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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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flüstert: in Beziehung auf den Fürsten Hohenlohe seien Sr. Majestät dem
Könige die Hände gebunden; er könne und dürfe den Fürsten nicht entlassen,
weil Preußen nicht wolle."

Solchen Motiven ist der Minister Fürst Hohenlohe durch die Abstim¬
mung vom 13. Februar erlegen. In dem ganzen Gift und Klatsch, Schmutz
und Unflat, welchen die Patrioten während zwölf Tagen aufgerührt hatten,
war nicht eine compromittirende Thatsache wider Hohenlohe zum Vorschein
gekommen. Denn selbst die Behauptung Greils, daß der Fürst einen großen
Theil seiner Güter in Preußen, und daher an diesem Lande ein größeres In¬
teresse als an Bayern habe, wies Hohenlohe mit den Worten zurück: "Ich
bin dem Herrn Vorredner sehr dankbar, wenn er mir diese Vergrößerung
meines Vermögens wünscht; ich muß aber erklären, daß ich zur Zeit in Preußen
keine Güter besitze." Indessen vor und in dieser Kammer gab es für diesen
Minister in der That kein Wirken mehr. So genehmigte denn der König
seine Entlassung.

Schon die Ereignisse des Jahres 1870 brachten eine Rechtfertigung seiner
Politik, wie er schneller und glänzender sie nie erhoffen durfte!

Von dem weithin sichtbaren Posten des leitenden Staatsmannes ist Fürst
Hohenlohe seitdem abgetreten und hat sich mit der stillen Wirksamkeit eines
bayerischen Reichsraths, eines deutschen Reichstagsabgeordneten für den Wahl¬
kreis Forchheim in Oberfranken begnügt. Der Reichstag hat ihn -- wie
schon 1868, 1869 und 1870 das deutsche Zollparlament -- zweimal durch
die Wahl zum Vicepräsidenten ausgezeichnet. Sonst ist seine Bedeutung,
seiner bescheidenen Zurückhaltung gemäß, weniger in die offene parlamenta¬
rische Arena getreten. Nur einmal am 16. Mai d. I. hat er in der Jesuiten¬
debatte sein Wort kurz und mächtig eingelegt in dem ernstesten Kampf, der
Deutschland in unseren Tagen bewegt. Diese Rede, die noch in unser Aller
Erinnerung ist, ist in der bei Simion in Berlin erschienenen Broschüre mit
abgedruckt, und das jetzige Reichsgesetz entspricht wenigstens theilweise dem
Vorschlage, dem Hohenlohe in seiner Rede das Wort lieh. Wohl aber schätzen
ihn seine Fractionsgenossen in der liberalen Neichspartei, in der er mit Volk,
M. Barth, Lurburg, Nordeck zu Nabenau, Noggenbach u. A. zusammenwirkt,
als eines ihrer tüchtigsten Mitglieder.

Und wenn ihm jemals beschieden sein sollte, die Zügel der Regierung
seines engern Vaterlandes in die milde, feste Hand zu nehmen, so wäre
das ganz Deutschland ein Beweis, daß auch die Mehrheit der bayerischen
Bevölkerung ergriffen worden ist von der Erkenntniß, welchem guten und
hohen Ziele das politische Streben des Fürsten Hohenlohe gewidmet ist.




flüstert: in Beziehung auf den Fürsten Hohenlohe seien Sr. Majestät dem
Könige die Hände gebunden; er könne und dürfe den Fürsten nicht entlassen,
weil Preußen nicht wolle."

Solchen Motiven ist der Minister Fürst Hohenlohe durch die Abstim¬
mung vom 13. Februar erlegen. In dem ganzen Gift und Klatsch, Schmutz
und Unflat, welchen die Patrioten während zwölf Tagen aufgerührt hatten,
war nicht eine compromittirende Thatsache wider Hohenlohe zum Vorschein
gekommen. Denn selbst die Behauptung Greils, daß der Fürst einen großen
Theil seiner Güter in Preußen, und daher an diesem Lande ein größeres In¬
teresse als an Bayern habe, wies Hohenlohe mit den Worten zurück: „Ich
bin dem Herrn Vorredner sehr dankbar, wenn er mir diese Vergrößerung
meines Vermögens wünscht; ich muß aber erklären, daß ich zur Zeit in Preußen
keine Güter besitze." Indessen vor und in dieser Kammer gab es für diesen
Minister in der That kein Wirken mehr. So genehmigte denn der König
seine Entlassung.

Schon die Ereignisse des Jahres 1870 brachten eine Rechtfertigung seiner
Politik, wie er schneller und glänzender sie nie erhoffen durfte!

Von dem weithin sichtbaren Posten des leitenden Staatsmannes ist Fürst
Hohenlohe seitdem abgetreten und hat sich mit der stillen Wirksamkeit eines
bayerischen Reichsraths, eines deutschen Reichstagsabgeordneten für den Wahl¬
kreis Forchheim in Oberfranken begnügt. Der Reichstag hat ihn — wie
schon 1868, 1869 und 1870 das deutsche Zollparlament — zweimal durch
die Wahl zum Vicepräsidenten ausgezeichnet. Sonst ist seine Bedeutung,
seiner bescheidenen Zurückhaltung gemäß, weniger in die offene parlamenta¬
rische Arena getreten. Nur einmal am 16. Mai d. I. hat er in der Jesuiten¬
debatte sein Wort kurz und mächtig eingelegt in dem ernstesten Kampf, der
Deutschland in unseren Tagen bewegt. Diese Rede, die noch in unser Aller
Erinnerung ist, ist in der bei Simion in Berlin erschienenen Broschüre mit
abgedruckt, und das jetzige Reichsgesetz entspricht wenigstens theilweise dem
Vorschlage, dem Hohenlohe in seiner Rede das Wort lieh. Wohl aber schätzen
ihn seine Fractionsgenossen in der liberalen Neichspartei, in der er mit Volk,
M. Barth, Lurburg, Nordeck zu Nabenau, Noggenbach u. A. zusammenwirkt,
als eines ihrer tüchtigsten Mitglieder.

Und wenn ihm jemals beschieden sein sollte, die Zügel der Regierung
seines engern Vaterlandes in die milde, feste Hand zu nehmen, so wäre
das ganz Deutschland ein Beweis, daß auch die Mehrheit der bayerischen
Bevölkerung ergriffen worden ist von der Erkenntniß, welchem guten und
hohen Ziele das politische Streben des Fürsten Hohenlohe gewidmet ist.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/60>, abgerufen am 22.07.2024.