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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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Wir haben im Vorstehenden über die Debatte in Betreff der Arbeiter-
Hülfscassen ausführlich berichtet, weil die officiöse preußische Provinzial-
correspondenz eben jetzt, 14 Tage nach Schluß des Danziger Congresses ge¬
lassen verkündigt, daß die preußische Regierung in der Ausdehnung des
Cassenzwanges oder der Zwangscassen einen Schritt zur Lösung der socialen
Frage erblicke und weil die betreffenden Danziger Verhandlungen über diese
so brennende sociale Frage am eingehendsten und sachlichsten geführt wurden
und schließlich zu einer ziemlich allseitigen Uebereinstimmung führten. Nur
wenn dies der Fall ist, können wir den auf Congressen gefaßten Resolutionen
ein größeres Gewicht beilegen.




Line neue Aaiser-Mlhelm-Mstung.

Als die deutschen Armeen in raschem Siegesfluge das weite Gebiet
zwischen Saarbrück, Rheims, Paris, Dijon und Belfort von den Resten der
französischen Feldarmee gesäubert hatten, trat an allen wichtigeren Punkten
dieses Gebiets, namentlich in den größeren Städten, die deutsche Verwaltung
mit jener Schnelligkeit und jenem schlagfertigen Organisationsgeschick auf,
welches den Franzosen so oft Rufe der Bewunderung abgenöthigt hat. Wie
im Felde die Feldpost "allzeit voran" war, so wurde auch das Postwesen
in dem Occupationsgebiete von allen Administrationszweigen zuerst in Wirk¬
samkeit gesetzt. Kaum hatten die letzten Schüsse verhallen können, kaum die
widerwilligen französischen Receveurs ihre Postschalter zu schließen vermocht,
da erschien bereits die deutsche Post und eröffnete den Franzosen die Ver¬
bindung mit dem großen Verkehrsstrome draußen, dessen Canäle ihnen sonst
viele Monate hindurch hätten verschlossen bleiben müssen. Unzweifelhaft wird
der künftige Geschichtsschreiber des letzten großen Krieges diese Thatsache als
ein Moment von höchster kulturgeschichtlicher Bedeutung hervorheben müssen;
sie steht unseres Wissens einzig da; noch hat kein anderes Volk der alten oder
neuen Zeit während eines Vernichtungskampfes von solchem Umfange seinem
Feinde zugleich mit dem Kanonendonner die Segnungen eines friedlichen Ver¬
kehrs gebracht. Schon am 20. August 1870, unmittelbar nach den ersten ent¬
scheidenden Schlägen unseres Heeres, ließ das General-Postamt zu
Berlin eine besondere Post-Administration für das französische Gebiet zu
Nancy ins Leben treten. Diese Verwaltungsbehörde ging, indem sie das
Landes-Postwesen für Frankreich im Rücken der deutschen Armee unausgesetzt
organisirte, zur erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufgabe später nach Rheims
vor, wo sie ihre Wirksamkeit bis unter die Mauern von Paris ausdehnend


Wir haben im Vorstehenden über die Debatte in Betreff der Arbeiter-
Hülfscassen ausführlich berichtet, weil die officiöse preußische Provinzial-
correspondenz eben jetzt, 14 Tage nach Schluß des Danziger Congresses ge¬
lassen verkündigt, daß die preußische Regierung in der Ausdehnung des
Cassenzwanges oder der Zwangscassen einen Schritt zur Lösung der socialen
Frage erblicke und weil die betreffenden Danziger Verhandlungen über diese
so brennende sociale Frage am eingehendsten und sachlichsten geführt wurden
und schließlich zu einer ziemlich allseitigen Uebereinstimmung führten. Nur
wenn dies der Fall ist, können wir den auf Congressen gefaßten Resolutionen
ein größeres Gewicht beilegen.




Line neue Aaiser-Mlhelm-Mstung.

