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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band.

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Hier war aus je 4 derselben ein 4. Bataillon formirt, aus den beiden andern
aber der Crystallisationskern für ein 6. Bataillon gebildet worden. Je 3 und
3 der vierten Bataillone sollten nun gemäß einem Decret vom 19. Juli zu
Marsch-Regimentern zusammengefügt und aus ihnen vier Corps: IX,
X, XI und XII aufgestellt werden, von denen das Letztere unter Heranziehung
von Linien- und Marine-Truppen auch wirklich zu Stande kam und oben
bei der Armee von Chalons bereits aufgeführt worden ist. In Folge der
damit verbundenen Neuformationen wurden 200 Lieutenants zu Capitains,
400 Souslieuants zu Lieutenants allein in der Infanterie ernannt. Unüber¬
windliche Schwierigkeiten traten jedoch der Bildung der andern drei Corps
entgegen, welche man als Reserve-Armee aufzustellen beabsichtigte. Zunächst
fehlte es an Reserve-Mannschaften zur Completirung der 4. Bataillone, da
die vorhandenen kaum ausreichten, die Feldtruppen auf die normalmäßige
Kriegsstärke zu bringen; dann mangelte es aber auch an Zeit und Ruhe,
um so complicirte Neuformationen zu vollenden, da Alles für dieselben neu
zu schaffen war. Man gab daher den Plan ganz auf, und obgleich ein XII.
Corps bestand, ist in der Folge von einem IX., X. und XI. Corps der Fran¬
zosen nirgends mehr die Rede gewesen/)

Die Festungen an der Ostgrenze, sowie auch Paris und Lyon waren meist
von vierten Bataillonen und Depot-Truppen besetzt, die zu nicht geringem
Theile eben-nur aus Rekruten bestanden, und die Rücksicht hierauf, sowie auf
die unvergleichlich bedrängte Lage überhaupt, führte zur Deeretirung einer
Menge unregelmäßiger Neuformationen. In diese Zeit fällt der
Beschluß, sämmtliche in Frankreich lebende Pompiers in 24 Bataillone zu
vereinigen und-gegen den Feind zu führen -- was sich in der Folge als un¬
ausführbar erwies, da diesen friedlichen Männern, meist ausgedienter Sol¬
daten, die Idee des nationalen Ruhmes viel zu fern lag, um sie zu so außer¬
ordentlicher Hingabe zu bewegen. -- Eine andere ebenso ungenügende Pallia¬
tivmaßregel war die Aufbietung der Douaniers (2000 Mann) und der
Sergents de Ville (3000 Mann), welche mit den Pompiers zu einer In¬
fanterie-Division unter dem General Soumain zusammengestellt wurden. --
Beschlossen wurde auch die Errichtung einer Cavallerie-Division unter Gene¬
ral Blamholt, welche aus 4 Regimenter berittener Gendarmen bestehen sollte,
nämlich aus 4 Escadrons der Garde de Paris (480 Pferde) und 2000
reitenden Feldhütern und Departementalgendarmen. -- Auch der,
später in vollem Maße ausgeführte Gedanke, für den Artilleriedienst von
Paris sämmtliche ausgediente Artilleristen der benachbarten Departe¬
ments heranzuziehen stammt aus dieser Zeit/*)




') Borbstaedt: Der deutsch-französische Krieg 1870. Berlin 1872.
") Carl Adami: Im Lager der Franzosen. Wien 1871.

Hier war aus je 4 derselben ein 4. Bataillon formirt, aus den beiden andern
aber der Crystallisationskern für ein 6. Bataillon gebildet worden. Je 3 und
3 der vierten Bataillone sollten nun gemäß einem Decret vom 19. Juli zu
Marsch-Regimentern zusammengefügt und aus ihnen vier Corps: IX,
X, XI und XII aufgestellt werden, von denen das Letztere unter Heranziehung
von Linien- und Marine-Truppen auch wirklich zu Stande kam und oben
bei der Armee von Chalons bereits aufgeführt worden ist. In Folge der
damit verbundenen Neuformationen wurden 200 Lieutenants zu Capitains,
400 Souslieuants zu Lieutenants allein in der Infanterie ernannt. Unüber¬
windliche Schwierigkeiten traten jedoch der Bildung der andern drei Corps
entgegen, welche man als Reserve-Armee aufzustellen beabsichtigte. Zunächst
fehlte es an Reserve-Mannschaften zur Completirung der 4. Bataillone, da
die vorhandenen kaum ausreichten, die Feldtruppen auf die normalmäßige
Kriegsstärke zu bringen; dann mangelte es aber auch an Zeit und Ruhe,
um so complicirte Neuformationen zu vollenden, da Alles für dieselben neu
zu schaffen war. Man gab daher den Plan ganz auf, und obgleich ein XII.
Corps bestand, ist in der Folge von einem IX., X. und XI. Corps der Fran¬
zosen nirgends mehr die Rede gewesen/)

