Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

führte, sondern weil er den zur Blüthe gediehenen musikalischen Dilettantismus
in bessere, höhere Bahnen leitete.

Mit einer kurzen Betrachtung des Weimarischen Theaters schließen wir
diese Skizze über Weimars Leben in der bezeichneten Periode. Es ist einer
der mächtigsten Factoren in dem Leben der kleinen überall anregenden Resi¬
denz. Seinen Fortschritt hat nicht allein Weimar, sondern die ganze civili-
sirte Welt beobachtet, durchlebt und -- ausgenützt. Gerade das ist ja das
Großartige an der Entwickelung des höchst bedeutsamen Instituts, daß nicht
äußerer Prunk, großartige materielle Mittel zu dieser weltbewegenden Schöpfung
nöthig sich erwiesen, sondern daß weise Sparsamkeit, ernstes Wollen und treues
Wirken und Schaffen uns zu dieser Perle einst verhelfen hat. Aus der äußern
und innern Entwickelung dieses Instituts läßt sich begreifen, wie Goethe 1825
beim Erschauen der Brandstätte bedeutungsvoll ausrufen konnte: "Das ist
das Grab meiner Erinnerungen."

Wir begnügen uns mit wenigen, bisher kaum bekannten Thatsachen,
welche für der Entwickelung des Weimarischen Theaters um so denkwürdiger
sind, als die materiellen Mittel zu den Leistungen des Institutes in keinem
Verhältniß stehen. Das Theater, kaum mit S000 Thaler (genau 8634) vom
Grunde aus 1779 erbaut, verfügte in seiner Glanzperiode über eine Einnahme
von 10--22000 Thaler, welche durch Beiträge des Hofes, des Landes und
aus den Erträgen der Eintrittsgelder erzielt wurden. Wären diese Einnah¬
men in Weimar allein erbracht worden, so würde dies ein bedeutsames Zeichen
für den hohen Culturzustand der Stadt gewesen sein. Aber wir müssen be¬
denken, daß die Truppe in Erfurt, Rudolstadt und vor allem in Lauchstädt
spielte und daß letzterer Ort eine 2--3 Mal größere Einnahme als Weimar
erzielte.*) Dabei hatte Lauchstädt 320, Rudolstadt öOO, Erfurt 810 und
Weimar nur 600 Plätze. Die ganzen Beleuchtungskvsten haben durchschnitt-
400 Thaler^) betragen, in die Beschaffung der Requisiten theilten sich lange
Kammer und Hofamt. und die höchste Gage, welche von 21 Aeteurs und
Actricen bezogen wurde, überstieg in dieser Zeit nicht 16 Thaler monatlichen
Gehaltes. Vor dem Umbau des Theaters durch Thouret herrschte die rührend¬
ste Einfachheit im Innern des Zuschauerraumes wie in der Decorarion. 1786
wünschte der Director Kirms, daß die Meubles eines gräflichen oder fürst-




z. V. 1795 war die halbjährliche Gesammteinnahme <>5>in Thaler. Lauchstädt brachte
hiervon 2417 Thaler.
1780--90 kostete die Theater-Beleuchtung 185 Thaler.
90--91 ., ., " ., 173 .,
1804--ö " ., . .. 634 .,
ü-K " ., " " 710 "
e-7 .. .. SS2 "
")

führte, sondern weil er den zur Blüthe gediehenen musikalischen Dilettantismus
in bessere, höhere Bahnen leitete.

Mit einer kurzen Betrachtung des Weimarischen Theaters schließen wir
diese Skizze über Weimars Leben in der bezeichneten Periode. Es ist einer
der mächtigsten Factoren in dem Leben der kleinen überall anregenden Resi¬
denz. Seinen Fortschritt hat nicht allein Weimar, sondern die ganze civili-
sirte Welt beobachtet, durchlebt und — ausgenützt. Gerade das ist ja das
Großartige an der Entwickelung des höchst bedeutsamen Instituts, daß nicht
äußerer Prunk, großartige materielle Mittel zu dieser weltbewegenden Schöpfung
nöthig sich erwiesen, sondern daß weise Sparsamkeit, ernstes Wollen und treues
Wirken und Schaffen uns zu dieser Perle einst verhelfen hat. Aus der äußern
und innern Entwickelung dieses Instituts läßt sich begreifen, wie Goethe 1825
beim Erschauen der Brandstätte bedeutungsvoll ausrufen konnte: „Das ist
das Grab meiner Erinnerungen."

