Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.Und wenn diesen freimüthigen Erklärungen die That gefolgt sein wird, dann Aber nicht erst seit Jahr und Tag hat die russische Kirche die bezeich¬ Andererseits machten sich die neuen Lebenszeichen auch nach außen hin Und wenn diesen freimüthigen Erklärungen die That gefolgt sein wird, dann Aber nicht erst seit Jahr und Tag hat die russische Kirche die bezeich¬ Andererseits machten sich die neuen Lebenszeichen auch nach außen hin <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0344" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128798"/> <p xml:id="ID_1101" prev="#ID_1100"> Und wenn diesen freimüthigen Erklärungen die That gefolgt sein wird, dann<lb/> wird der allgemeine Ruf auch nicht mehr schlechter sein als sie selbst. Denn<lb/> wir dürfen nicht vergessen, daß diese Erklärungen abgegeben worden find, zu<lb/> derselben Zeit, wo von Rom aus durch das Dogma der Unfehlbarkeit eine<lb/> hochmüthige Hierarchie der Gesellschaft und dem Staate den Krieg erklärt!</p><lb/> <p xml:id="ID_1102"> Aber nicht erst seit Jahr und Tag hat die russische Kirche die bezeich¬<lb/> nete Stellung und Haltung gewählt. Schon im Jahre 1862 hatte sich zu<lb/> Moskau ein „Verein der Freunde geistlicher Aufklärung" gebildet, dessen Zweck<lb/> dahin ging: „die Verbreitung und Entwickelung religiös-sittlichen und an¬<lb/> deren Wissens zu fördern, welches den Bedürfnissen des orthodoxen Glaubens<lb/> entspricht, und zwar sowohl unter der Geistlichkeit wie unter den übrigen<lb/> Volksclassen, durch Herausgabe von Schriften religiösen und sittlichen Inhalts<lb/> und kurzer gemeinverständlicher Abhandlungen ähnlicher Art zur Erbauung<lb/> des Volkes, durch Vorlesungen über Gegenstände aus dem Gebiete des ortho¬<lb/> doxen Glaubens, der Kirche und des christlichen Lebens und durch andere<lb/> Mittel." Ohne der Zustimmung der obersten Kirchenbehörde versichert zu<lb/> ein, wäre es unmöglich gewesen, ein derartiges Unternehmen zu beginnen.<lb/> Mit dieser und der alsbald erfolgten Allerhöchsten Bestätigung des Vereins<lb/> war der Grundsatz der kirchlichen Reform und der Theilnahme der Laienwelt<lb/> an der Lösung religiöser Fragen öffentlich anerkannt. In die Oeffentlichkeit<lb/> ist indessen, wenigstens später, von der Wirksamkeit des Vereins nicht mehr<lb/> viel gedrungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1103" next="#ID_1104"> Andererseits machten sich die neuen Lebenszeichen auch nach außen hin<lb/> geltend. Es wurden mit der bischöflichen Kirche in England und Amerika<lb/> Unterhandlungen angeknüpft, um eine Vereinigung mit derselben anzubahnen.<lb/> Diese Unterhandlungen zogen sich in die Länge, wurden abgebrochen und<lb/> wieder aufgenommen und hatten doch für einzelne dringende practische Ver¬<lb/> hältnisse einigen Erfolg. So lief im Herbst 1870 bet dem heiligen spröd,<lb/> der obersten Verwaltungsbehörde der russischen Kirche, von dem Ausschuß<lb/> der amerikanischen Bischöfe ein Schreiben ein, mit dem Vorschlage, für das<lb/> Gebiet Aljaska, also für die ehemals russischen Besitzungen in Nord-Amerika,<lb/> eine beiderseitige Gemeinschaft bei Verabreichung des Abendmahls an die An¬<lb/> gehörigen beider Kirchen einzuführen. Diesem, an sich kleinen Zugeständniß<lb/> war doch eine principielle Bedeutung nicht abzusprechen. Die Vorsicht, mit<lb/> der man zu Werke ging, hatte jedenfalls eine eingehende Prüfung der beiden<lb/> Glaubenslehren und Kirchencinrichtungen im Gefolge, als deren werthvollste<lb/> Frucht hier der Uebertritt des Dr. Overb cet zur griechischen Kirche betrachtet<lb/> wird. Denn dieser hat es nun, mit Genehmigung .des heiligen Synods,<lb/> unternommen, in England innerhalb der anglikanischen Gemeinde unter Bei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0344]
Und wenn diesen freimüthigen Erklärungen die That gefolgt sein wird, dann
wird der allgemeine Ruf auch nicht mehr schlechter sein als sie selbst. Denn
wir dürfen nicht vergessen, daß diese Erklärungen abgegeben worden find, zu
derselben Zeit, wo von Rom aus durch das Dogma der Unfehlbarkeit eine
hochmüthige Hierarchie der Gesellschaft und dem Staate den Krieg erklärt!
