Theil seinem einflußreichen Bemühen in Berlin zu danken. Sicherlich steht der rüstige maßvolle Führer der nationalliberalen Partei heute noch nicht auf dem Gipfel seiner politischen Laufbahn. Viel darf das Vaterland noch von ihm erwarten. Khinesische Politik. Je enger unsere diplomatischen und Handelsbeziehungen zu Dstasien werden, desto mehr ist es am Platze auch die politischen Vorgänge in China und Japan zu verfolgen, von denen eine gedeihliche Verbindung mit jenen beiden Reichen bedingt wird. Während nun in Japan das größte Entgegen¬ kommen herrscht und das Reich des Mikado so zu sagen einen europäischen Zuschnitt erhält, findet im Blumenreiche der Mitte geradezu das Gegentheil statt. Hier verhält man sich ablehnend, weicht nur gezwungen, Schritt für Schritt dem Fremden, sucht ihn hinzuhalten und zu hintergehen. Gerade jetzt sind die Dinge zu einer Krisis gediehen, bei welcher Deutschland mit bethei¬ ligt ist, und es wird daher gut sein, einmal die Beziehungen Chinas zu den Mächten, wie sie in der Gegenwart sich gestaltet haben, auseinander¬ zusetzen. Die Heirath des jungen Kaisers von China, welche am 16. October 1872 stattfand, ist ein Ereigniß von großer politischer Tragweite. Bei uns hat die Vermählung eines Herrschers nur wenig mit der Politik noch zu thun und ist eine Sache von vorübergehender Bedeutung im Völkerleben. Anders in China. Hier war vor zwölf Jahren nach dem frühzeitigen Tode des vorigen Kaisers Hier Fung, der an gebrochenem Herzen über die Niederlage starb, die er durch England und Frankreich erlitten, die Regierung in die Hände einer Regentschaft übergegangen. Der Thronerbe war nämlich ein Knabe von nur sechs Jahren und die Regentschaft, welche, wie es anfangs hieß, durch kaiserliches Testament eingesetzt war, wurde von acht Personen von Geblüt und hohen Würdenträgern ausgeübt. Gegen das Ende des Jahres 1861 wurde indessen die Welt durch einen chinesischen Staatsstreich überrascht. Der Oheim des jungen Kaisers nämlich, Prinz Kong, schon bekannt durch die Friedensverhandlungen, die er 1860 mit den europäischen Mächten geführt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/23>, abgerufen am 24.08.2024.