Wir begnügen uns mit wenigen, bisher kaum bekannten Thatsachen,
welche für der Entwickelung des Weimarischen Theaters um so denkwürdiger
sind, als die materiellen Mittel zu den Leistungen des Institutes in keinem
Verhältniß stehen. Das Theater, kaum mit S000 Thaler (genau 8634) vom
Grunde aus 1779 erbaut, verfügte in seiner Glanzperiode über eine Einnahme
von 10—22000 Thaler, welche durch Beiträge des Hofes, des Landes und
aus den Erträgen der Eintrittsgelder erzielt wurden. Wären diese Einnah¬
men in Weimar allein erbracht worden, so würde dies ein bedeutsames Zeichen
für den hohen Culturzustand der Stadt gewesen sein. Aber wir müssen be¬
denken, daß die Truppe in Erfurt, Rudolstadt und vor allem in Lauchstädt
spielte und daß letzterer Ort eine 2—3 Mal größere Einnahme als Weimar
erzielte.*) Dabei hatte Lauchstädt 320, Rudolstadt öOO, Erfurt 810 und
Weimar nur 600 Plätze. Die ganzen Beleuchtungskvsten haben durchschnitt-
400 Thaler^) betragen, in die Beschaffung der Requisiten theilten sich lange
Kammer und Hofamt. und die höchste Gage, welche von 21 Aeteurs und
Actricen bezogen wurde, überstieg in dieser Zeit nicht 16 Thaler monatlichen
Gehaltes. Vor dem Umbau des Theaters durch Thouret herrschte die rührend¬
ste Einfachheit im Innern des Zuschauerraumes wie in der Decorarion. 1786
wünschte der Director Kirms, daß die Meubles eines gräflichen oder fürst-




