Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.wenn er selbst nicht hervortritt, so geschieht dieses nur, weil er so weniger Juarez war wirklich kein bedeutender Mensch, aber er hatte, was in Nach der mexikanischen Constitution wird im Todesfalle des Präsidenten wenn er selbst nicht hervortritt, so geschieht dieses nur, weil er so weniger Juarez war wirklich kein bedeutender Mensch, aber er hatte, was in Nach der mexikanischen Constitution wird im Todesfalle des Präsidenten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0461" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128389"/> <p xml:id="ID_1549" prev="#ID_1548"> wenn er selbst nicht hervortritt, so geschieht dieses nur, weil er so weniger<lb/> Verantwortlichkeit hat. Don Nomero ist seit langem nach Mexiko zurückge¬<lb/> kehrt und hat dort an einem halben Dutzend Revolutionen Theil genommen,<lb/> aber ich habe noch oft an seine Aussprüche gedacht und gefunden, daß er<lb/> recht hatte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1550"> Juarez war wirklich kein bedeutender Mensch, aber er hatte, was in<lb/> Mexiko sehr viel ist, den Vorzug persönlicher Integrität. Ehrgeizig und hoch<lb/> hinausstrebend war er wohl, aber Bestechlichkeit und Eingriffe in das Staats¬<lb/> eigenthum, wie seine Vorgänger Miramon und Santa Ans sie liebten, ließ er<lb/> sich nicht zu Schulden kommen. Er war liberal wie man in der sogenannten<lb/> mexikanischen Republik liberal sein kann, d. h. er stand im Gegensatze zur<lb/> klerikalen Partei. Seine persönliche Popularität hat er den Erfolgen gegen<lb/> Frankreich und Kaiser Maximilian zu verdanken und hieran war er sicher<lb/> ganz unschuldig. Man weiß ja wie die Vereinigten Staaten den Ausgang<lb/> der ganzen Affaire bestimmten. Daß Juarez nicht schon längst die Flinte<lb/> ins Korn warf und zur Zeit der größten Kraftentwicklung der Franzosen<lb/> und Maximilian's in einem kleinen Städtchen im äußersten Norden Mexikos<lb/> die Fahne der Republik noch aufrecht erhielt — freilich mit einem Fuße<lb/> bereits in den Vereinigten Staaten stehend! — ist allein der zähen Ausdauer<lb/> Lerdo de Tejada's zuzuschreiben, der seinen Juarez keinen Augenblick aus den<lb/> Händen ließ. Auf Juarez Rechnung, respective auf sein indianisches Blut,<lb/> seine indianische Grausamkeit, kommt die Erschießung Maximilian's. Wie<lb/> lächerlich die Entschuldigung war: „Die Erschießung müsse geschehen, damit<lb/> keine Revolutionen im Namen Maximilian's mehr stattfinden könnten." be¬<lb/> weisen die 27 größeren und kleineren Prunciamientos, welche seit dem Tode<lb/> des romantischen Kaisers Mexiko beglückten und auch gegenwärtig steht trotz<lb/> aller Amnestie des neuen Präsidenten ein großer Theil der Republik in<lb/> Waffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551" next="#ID_1552"> Nach der mexikanischen Constitution wird im Todesfalle des Präsidenten<lb/> der Republik der Präsident des obersten Gerichtshofes, der zugleich Vicepräsi-<lb/> dent der Republik ist, dessen Nachfolger. In diesem Falle nun war es bei<lb/> dem unerwarteten Hinscheiden des alten Juarez Sebastian Lerdo de<lb/> Tejada, geboren am 25. April 1823 zu Jalapa im Staate Vera Cruz.<lb/> Der Mann ist von rein weißem Blute, wollte Theologie studiren, fand aber<lb/> ein Haar in der Gottesgelahrtheit und wandte sich der Jurisprudenz zu.<lb/> Ehrgeizig, begabt, ein tüchtiger Redner betrat er zur Zeit als Comonfort<lb/> Präsident war, die politische Laufbahn mit Erfolg, von der er sich nur zurück¬<lb/> zog, als unter Miramon die Klerikalen ans Ruder gelangten. Sobald aber<lb/> Juarez auf den Präsidentenstuhl gelangte, war Lerdo de Tejada wieder am<lb/> Platze. Zur Zeit der französischen Invasion wurde er Minister des Aus-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0461]
wenn er selbst nicht hervortritt, so geschieht dieses nur, weil er so weniger
Verantwortlichkeit hat. Don Nomero ist seit langem nach Mexiko zurückge¬
kehrt und hat dort an einem halben Dutzend Revolutionen Theil genommen,
aber ich habe noch oft an seine Aussprüche gedacht und gefunden, daß er
recht hatte.
Juarez war wirklich kein bedeutender Mensch, aber er hatte, was in
Mexiko sehr viel ist, den Vorzug persönlicher Integrität. Ehrgeizig und hoch
hinausstrebend war er wohl, aber Bestechlichkeit und Eingriffe in das Staats¬
eigenthum, wie seine Vorgänger Miramon und Santa Ans sie liebten, ließ er
sich nicht zu Schulden kommen. Er war liberal wie man in der sogenannten
mexikanischen Republik liberal sein kann, d. h. er stand im Gegensatze zur
klerikalen Partei. Seine persönliche Popularität hat er den Erfolgen gegen
Frankreich und Kaiser Maximilian zu verdanken und hieran war er sicher
ganz unschuldig. Man weiß ja wie die Vereinigten Staaten den Ausgang
der ganzen Affaire bestimmten. Daß Juarez nicht schon längst die Flinte
ins Korn warf und zur Zeit der größten Kraftentwicklung der Franzosen
und Maximilian's in einem kleinen Städtchen im äußersten Norden Mexikos
die Fahne der Republik noch aufrecht erhielt — freilich mit einem Fuße
bereits in den Vereinigten Staaten stehend! — ist allein der zähen Ausdauer
Lerdo de Tejada's zuzuschreiben, der seinen Juarez keinen Augenblick aus den
Händen ließ. Auf Juarez Rechnung, respective auf sein indianisches Blut,
seine indianische Grausamkeit, kommt die Erschießung Maximilian's. Wie
lächerlich die Entschuldigung war: „Die Erschießung müsse geschehen, damit
keine Revolutionen im Namen Maximilian's mehr stattfinden könnten." be¬
weisen die 27 größeren und kleineren Prunciamientos, welche seit dem Tode
des romantischen Kaisers Mexiko beglückten und auch gegenwärtig steht trotz
aller Amnestie des neuen Präsidenten ein großer Theil der Republik in
Waffen.
Nach der mexikanischen Constitution wird im Todesfalle des Präsidenten
der Republik der Präsident des obersten Gerichtshofes, der zugleich Vicepräsi-
dent der Republik ist, dessen Nachfolger. In diesem Falle nun war es bei
dem unerwarteten Hinscheiden des alten Juarez Sebastian Lerdo de
Tejada, geboren am 25. April 1823 zu Jalapa im Staate Vera Cruz.
Der Mann ist von rein weißem Blute, wollte Theologie studiren, fand aber
ein Haar in der Gottesgelahrtheit und wandte sich der Jurisprudenz zu.
Ehrgeizig, begabt, ein tüchtiger Redner betrat er zur Zeit als Comonfort
Präsident war, die politische Laufbahn mit Erfolg, von der er sich nur zurück¬
zog, als unter Miramon die Klerikalen ans Ruder gelangten. Sobald aber
Juarez auf den Präsidentenstuhl gelangte, war Lerdo de Tejada wieder am
Platze. Zur Zeit der französischen Invasion wurde er Minister des Aus-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |