Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.wenigstens nicht in dem üblichen Sinne gerechtfertigt. Daß Landgraf Philipp Daß Moritz' Gegnerschaft gegen Johann Friedrich und die Schmalkal- Die allgemeine Ordnung sollte auf dem Reichtstäge in Augsburg 1547 In den Augsburger Verhandlungen über diese Angelegenheit machte wenigstens nicht in dem üblichen Sinne gerechtfertigt. Daß Landgraf Philipp Daß Moritz' Gegnerschaft gegen Johann Friedrich und die Schmalkal- Die allgemeine Ordnung sollte auf dem Reichtstäge in Augsburg 1547 In den Augsburger Verhandlungen über diese Angelegenheit machte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128915"/> <p xml:id="ID_1498" prev="#ID_1497"> wenigstens nicht in dem üblichen Sinne gerechtfertigt. Daß Landgraf Philipp<lb/> ins Gefängniß wandern mußte, war nicht Moritz' Wille, ja es war ihm eine<lb/> heftige Kränkung. Sein Fehler war, daß er nicht ordentlich aufgepaßt, nicht<lb/> mißtrauisch genug gewesen war. Auch ein begabter Politiker muß eine Lehr¬<lb/> zeit durchmachen: und damals ertheilte die Staatskunst des Kaisers diesem<lb/> politischen Anfänger eine Lection, die ihm das Blut zu Kopf steigen ließ, die<lb/> ihm den bittersten Stachel für immer einpflanzte. Aber er hat etwas gelernt<lb/> aus diesem Vorgange, er hat nachher seinem kaiserlichen Lehrmeister die Vor¬<lb/> züge seiner Schule selbst bewiesen, in einer Weise, die den Meister noch weit<lb/> übertroffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1499"> Daß Moritz' Gegnerschaft gegen Johann Friedrich und die Schmalkal-<lb/> dener nicht den Abfall vom Protestantismus bedeutet, ist schon ersichtlich aus<lb/> dem, was ich von seinen Verhandlungen mit dem Kaiser erzählt. Als er ins<lb/> Feld zog, betheuerte er seinen Protestantismus noch seinen Landständen, er<lb/> theilte ihnen die Zusage des Kaisers mit, daß eine Religionsveränderung in<lb/> Sachsen nicht verlangt würde. Er hielt im alten wie im neu erworbenen<lb/> Gebiete seine Hand über dem kirchlichen Zustande, wie er bis dahin sich ent¬<lb/> wickelt und festgesetzt hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1500"> Die allgemeine Ordnung sollte auf dem Reichtstäge in Augsburg 1547<lb/> und 1348 erfolgen. Es ist bekannt, wie Karl als Sieger dem Reiche seine<lb/> Entschlüsse damals aufgelegt hat. Die kaiserliche Macht wurde zu einer dem<lb/> Particularismus bedenklichen Höhe gesteigert. Karls Wille regierte in der<lb/> That das Ganze und die Einzelnen. Es ist der Gipfel seines Lebens. Die<lb/> Protestanten wurden gezwungen, das Concil zu beschicken. Und so stark war<lb/> Karl's Stellung, daß er es durchsetzte, von Seiten der alten Kirche einige Con¬<lb/> cessionen den in den Schoß der Kirche zurückkehrenden Ketzern entgegen zu<lb/> bringen. Das sogenannte Augsburger Interim ist sein Werk. Wurde es<lb/> wirklich den einzelnen Landeskirchen auferlegt, wurde sein Inhalt wirklich im<lb/> Leben ausgeführt, so war für den Protestantismus der Anfang vom Ende<lb/> gekommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1501" next="#ID_1502"> In den Augsburger Verhandlungen über diese Angelegenheit machte<lb/> Moritz zunächst die ihm gewährten Concessionen geltend, jene ihm zugesagte<lb/> Duldung einiger nicht verglichenen Artikel und die mit des Kaisers Zustim¬<lb/> mung seinen Landständen garantirte Religionsübung. Nicht von vorneherein<lb/> lehnte er seinerseits die Pflicht ab, die kaiserlichen Vorlagen zu erörtern.