Aber nicht erst seit Jahr und Tag hat die russische Kirche die bezeich¬
nete Stellung und Haltung gewählt. Schon im Jahre 1862 hatte sich zu
Moskau ein „Verein der Freunde geistlicher Aufklärung" gebildet, dessen Zweck
dahin ging: „die Verbreitung und Entwickelung religiös-sittlichen und an¬
deren Wissens zu fördern, welches den Bedürfnissen des orthodoxen Glaubens
entspricht, und zwar sowohl unter der Geistlichkeit wie unter den übrigen
Volksclassen, durch Herausgabe von Schriften religiösen und sittlichen Inhalts
und kurzer gemeinverständlicher Abhandlungen ähnlicher Art zur Erbauung
des Volkes, durch Vorlesungen über Gegenstände aus dem Gebiete des ortho¬
doxen Glaubens, der Kirche und des christlichen Lebens und durch andere
Mittel." Ohne der Zustimmung der obersten Kirchenbehörde versichert zu
ein, wäre es unmöglich gewesen, ein derartiges Unternehmen zu beginnen.
Mit dieser und der alsbald erfolgten Allerhöchsten Bestätigung des Vereins
war der Grundsatz der kirchlichen Reform und der Theilnahme der Laienwelt
an der Lösung religiöser Fragen öffentlich anerkannt. In die Oeffentlichkeit
ist indessen, wenigstens später, von der Wirksamkeit des Vereins nicht mehr
viel gedrungen.
Andererseits machten sich die neuen Lebenszeichen auch nach außen hin
geltend. Es wurden mit der bischöflichen Kirche in England und Amerika
Unterhandlungen angeknüpft, um eine Vereinigung mit derselben anzubahnen.
Diese Unterhandlungen zogen sich in die Länge, wurden abgebrochen und
wieder aufgenommen und hatten doch für einzelne dringende practische Ver¬
hältnisse einigen Erfolg. So lief im Herbst 1870 bet dem heiligen spröd,
der obersten Verwaltungsbehörde der russischen Kirche, von dem Ausschuß
der amerikanischen Bischöfe ein Schreiben ein, mit dem Vorschlage, für das
Gebiet Aljaska, also für die ehemals russischen Besitzungen in Nord-Amerika,
eine beiderseitige Gemeinschaft bei Verabreichung des Abendmahls an die An¬
gehörigen beider Kirchen einzuführen. Diesem, an sich kleinen Zugeständniß
war doch eine principielle Bedeutung nicht abzusprechen. Die Vorsicht, mit
der man zu Werke ging, hatte jedenfalls eine eingehende Prüfung der beiden
Glaubenslehren und Kirchencinrichtungen im Gefolge, als deren werthvollste
Frucht hier der Uebertritt des Dr. Overb cet zur griechischen Kirche betrachtet
wird. Denn dieser hat es nun, mit Genehmigung .des heiligen Synods,
unternommen, in England innerhalb der anglikanischen Gemeinde unter Bei-
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