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Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band.

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wandten des Königs Martin I. sj- 1409) herbei. Letzterer, dem Niccolo Peralta
in seinem Testamente das Wohl seiner Familie dringend anempfohlen hatte,
gab zu der Vermählung Margherita's mit Areale bereitwillig seine Zu¬
stimmung, indem er sogar in eigener Person das Brautpaar zum Altar
führte. Dieser Ehebund hatte die verderblichsten Folgen. Giovanni Perollo
nämlich, Herr von Castellamare del Golfo, ein Nachkomme jener ersten Be¬
sitzer von Sciacca, hatte sich auf die Hand der anmuthigen Margherita
Hoffnung gemacht und wurde nun von tiefem/ unversöhnlichem Groll gegen
den glücklichen Nebenbuhler erfüllt. Dazu kam noch der wüthende Parteihaß,
der damals die Insel spaltete. Perollo der von dem alten sicilianischen Adel ab¬
stammte, sah in Luna nur einen jener fremden Eindringlinge, welche herbei¬
geströmt waren, um in Sieilien ihr Glück zu machen und ihren Hochmuth
zur Schau zu tragen. So lange König Martin lebte, sah sich der in seinen
Wünschen getäuschte Giovanni zum Schweigen und zur Verstellung gezwungen;
kaum aber war jener gestorben, so ließ er seinen feindseligen Gefühlen die
Zügel schießen. Bereits bei der Todtenfeier, welche in der Hauptkirche von
Sciacca für den verstorbenen Monarchen gehalten wurde, wäre es zwischen
den beiden Rivalen und ihrem Gefolge fast zum blutigen Handgemenge ge¬
kommen. Es unterblieb -- allein schon wenige Tage darauf kehrte Areale aus den
Bädern von San Calogero, wohin er sich begeben hatte, fahl und entstellt zurück
und verschied bald nachher unter schrecklichen Krämpfen. Das Gerücht sprach von
heimlicher Missethat, von Gift, das ein wohlbekannter Todfeind desselben ihm
bereitet habe, und Perollo wies zwar die Anklage zurück, indeß ohne zu
überzeugen, während seine hohe Stellung und die gerade damals das König¬
reich zerrüttenden bürgerlichen Unruhen jede Untersuchung hinderten. Kurz
darauf starb auch Perollo, in seinem kaum fünfzehnjährigen Sohn Pietro aber
lebte der Groll des Vaters fort. Andererseits hinterließ Areale einen gleich¬
falls sehr jungen Sohn, Namens Antonio, der den Tod seines gemordeten
Vaters zu rächen hatte.

Beide wuchsen heran. Luna trat mit Ansprüchen auf die im Besitz
Perollo's'befindliche Grafschaft San Bartolomeo hervor, und machte wegen
derselben einen Proceß anhängig, den er gewann. Da verschwor sich Pietro
in einer Gesellschaft von vornehmen Herren und Freunden, durch den Tod
des Feindes die Rechnung auszugleichen. Dies erfuhr Antonio, verließ deshalb
die Stadt und zog sich aus seine Güter zurück. Von dort aus entsandte er
Meuchelmörder gegen Pietro, die diesem zuvorkommen und ihn früher um¬
bringen sollten, weshalb letzterer sich seinerseits vorsah und von seinem nahen
Verwandten Enrico Ventimiglia, Grafen von Geraci auf sein Ansuchen einige
hundert Mann Reiter und Fußvolk zu Hilfe gesandt erhielt, die sich, um Auf¬
sehen zu vermeiden, einzeln in die Stadt schlichen. So kam der Monat April


wandten des Königs Martin I. sj- 1409) herbei. Letzterer, dem Niccolo Peralta
in seinem Testamente das Wohl seiner Familie dringend anempfohlen hatte,
gab zu der Vermählung Margherita's mit Areale bereitwillig seine Zu¬
stimmung, indem er sogar in eigener Person das Brautpaar zum Altar
führte. Dieser Ehebund hatte die verderblichsten Folgen. Giovanni Perollo
nämlich, Herr von Castellamare del Golfo, ein Nachkomme jener ersten Be¬
sitzer von Sciacca, hatte sich auf die Hand der anmuthigen Margherita
Hoffnung gemacht und wurde nun von tiefem/ unversöhnlichem Groll gegen
den glücklichen Nebenbuhler erfüllt. Dazu kam noch der wüthende Parteihaß,
der damals die Insel spaltete. Perollo der von dem alten sicilianischen Adel ab¬
stammte, sah in Luna nur einen jener fremden Eindringlinge, welche herbei¬
geströmt waren, um in Sieilien ihr Glück zu machen und ihren Hochmuth
zur Schau zu tragen. So lange König Martin lebte, sah sich der in seinen
Wünschen getäuschte Giovanni zum Schweigen und zur Verstellung gezwungen;
kaum aber war jener gestorben, so ließ er seinen feindseligen Gefühlen die
Zügel schießen. Bereits bei der Todtenfeier, welche in der Hauptkirche von
Sciacca für den verstorbenen Monarchen gehalten wurde, wäre es zwischen
den beiden Rivalen und ihrem Gefolge fast zum blutigen Handgemenge ge¬
kommen. Es unterblieb — allein schon wenige Tage darauf kehrte Areale aus den
Bädern von San Calogero, wohin er sich begeben hatte, fahl und entstellt zurück
und verschied bald nachher unter schrecklichen Krämpfen. Das Gerücht sprach von
heimlicher Missethat, von Gift, das ein wohlbekannter Todfeind desselben ihm
bereitet habe, und Perollo wies zwar die Anklage zurück, indeß ohne zu
überzeugen, während seine hohe Stellung und die gerade damals das König¬
reich zerrüttenden bürgerlichen Unruhen jede Untersuchung hinderten. Kurz
darauf starb auch Perollo, in seinem kaum fünfzehnjährigen Sohn Pietro aber
lebte der Groll des Vaters fort. Andererseits hinterließ Areale einen gleich¬
falls sehr jungen Sohn, Namens Antonio, der den Tod seines gemordeten
Vaters zu rächen hatte.

Beide wuchsen heran. Luna trat mit Ansprüchen auf die im Besitz
Perollo's'befindliche Grafschaft San Bartolomeo hervor, und machte wegen
derselben einen Proceß anhängig, den er gewann. Da verschwor sich Pietro
in einer Gesellschaft von vornehmen Herren und Freunden, durch den Tod
des Feindes die Rechnung auszugleichen. Dies erfuhr Antonio, verließ deshalb
die Stadt und zog sich aus seine Güter zurück. Von dort aus entsandte er
Meuchelmörder gegen Pietro, die diesem zuvorkommen und ihn früher um¬
bringen sollten, weshalb letzterer sich seinerseits vorsah und von seinem nahen
Verwandten Enrico Ventimiglia, Grafen von Geraci auf sein Ansuchen einige
hundert Mann Reiter und Fußvolk zu Hilfe gesandt erhielt, die sich, um Auf¬
sehen zu vermeiden, einzeln in die Stadt schlichen. So kam der Monat April


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 32, 1873, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341817_128991/170>, abgerufen am 24.08.2024.