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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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mit Mauern und Basteien befestigte Stadt, wie Sciacca nach dem Jahre 1624
es war, mit offener Gewalt einnehmen und Perollo in seiner eigenen Burg
angreifen zu wollen und zwar inmitten einer ihm allgemein geneigten Bevöl¬
kerung, erschien als ein zu gewagtes Unternehmen. Man beschloß daher, ihm mit
wenigen, ausgewählten Leuten einen Hinterhalt zu legen und ihn dann bei
günstiger Gelegenheit in denselben zu locken, weshalb Sigismund sich mit etwa
hundert Reitern ganz ruhig nach der Stadt auf den Weg begab. Ein großer
Theil seiner Leute schlich sich dann wirklich in die Stadt -- doch wurde
ihre Anwesenheit bei einer blutigen Wirthshausrauferei entdeckt und der
Ueberfall dadurch vereitelt.

Durch die wachsende Kühnheit seiner Feinde in Unruhe versetzt, schrieb
der Baron Perollo an den Mcekönig in Messina und meldete ihm das Vor¬
gefallene, wobei er ihn um Beistand und Abhülfe anging. Dieser entsandte
Girolamo Statella, Baron von Mongellino, als Polizeihauptmann (capitano
ä'al-me), der in Begleitung einer Schar Schreiber und Häscher sich nach
Sciacca begab. Dort lehnte er unter dem Scheine unparteiischer Gerechtigkeit
die Wohnung ab, welche Giacomo ihm in seinem Schlosse anbot. Dem Grafen
Luna befahl er die Entlassung der zusammengebrachten Banden, und die Aus¬
lieferung der Missethäter. Dabei versprach er jedoch, der damals gewöhnlichen
Rücksicht gegen Vornehme gemäß, dem Grafen unter der Hand, über das, was
ihm persönlich zur Last gelegt wurde, vollständig die Augen zu schließen, wenn
er unverzüglich Gehorsam leiste. Sigismund zauderte und suchte Ausflüchte.
Da sandte Perollo auch seinen seinen ältesten Sohn Federigo in Begleitung
von sechzig Reitern nach Messina. um von dem Mcekönig festere Entschlüsse
und kräftigere Maßregeln zu erwirken. Gerade dadurch wurde die verhäng-
nißvolle Katastrophe beschleunigt. Denn die Rathgeber des Grafen Luna
stellten ihm vor, jetzt oder nie müsse er der Sache einmal ein Ende machen;
durch die Abwesenheit Frederigo's und der ihn begleitenden Eskorte sei Pe¬
rollo des tapfersten Theiles seiner Leute beraubt. Wenn man zögere, bis
ihm neue Mannschaft der Regierung zu Hilfe käme, könne man nie einen
glücklichen Ausgang erwarten. Es bedürfte kaum dieser Anreizungen. Nach¬
dem Luna am Abend des 18. Juli des Jahres 1S29 auf seinem Lehngut
Verdura zwischen Caltabellotta und Sciacca eine allgemeine Musterung der
Seinigen abgehalten, die sich zusammen aus zweihundert Bewaffnete zu Fuß
und zu Roß beliefen, feste er sich zur selben Stunde in Marsch nach Sciacca.
Er theilte seine Leute in zwei Schaaren unter seiner und des Jmpugiades
Anführung, von denen letzterer, in der Nähe der Stadt angelangt, mit seiner
Mannschaft die Mauer entlang reitend, bei dem in der Vorstadt gelegenen
Kloster den" (Ziumnuriö Posto fassen sollte, um von dieser Seite die Aus-


mit Mauern und Basteien befestigte Stadt, wie Sciacca nach dem Jahre 1624
es war, mit offener Gewalt einnehmen und Perollo in seiner eigenen Burg
angreifen zu wollen und zwar inmitten einer ihm allgemein geneigten Bevöl¬
kerung, erschien als ein zu gewagtes Unternehmen. Man beschloß daher, ihm mit
wenigen, ausgewählten Leuten einen Hinterhalt zu legen und ihn dann bei
günstiger Gelegenheit in denselben zu locken, weshalb Sigismund sich mit etwa
hundert Reitern ganz ruhig nach der Stadt auf den Weg begab. Ein großer
Theil seiner Leute schlich sich dann wirklich in die Stadt — doch wurde
ihre Anwesenheit bei einer blutigen Wirthshausrauferei entdeckt und der
Ueberfall dadurch vereitelt.

Durch die wachsende Kühnheit seiner Feinde in Unruhe versetzt, schrieb
der Baron Perollo an den Mcekönig in Messina und meldete ihm das Vor¬
gefallene, wobei er ihn um Beistand und Abhülfe anging. Dieser entsandte
Girolamo Statella, Baron von Mongellino, als Polizeihauptmann (capitano
ä'al-me), der in Begleitung einer Schar Schreiber und Häscher sich nach
Sciacca begab. Dort lehnte er unter dem Scheine unparteiischer Gerechtigkeit
die Wohnung ab, welche Giacomo ihm in seinem Schlosse anbot. Dem Grafen
Luna befahl er die Entlassung der zusammengebrachten Banden, und die Aus¬
lieferung der Missethäter. Dabei versprach er jedoch, der damals gewöhnlichen
Rücksicht gegen Vornehme gemäß, dem Grafen unter der Hand, über das, was
ihm persönlich zur Last gelegt wurde, vollständig die Augen zu schließen, wenn
er unverzüglich Gehorsam leiste. Sigismund zauderte und suchte Ausflüchte.
Da sandte Perollo auch seinen seinen ältesten Sohn Federigo in Begleitung
von sechzig Reitern nach Messina. um von dem Mcekönig festere Entschlüsse
und kräftigere Maßregeln zu erwirken. Gerade dadurch wurde die verhäng-
nißvolle Katastrophe beschleunigt. Denn die Rathgeber des Grafen Luna
stellten ihm vor, jetzt oder nie müsse er der Sache einmal ein Ende machen;
durch die Abwesenheit Frederigo's und der ihn begleitenden Eskorte sei Pe¬
rollo des tapfersten Theiles seiner Leute beraubt. Wenn man zögere, bis
ihm neue Mannschaft der Regierung zu Hilfe käme, könne man nie einen
glücklichen Ausgang erwarten. Es bedürfte kaum dieser Anreizungen. Nach¬
dem Luna am Abend des 18. Juli des Jahres 1S29 auf seinem Lehngut
Verdura zwischen Caltabellotta und Sciacca eine allgemeine Musterung der
Seinigen abgehalten, die sich zusammen aus zweihundert Bewaffnete zu Fuß
und zu Roß beliefen, feste er sich zur selben Stunde in Marsch nach Sciacca.
Er theilte seine Leute in zwei Schaaren unter seiner und des Jmpugiades
Anführung, von denen letzterer, in der Nähe der Stadt angelangt, mit seiner
Mannschaft die Mauer entlang reitend, bei dem in der Vorstadt gelegenen
Kloster den« (Ziumnuriö Posto fassen sollte, um von dieser Seite die Aus-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/176>, abgerufen am 24.08.2024.