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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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vertheilte der Prinz-Präsident mit feierlicher Anrede an die Regimenter von
Paris die wiederhergestellten kaiserlichen Adler, "Emblem und Inbegriff einer
Unsterblichen Vergangenheit der Gloire und des Triumphs!" -- Im Gegen¬
satz zu diesen der Armee gespendeten Belohnungen wurde der National-
garde das Recht genommen, selbst ihre Officiere zu wählen und das Er¬
nennungsrecht der Regierung, resp, dem Präfecten übertragen. Demselben
Mißtrauen in die Bürgerwehr entsprang ein Decret vom 11. Januar 1852,
welches den Titel VI des Gesetzes von 1832 abschaffte. Seitdem existirte in
Frankreich kein gesetzlicher Modus mehr, um die mobile Nationalgarde einzu¬
berufen. Merkwürdig! Diese Militärherrschaft begann mit einer Schwächung
der nationalen Wehrkraft. --

Es war noch nicht lange her, daß General Changarnier in der Natio¬
nalversammlung den Prätendenten mit Hohn und Verachtung überschüttet
und die Versicherung gegeben hatte, daß nicht eine einzige Compagnie die
Waffen für ihn ergreifen würde. -- Und jetzt!? -- Die Armee war in der
Anerkennung des napoleoniden vorangegangen; bald folgten ihr die andern
Stände nach. Bei der Rundreise, welche der Prinz-Präsident durch Frankreich
machte, jubelte ihm überall das Landvolk als dem Nachfolger des großen
Kaisers zu; und wenn er den Kaufleuten von Bordeaux gegenüber die welt¬
berühmte Versicherung gab: I/Lmxir" e'eLt la paix, so übersetzte sie sofort
der französische Witz in: I-'ümxirs c'sse , und war gewiß, nicht fehl¬
zugreifen. Am 21. November wurden 7,800,000 Stimmen für, nur 283,000
gegen die Wiederherstellung des Kaiserreiches abgegeben, und am Jahrestage
des Staatsstreiches bestieg Napoleon III. den Thron. Es war bezeichnend,
daß Se. Arnaud, welcher wie die Generale Magnam und Castellan "in Folge
der außerordentlichen Ansprüche auf öffentliche Dankbarkeit, welche sie sich durch
die im December 1861 geleisteten Dienste erworben" eben zum Marschall er¬
nannt worden war, es war bezeichnend sagen wir, daß der Kriegsminister
vom Balcon des Pavillon de l'Horloge das Plebiscit verlas, welches das Kai¬
serreich wieder herstellte.*)





") Auf die Ernennung zum Marschall beschränkte fich der Dank des Vaterlandes an die
genannten Generale indessen keineswegs. Se. Arnaud wurde überdies Oberhofmeister des
Palastes und Oberstallmeister. Als solcher erhielt er 100,000 Francs, als Kriegsminister 130,000,
als Marschall 40,000, als Senator 30,000, zusammen 300,000 Francs Gehalt. -- Marschall
Magnam, Overjägermeister, bezog 200,000 Francs. -- Entsprechend dotirt waren andere Of¬
ficiere. Oberst Büville, erster Palastpräfect, empfing 12,000 Francs als Genie-Colonel, 45,000
als Palastprciscct, 15,000 als Adjutant, zusammen ca. 75,000 Francs. Der erste Jägermeister,
Oberst Edgar Ney, stand sich auf 95,000 Francs. Ebenso war der erste Stallmeister Oberst
Fleury dotirt -- etwas märchenhafte Stabsofficier-Gehalte.

vertheilte der Prinz-Präsident mit feierlicher Anrede an die Regimenter von
Paris die wiederhergestellten kaiserlichen Adler, „Emblem und Inbegriff einer
Unsterblichen Vergangenheit der Gloire und des Triumphs!" — Im Gegen¬
satz zu diesen der Armee gespendeten Belohnungen wurde der National-
garde das Recht genommen, selbst ihre Officiere zu wählen und das Er¬
nennungsrecht der Regierung, resp, dem Präfecten übertragen. Demselben
Mißtrauen in die Bürgerwehr entsprang ein Decret vom 11. Januar 1852,
welches den Titel VI des Gesetzes von 1832 abschaffte. Seitdem existirte in
Frankreich kein gesetzlicher Modus mehr, um die mobile Nationalgarde einzu¬
berufen. Merkwürdig! Diese Militärherrschaft begann mit einer Schwächung
der nationalen Wehrkraft. —

Es war noch nicht lange her, daß General Changarnier in der Natio¬
nalversammlung den Prätendenten mit Hohn und Verachtung überschüttet
und die Versicherung gegeben hatte, daß nicht eine einzige Compagnie die
Waffen für ihn ergreifen würde. — Und jetzt!? — Die Armee war in der
Anerkennung des napoleoniden vorangegangen; bald folgten ihr die andern
Stände nach. Bei der Rundreise, welche der Prinz-Präsident durch Frankreich
machte, jubelte ihm überall das Landvolk als dem Nachfolger des großen
Kaisers zu; und wenn er den Kaufleuten von Bordeaux gegenüber die welt¬
berühmte Versicherung gab: I/Lmxir« e'eLt la paix, so übersetzte sie sofort
der französische Witz in: I-'ümxirs c'sse , und war gewiß, nicht fehl¬
zugreifen. Am 21. November wurden 7,800,000 Stimmen für, nur 283,000
gegen die Wiederherstellung des Kaiserreiches abgegeben, und am Jahrestage
des Staatsstreiches bestieg Napoleon III. den Thron. Es war bezeichnend,
daß Se. Arnaud, welcher wie die Generale Magnam und Castellan „in Folge
der außerordentlichen Ansprüche auf öffentliche Dankbarkeit, welche sie sich durch
die im December 1861 geleisteten Dienste erworben" eben zum Marschall er¬
nannt worden war, es war bezeichnend sagen wir, daß der Kriegsminister
vom Balcon des Pavillon de l'Horloge das Plebiscit verlas, welches das Kai¬
serreich wieder herstellte.*)





") Auf die Ernennung zum Marschall beschränkte fich der Dank des Vaterlandes an die
genannten Generale indessen keineswegs. Se. Arnaud wurde überdies Oberhofmeister des
Palastes und Oberstallmeister. Als solcher erhielt er 100,000 Francs, als Kriegsminister 130,000,
als Marschall 40,000, als Senator 30,000, zusammen 300,000 Francs Gehalt. — Marschall
Magnam, Overjägermeister, bezog 200,000 Francs. — Entsprechend dotirt waren andere Of¬
ficiere. Oberst Büville, erster Palastpräfect, empfing 12,000 Francs als Genie-Colonel, 45,000
als Palastprciscct, 15,000 als Adjutant, zusammen ca. 75,000 Francs. Der erste Jägermeister,
Oberst Edgar Ney, stand sich auf 95,000 Francs. Ebenso war der erste Stallmeister Oberst
Fleury dotirt — etwas märchenhafte Stabsofficier-Gehalte.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/58>, abgerufen am 22.07.2024.