Als die deutschen Armeen in raschem Siegesfluge das weite Gebiet
zwischen Saarbrück, Rheims, Paris, Dijon und Belfort von den Resten der
französischen Feldarmee gesäubert hatten, trat an allen wichtigeren Punkten
dieses Gebiets, namentlich in den größeren Städten, die deutsche Verwaltung
mit jener Schnelligkeit und jenem schlagfertigen Organisationsgeschick auf,
welches den Franzosen so oft Rufe der Bewunderung abgenöthigt hat. Wie
im Felde die Feldpost „allzeit voran" war, so wurde auch das Postwesen
in dem Occupationsgebiete von allen Administrationszweigen zuerst in Wirk¬
samkeit gesetzt. Kaum hatten die letzten Schüsse verhallen können, kaum die
widerwilligen französischen Receveurs ihre Postschalter zu schließen vermocht,
da erschien bereits die deutsche Post und eröffnete den Franzosen die Ver¬
bindung mit dem großen Verkehrsstrome draußen, dessen Canäle ihnen sonst
viele Monate hindurch hätten verschlossen bleiben müssen. Unzweifelhaft wird
der künftige Geschichtsschreiber des letzten großen Krieges diese Thatsache als
ein Moment von höchster kulturgeschichtlicher Bedeutung hervorheben müssen;
sie steht unseres Wissens einzig da; noch hat kein anderes Volk der alten oder
neuen Zeit während eines Vernichtungskampfes von solchem Umfange seinem
Feinde zugleich mit dem Kanonendonner die Segnungen eines friedlichen Ver¬
kehrs gebracht. Schon am 20. August 1870, unmittelbar nach den ersten ent¬
scheidenden Schlägen unseres Heeres, ließ das General-Postamt zu
Berlin eine besondere Post-Administration für das französische Gebiet zu
Nancy ins Leben treten. Diese Verwaltungsbehörde ging, indem sie das
Landes-Postwesen für Frankreich im Rücken der deutschen Armee unausgesetzt
organisirte, zur erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufgabe später nach Rheims
vor, wo sie ihre Wirksamkeit bis unter die Mauern von Paris ausdehnend


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[0034] Wir haben im Vorstehenden über die Debatte in Betreff der Arbeiter- Hülfscassen ausführlich berichtet, weil die officiöse preußische Provinzial- correspondenz eben jetzt, 14 Tage nach Schluß des Danziger Congresses ge¬ lassen verkündigt, daß die preußische Regierung in der Ausdehnung des Cassenzwanges oder der Zwangscassen einen Schritt zur Lösung der socialen Frage erblicke und weil die betreffenden Danziger Verhandlungen über diese so brennende sociale Frage am eingehendsten und sachlichsten geführt wurden und schließlich zu einer ziemlich allseitigen Uebereinstimmung führten. Nur wenn dies der Fall ist, können wir den auf Congressen gefaßten Resolutionen ein größeres Gewicht beilegen. Line neue Aaiser-Mlhelm-Mstung. Als die deutschen Armeen in raschem Siegesfluge das weite Gebiet zwischen Saarbrück, Rheims, Paris, Dijon und Belfort von den Resten der französischen Feldarmee gesäubert hatten, trat an allen wichtigeren Punkten dieses Gebiets, namentlich in den größeren Städten, die deutsche Verwaltung mit jener Schnelligkeit und jenem schlagfertigen Organisationsgeschick auf, welches den Franzosen so oft Rufe der Bewunderung abgenöthigt hat. Wie im Felde die Feldpost „allzeit voran" war, so wurde auch das Postwesen in dem Occupationsgebiete von allen Administrationszweigen zuerst in Wirk¬ samkeit gesetzt. Kaum hatten die letzten Schüsse verhallen können, kaum die widerwilligen französischen Receveurs ihre Postschalter zu schließen vermocht, da erschien bereits die deutsche Post und eröffnete den Franzosen die Ver¬ bindung mit dem großen Verkehrsstrome draußen, dessen Canäle ihnen sonst viele Monate hindurch hätten verschlossen bleiben müssen. Unzweifelhaft wird der künftige Geschichtsschreiber des letzten großen Krieges diese Thatsache als ein Moment von höchster kulturgeschichtlicher Bedeutung hervorheben müssen; sie steht unseres Wissens einzig da; noch hat kein anderes Volk der alten oder neuen Zeit während eines Vernichtungskampfes von solchem Umfange seinem Feinde zugleich mit dem Kanonendonner die Segnungen eines friedlichen Ver¬ kehrs gebracht. Schon am 20. August 1870, unmittelbar nach den ersten ent¬ scheidenden Schlägen unseres Heeres, ließ das General-Postamt zu Berlin eine besondere Post-Administration für das französische Gebiet zu Nancy ins Leben treten. Diese Verwaltungsbehörde ging, indem sie das Landes-Postwesen für Frankreich im Rücken der deutschen Armee unausgesetzt organisirte, zur erfolgreichen Erfüllung ihrer Aufgabe später nach Rheims vor, wo sie ihre Wirksamkeit bis unter die Mauern von Paris ausdehnend

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/34>, abgerufen am 22.07.2024.