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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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6 Schwadronen gebracht. Auch die wenig populäre Karäo imporialo wuchs
langsam an und bestand beim Ausbruch des italienischen Krieges aus 2 Di¬
visionen Infanterie, einer Division Cavallerie, einer Division Artillerie und
einer Genie-Abtheilung, im Ganzen 30,000 Mann Elitetruppen, welche nicht
nach dem Zollmaß oder der Körperschönheit, sondern aus den Tüchtigsten,
Bestgedienten aller Waffen der Armee ausgesucht und, mit sorgfältig
gewählten Offizieren besetzt, durch höheren Rang und höheren Sold als die
Linie an die Person des Kaisers attachirt wurden. So umfaßte die active
Armee 382 Bataillone Infanterie, 3 Bataillone Pontoniere, 403 Escadrons,
153 Batterien, von denen 36 reitende, und 3 Regimenter Genietruppen, d. h.
(ohne Trains u. f. w) an Combatt arten 396,000 Mann mit 918 Feld¬
geschützen. Auf 30 Soldaten kam durchschnittlich 1 Offizier.

Als der Krieg mit Oesterreich ausbrach, standen von den 396,000 Com-
battanten 380,000 unter Waffen und außerdem befanden sich etwa 1S0,000
Mann auf eonM renouvolMs. (Berge. Seite SS). Die Zahl der Eronerirten
war 42,217, für welche nur 13,713 Rengage's in den Reihen standen. Die
Aushebung des Jahres 18S9 war auf 140,000 Mann gebracht. Die 1S0.000
Beurlaubten wurden als Heeresreserve einberufen, aber nur mit großer
Mühe vereinigt; denn sie hielten sich für definitiv befreit und entsprachen
den Erwartungen in keiner Weise. Trotz ihrer Einberufung konnte man da¬
her nur mit 210,000 Mann die Alpen überschreiten, und da Friedens- und
Kriegsformation, Disloeirungs- und Necrutirungs-Rayons sich nicht ent¬
sprachen, so hatte, wie einst die Orient-Armee bei Varna, das Heer seine
Organisation auf italienischem Boden zu vollenden, und stand zu diesem Zwecke
vierzehn Tage lang bei Alessandria in einer zwischen dem Po und dem Ge¬
birge des Montserrat eingeklemmten Stellung mit lauter Desileen hinter sich,
eng concentrirt. Nur der vollständigen Unthätigkeit und Kopflosigkeit der
Oesterreicher hatte sie es zu verdanken, daß sie nicht noch unfertig geschlagen
wurde, wie es ihr 1870 einem thatkräftigen Feinde gegenüber in ähnlicher
Lage geschehen ist. Gyulais Aengstlichkeit, seine fast krankhafte Furcht vor
Umgehungen gestattete den Franzosen den ersten Erfolg im ersten Treffen
(Montebello) und bestärkte sie dadurch wunderbar in ihrer schon mitgebrachten
Siegeszuversicht. Napoleon III. taxirte seinen Feind richtig, als er jenen zehn
Meilen langen Flankenmarsch ,,a ig, barbv 6o I'oniiöwi" ausführte, der an¬
gesichts eines anderen Gegners tödtlich werden mußte für seine Armee, der in
diesem Falle aber nicht nur glücklich gelang, sondern durch das unglaubliche
Zurückgehen der Oestreicher aus der Lomellina noch belohnt wurde wie ein
Sieg. Es kämpften wohl die Götter für Italien und -- <Ma on xorclere
volunt, xnus clomelltvut! -- Wäre es doch sonst in der That unbegreiflich,
daß ein anderer schwerer Fehler Napoleon's III., die so weite Entsendung


6 Schwadronen gebracht. Auch die wenig populäre Karäo imporialo wuchs
langsam an und bestand beim Ausbruch des italienischen Krieges aus 2 Di¬
visionen Infanterie, einer Division Cavallerie, einer Division Artillerie und
einer Genie-Abtheilung, im Ganzen 30,000 Mann Elitetruppen, welche nicht
nach dem Zollmaß oder der Körperschönheit, sondern aus den Tüchtigsten,
Bestgedienten aller Waffen der Armee ausgesucht und, mit sorgfältig
gewählten Offizieren besetzt, durch höheren Rang und höheren Sold als die
Linie an die Person des Kaisers attachirt wurden. So umfaßte die active
Armee 382 Bataillone Infanterie, 3 Bataillone Pontoniere, 403 Escadrons,
153 Batterien, von denen 36 reitende, und 3 Regimenter Genietruppen, d. h.
(ohne Trains u. f. w) an Combatt arten 396,000 Mann mit 918 Feld¬
geschützen. Auf 30 Soldaten kam durchschnittlich 1 Offizier.

Als der Krieg mit Oesterreich ausbrach, standen von den 396,000 Com-
battanten 380,000 unter Waffen und außerdem befanden sich etwa 1S0,000
Mann auf eonM renouvolMs. (Berge. Seite SS). Die Zahl der Eronerirten
war 42,217, für welche nur 13,713 Rengage's in den Reihen standen. Die
Aushebung des Jahres 18S9 war auf 140,000 Mann gebracht. Die 1S0.000
Beurlaubten wurden als Heeresreserve einberufen, aber nur mit großer
Mühe vereinigt; denn sie hielten sich für definitiv befreit und entsprachen
den Erwartungen in keiner Weise. Trotz ihrer Einberufung konnte man da¬
her nur mit 210,000 Mann die Alpen überschreiten, und da Friedens- und
Kriegsformation, Disloeirungs- und Necrutirungs-Rayons sich nicht ent¬
sprachen, so hatte, wie einst die Orient-Armee bei Varna, das Heer seine
Organisation auf italienischem Boden zu vollenden, und stand zu diesem Zwecke
vierzehn Tage lang bei Alessandria in einer zwischen dem Po und dem Ge¬
birge des Montserrat eingeklemmten Stellung mit lauter Desileen hinter sich,
eng concentrirt. Nur der vollständigen Unthätigkeit und Kopflosigkeit der
Oesterreicher hatte sie es zu verdanken, daß sie nicht noch unfertig geschlagen
wurde, wie es ihr 1870 einem thatkräftigen Feinde gegenüber in ähnlicher
Lage geschehen ist. Gyulais Aengstlichkeit, seine fast krankhafte Furcht vor
Umgehungen gestattete den Franzosen den ersten Erfolg im ersten Treffen
(Montebello) und bestärkte sie dadurch wunderbar in ihrer schon mitgebrachten
Siegeszuversicht. Napoleon III. taxirte seinen Feind richtig, als er jenen zehn
Meilen langen Flankenmarsch ,,a ig, barbv 6o I'oniiöwi" ausführte, der an¬
gesichts eines anderen Gegners tödtlich werden mußte für seine Armee, der in
diesem Falle aber nicht nur glücklich gelang, sondern durch das unglaubliche
Zurückgehen der Oestreicher aus der Lomellina noch belohnt wurde wie ein
Sieg. Es kämpften wohl die Götter für Italien und — <Ma on xorclere
volunt, xnus clomelltvut! — Wäre es doch sonst in der That unbegreiflich,
daß ein anderer schwerer Fehler Napoleon's III., die so weite Entsendung


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/67>, abgerufen am 22.07.2024.