z. V. 1795 war die halbjährliche Gesammteinnahme <>5>in Thaler. Lauchstädt brachte
hiervon 2417 Thaler.
1780—90 kostete die Theater-Beleuchtung 185 Thaler.
90—91 ., ., „ ., 173 .,
1804—ö „ ., . .. 634 .,
ü-K „ ., „ „ 710 „
e-7 .. .. SS2 „
")
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0074" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128002"/>
          <p xml:id="ID_192" prev="#ID_191"> führte, sondern weil er den zur Blüthe gediehenen musikalischen Dilettantismus<lb/>
in bessere, höhere Bahnen leitete.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_193"> Mit einer kurzen Betrachtung des Weimarischen Theaters schließen wir<lb/>
diese Skizze über Weimars Leben in der bezeichneten Periode. Es ist einer<lb/>
der mächtigsten Factoren in dem Leben der kleinen überall anregenden Resi¬<lb/>
denz. Seinen Fortschritt hat nicht allein Weimar, sondern die ganze civili-<lb/>
sirte Welt beobachtet, durchlebt und &#x2014; ausgenützt. Gerade das ist ja das<lb/>
Großartige an der Entwickelung des höchst bedeutsamen Instituts, daß nicht<lb/>
äußerer Prunk, großartige materielle Mittel zu dieser weltbewegenden Schöpfung<lb/>
nöthig sich erwiesen, sondern daß weise Sparsamkeit, ernstes Wollen und treues<lb/>
Wirken und Schaffen uns zu dieser Perle einst verhelfen hat. Aus der äußern<lb/>
und innern Entwickelung dieses Instituts läßt sich begreifen, wie Goethe 1825<lb/>
beim Erschauen der Brandstätte bedeutungsvoll ausrufen konnte: &#x201E;Das ist<lb/>
das Grab meiner Erinnerungen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_194" next="#ID_195"> Wir begnügen uns mit wenigen, bisher kaum bekannten Thatsachen,<lb/>
welche für der Entwickelung des Weimarischen Theaters um so denkwürdiger<lb/>
sind, als die materiellen Mittel zu den Leistungen des Institutes in keinem<lb/>
Verhältniß stehen. Das Theater, kaum mit S000 Thaler (genau 8634) vom<lb/>
Grunde aus 1779 erbaut, verfügte in seiner Glanzperiode über eine Einnahme<lb/>
von 10&#x2014;22000 Thaler, welche durch Beiträge des Hofes, des Landes und<lb/>
aus den Erträgen der Eintrittsgelder erzielt wurden. Wären diese Einnah¬<lb/>
men in Weimar allein erbracht worden, so würde dies ein bedeutsames Zeichen<lb/>
für den hohen Culturzustand der Stadt gewesen sein. Aber wir müssen be¬<lb/>
denken, daß die Truppe in Erfurt, Rudolstadt und vor allem in Lauchstädt<lb/>
spielte und daß letzterer Ort eine 2&#x2014;3 Mal größere Einnahme als Weimar<lb/>
erzielte.*) Dabei hatte Lauchstädt 320, Rudolstadt öOO, Erfurt 810 und<lb/>
Weimar nur 600 Plätze. Die ganzen Beleuchtungskvsten haben durchschnitt-<lb/>
400 Thaler^) betragen, in die Beschaffung der Requisiten theilten sich lange<lb/>
Kammer und Hofamt. und die höchste Gage, welche von 21 Aeteurs und<lb/>
Actricen bezogen wurde, überstieg in dieser Zeit nicht 16 Thaler monatlichen<lb/>
Gehaltes. Vor dem Umbau des Theaters durch Thouret herrschte die rührend¬<lb/>
ste Einfachheit im Innern des Zuschauerraumes wie in der Decorarion. 1786<lb/>
wünschte der Director Kirms, daß die Meubles eines gräflichen oder fürst-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_12" place="foot"> z. V. 1795 war die halbjährliche Gesammteinnahme &lt;&gt;5&gt;in Thaler.  Lauchstädt brachte<lb/>
hiervon 2417 Thaler.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_13" place="foot"><list><item> 1780&#x2014;90 kostete die Theater-Beleuchtung 185 Thaler.</item><item> 90&#x2014;91   ., ., &#x201E; .,    173 .,</item><item> 1804&#x2014;ö   &#x201E; ., . ..    634 .,</item><item> ü-K   &#x201E; ., &#x201E; &#x201E;    710 &#x201E;</item><item> e-7 .. ..   SS2  &#x201E;</item></list> ")<lb/><lb/>
</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0074] führte, sondern weil er den zur Blüthe gediehenen musikalischen Dilettantismus in bessere, höhere Bahnen leitete. Mit einer kurzen Betrachtung des Weimarischen Theaters schließen wir diese Skizze über Weimars Leben in der bezeichneten Periode. Es ist einer der mächtigsten Factoren in dem Leben der kleinen überall anregenden Resi¬ denz. Seinen Fortschritt hat nicht allein Weimar, sondern die ganze civili- sirte Welt beobachtet, durchlebt und — ausgenützt. Gerade das ist ja das Großartige an der Entwickelung des höchst bedeutsamen Instituts, daß nicht äußerer Prunk, großartige materielle Mittel zu dieser weltbewegenden Schöpfung nöthig sich erwiesen, sondern daß weise Sparsamkeit, ernstes Wollen und treues Wirken und Schaffen uns zu dieser Perle einst verhelfen hat. Aus der äußern und innern Entwickelung dieses Instituts läßt sich begreifen, wie Goethe 1825 beim Erschauen der Brandstätte bedeutungsvoll ausrufen konnte: „Das ist das Grab meiner Erinnerungen." Wir begnügen uns mit wenigen, bisher kaum bekannten Thatsachen, welche für der Entwickelung des Weimarischen Theaters um so denkwürdiger sind, als die materiellen Mittel zu den Leistungen des Institutes in keinem Verhältniß stehen. Das Theater, kaum mit S000 Thaler (genau 8634) vom Grunde aus 1779 erbaut, verfügte in seiner Glanzperiode über eine Einnahme von 10—22000 Thaler, welche durch Beiträge des Hofes, des Landes und aus den Erträgen der Eintrittsgelder erzielt wurden. Wären diese Einnah¬ men in Weimar allein erbracht worden, so würde dies ein bedeutsames Zeichen für den hohen Culturzustand der Stadt gewesen sein. Aber wir müssen be¬ denken, daß die Truppe in Erfurt, Rudolstadt und vor allem in Lauchstädt spielte und daß letzterer Ort eine 2—3 Mal größere Einnahme als Weimar erzielte.*) Dabei hatte Lauchstädt 320, Rudolstadt öOO, Erfurt 810 und Weimar nur 600 Plätze. Die ganzen Beleuchtungskvsten haben durchschnitt- 400 Thaler^) betragen, in die Beschaffung der Requisiten theilten sich lange Kammer und Hofamt. und die höchste Gage, welche von 21 Aeteurs und Actricen bezogen wurde, überstieg in dieser Zeit nicht 16 Thaler monatlichen Gehaltes. Vor dem Umbau des Theaters durch Thouret herrschte die rührend¬ ste Einfachheit im Innern des Zuschauerraumes wie in der Decorarion. 1786 wünschte der Director Kirms, daß die Meubles eines gräflichen oder fürst- z. V. 1795 war die halbjährliche Gesammteinnahme <>5>in Thaler. Lauchstädt brachte hiervon 2417 Thaler. 1780—90 kostete die Theater-Beleuchtung 185 Thaler. 90—91 ., ., „ ., 173 ., 1804—ö „ ., . .. 634 ., ü-K „ ., „ „ 710 „ e-7 .. .. SS2 „ ")

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/74
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/74>, abgerufen am 25.08.2024.