<lb/> Nein, er betheuerte mit großer Geschicklichkeit seine persönliche Bereitschaft<lb/> sich dem Kaiser zu fügen. Aber da er doch mit des Kaisers Gutheißen seinem<lb/> Lande bestimmte Zusagen gemacht, so sei er verpflichtet nicht ohne seine Land¬<lb/> stände dem Reichsgesetze sich zu unterwerfen. Eine persönliche Discussion<lb/> zwischen Karl und Moritz hat darüber Statt gefunden. Alles was Karl von</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0461]
wenigstens nicht in dem üblichen Sinne gerechtfertigt. Daß Landgraf Philipp
ins Gefängniß wandern mußte, war nicht Moritz' Wille, ja es war ihm eine
heftige Kränkung. Sein Fehler war, daß er nicht ordentlich aufgepaßt, nicht
mißtrauisch genug gewesen war. Auch ein begabter Politiker muß eine Lehr¬
zeit durchmachen: und damals ertheilte die Staatskunst des Kaisers diesem
politischen Anfänger eine Lection, die ihm das Blut zu Kopf steigen ließ, die
ihm den bittersten Stachel für immer einpflanzte. Aber er hat etwas gelernt
aus diesem Vorgange, er hat nachher seinem kaiserlichen Lehrmeister die Vor¬
züge seiner Schule selbst bewiesen, in einer Weise, die den Meister noch weit
übertroffen.
Daß Moritz' Gegnerschaft gegen Johann Friedrich und die Schmalkal-
dener nicht den Abfall vom Protestantismus bedeutet, ist schon ersichtlich aus
dem, was ich von seinen Verhandlungen mit dem Kaiser erzählt. Als er ins
Feld zog, betheuerte er seinen Protestantismus noch seinen Landständen, er
theilte ihnen die Zusage des Kaisers mit, daß eine Religionsveränderung in
Sachsen nicht verlangt würde. Er hielt im alten wie im neu erworbenen
Gebiete seine Hand über dem kirchlichen Zustande, wie er bis dahin sich ent¬
wickelt und festgesetzt hatte.
Die allgemeine Ordnung sollte auf dem Reichtstäge in Augsburg 1547
und 1348 erfolgen. Es ist bekannt, wie Karl als Sieger dem Reiche seine
Entschlüsse damals aufgelegt hat. Die kaiserliche Macht wurde zu einer dem
Particularismus bedenklichen Höhe gesteigert. Karls Wille regierte in der
That das Ganze und die Einzelnen. Es ist der Gipfel seines Lebens. Die
Protestanten wurden gezwungen, das Concil zu beschicken. Und so stark war
Karl's Stellung, daß er es durchsetzte, von Seiten der alten Kirche einige Con¬
cessionen den in den Schoß der Kirche zurückkehrenden Ketzern entgegen zu
bringen. Das sogenannte Augsburger Interim ist sein Werk. Wurde es
wirklich den einzelnen Landeskirchen auferlegt, wurde sein Inhalt wirklich im
Leben ausgeführt, so war für den Protestantismus der Anfang vom Ende
gekommen.
In den Augsburger Verhandlungen über diese Angelegenheit machte
Moritz zunächst die ihm gewährten Concessionen geltend, jene ihm zugesagte
Duldung einiger nicht verglichenen Artikel und die mit des Kaisers Zustim¬
mung seinen Landständen garantirte Religionsübung. Nicht von vorneherein
lehnte er seinerseits die Pflicht ab, die kaiserlichen Vorlagen zu erörtern.
Nein, er betheuerte mit großer Geschicklichkeit seine persönliche Bereitschaft
sich dem Kaiser zu fügen. Aber da er doch mit des Kaisers Gutheißen seinem
Lande bestimmte Zusagen gemacht, so sei er verpflichtet nicht ohne seine Land¬
stände dem Reichsgesetze sich zu unterwerfen. Eine persönliche Discussion
zwischen Karl und Moritz hat darüber Statt gefunden. Alles was Karl von
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