Die Festungen an der Ostgrenze, sowie auch Paris und Lyon waren meist
von vierten Bataillonen und Depot-Truppen besetzt, die zu nicht geringem
Theile eben-nur aus Rekruten bestanden, und die Rücksicht hierauf, sowie auf
die unvergleichlich bedrängte Lage überhaupt, führte zur Deeretirung einer
Menge unregelmäßiger Neuformationen. In diese Zeit fällt der
Beschluß, sämmtliche in Frankreich lebende Pompiers in 24 Bataillone zu
vereinigen und-gegen den Feind zu führen — was sich in der Folge als un¬
ausführbar erwies, da diesen friedlichen Männern, meist ausgedienter Sol¬
daten, die Idee des nationalen Ruhmes viel zu fern lag, um sie zu so außer¬
ordentlicher Hingabe zu bewegen. — Eine andere ebenso ungenügende Pallia¬
tivmaßregel war die Aufbietung der Douaniers (2000 Mann) und der
Sergents de Ville (3000 Mann), welche mit den Pompiers zu einer In¬
fanterie-Division unter dem General Soumain zusammengestellt wurden. —
Beschlossen wurde auch die Errichtung einer Cavallerie-Division unter Gene¬
ral Blamholt, welche aus 4 Regimenter berittener Gendarmen bestehen sollte,
nämlich aus 4 Escadrons der Garde de Paris (480 Pferde) und 2000
reitenden Feldhütern und Departementalgendarmen. — Auch der,
später in vollem Maße ausgeführte Gedanke, für den Artilleriedienst von
Paris sämmtliche ausgediente Artilleristen der benachbarten Departe¬
ments heranzuziehen stammt aus dieser Zeit/*)




') Borbstaedt: Der deutsch-französische Krieg 1870. Berlin 1872.
") Carl Adami: Im Lager der Franzosen. Wien 1871.
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[0191] Hier war aus je 4 derselben ein 4. Bataillon formirt, aus den beiden andern aber der Crystallisationskern für ein 6. Bataillon gebildet worden. Je 3 und 3 der vierten Bataillone sollten nun gemäß einem Decret vom 19. Juli zu Marsch-Regimentern zusammengefügt und aus ihnen vier Corps: IX, X, XI und XII aufgestellt werden, von denen das Letztere unter Heranziehung von Linien- und Marine-Truppen auch wirklich zu Stande kam und oben bei der Armee von Chalons bereits aufgeführt worden ist. In Folge der damit verbundenen Neuformationen wurden 200 Lieutenants zu Capitains, 400 Souslieuants zu Lieutenants allein in der Infanterie ernannt. Unüber¬ windliche Schwierigkeiten traten jedoch der Bildung der andern drei Corps entgegen, welche man als Reserve-Armee aufzustellen beabsichtigte. Zunächst fehlte es an Reserve-Mannschaften zur Completirung der 4. Bataillone, da die vorhandenen kaum ausreichten, die Feldtruppen auf die normalmäßige Kriegsstärke zu bringen; dann mangelte es aber auch an Zeit und Ruhe, um so complicirte Neuformationen zu vollenden, da Alles für dieselben neu zu schaffen war. Man gab daher den Plan ganz auf, und obgleich ein XII. Corps bestand, ist in der Folge von einem IX., X. und XI. Corps der Fran¬ zosen nirgends mehr die Rede gewesen/) Die Festungen an der Ostgrenze, sowie auch Paris und Lyon waren meist von vierten Bataillonen und Depot-Truppen besetzt, die zu nicht geringem Theile eben-nur aus Rekruten bestanden, und die Rücksicht hierauf, sowie auf die unvergleichlich bedrängte Lage überhaupt, führte zur Deeretirung einer Menge unregelmäßiger Neuformationen. In diese Zeit fällt der Beschluß, sämmtliche in Frankreich lebende Pompiers in 24 Bataillone zu vereinigen und-gegen den Feind zu führen — was sich in der Folge als un¬ ausführbar erwies, da diesen friedlichen Männern, meist ausgedienter Sol¬ daten, die Idee des nationalen Ruhmes viel zu fern lag, um sie zu so außer¬ ordentlicher Hingabe zu bewegen. — Eine andere ebenso ungenügende Pallia¬ tivmaßregel war die Aufbietung der Douaniers (2000 Mann) und der Sergents de Ville (3000 Mann), welche mit den Pompiers zu einer In¬ fanterie-Division unter dem General Soumain zusammengestellt wurden. — Beschlossen wurde auch die Errichtung einer Cavallerie-Division unter Gene¬ ral Blamholt, welche aus 4 Regimenter berittener Gendarmen bestehen sollte, nämlich aus 4 Escadrons der Garde de Paris (480 Pferde) und 2000 reitenden Feldhütern und Departementalgendarmen. — Auch der, später in vollem Maße ausgeführte Gedanke, für den Artilleriedienst von Paris sämmtliche ausgediente Artilleristen der benachbarten Departe¬ ments heranzuziehen stammt aus dieser Zeit/*) ') Borbstaedt: Der deutsch-französische Krieg 1870. Berlin 1872. ") Carl Adami: Im Lager der Franzosen. Wien 1871.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_128453/191>, abgerufen am 22.07.2024.