Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.Marschall Soult, der vierzehn Tage später mit 20,000 Mann einzog, sehr Marschall Soult, der vierzehn Tage später mit 20,000 Mann einzog, sehr <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0459" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128387"/> <p xml:id="ID_1545" prev="#ID_1544" next="#ID_1546"> Marschall Soult, der vierzehn Tage später mit 20,000 Mann einzog, sehr<lb/> recht hatte, sie aufzulösen. Zu Paris war im Febr. 1832 eine legitimistische<lb/> Verschwörung, in welcher Mannschaften der abgedankter königlichen Garde<lb/> eine hervorragende Rolle spielten, im Augenblick des Ausbruchs entdeckt und<lb/> bewältigt worden; aber die Untersuchung hatte dargethan, daß Officiere des<lb/> höchsten Ranges, ja Marschälle, wie Bourmont und Victor, hinter den Ver¬<lb/> schworenen standen, und Bourmont trat dann auch in der That an die Spitze<lb/> der legitimistischen „Chouannerie", welche im Westen die weiße Fahne erhob und<lb/> welcher besonders die Abneigung der Bretagner und Beute'er gegen den regel¬<lb/> mäßigen Militärdienst eine Menge junger tüchtiger Mannschaft zuführte.<lb/> Das bedeutendste Ereigniß war aber die republikanische Erhebung, welche im<lb/> Juni 1832 zu Paris stattgehabt und an das Leichenbegängnis) des liberalen<lb/> Generals Lamarque angeknüpft hatte. Die Republikaner meinten dabei auf<lb/> mehrere Officiere der höchsten Grade rechnen zu können, zumal auf den Mar¬<lb/> schall Clauzel, welcher infolge seiner Abberufung vom Posten des Statthalters<lb/> in Algier mit der Regierung tief verfeindet war, und den man der ver¬<lb/> wegensten Entschlüsse fähig glaubte. Clauzel machte seine Mitwirkung davon<lb/> abhängig, daß wenigstens ein Regiment sich dem Aufstande anschlösse; Mar¬<lb/> schall Lobau aber, der seine militärischen Anordnungen mit Umsicht und Kalt¬<lb/> blütigkeit getroffen hatte, hielt seine Truppen fest in der Hand, und als es<lb/> zum Kampfe kam, der namentlich in den nordöstlichen Stadttheilen einen sehr<lb/> ernstlichen Charakter trug, zeigten sich die Truppen durchaus zuverlässig und<lb/> auch die Nationalgarde bewahrte ihre Haltung. Nur die Artillerie derselben<lb/> begünstigte den Aufstand und wurde in Folge dessen ebenso wie die polytech¬<lb/> nische Schule aufgelöst. Die Niederwerfung dieses Aufstandes schien von<lb/> großer Wichtigkeit und lang nachwirkender Kraft. Daß die Regierung selbst<lb/> die Tragweite ihres Sieges sehr hoch schätzte ging daraus hervor, daß sie zu<lb/> Anfang d. I. 1833 den Bestand des Landheeres um 20,000 M. verringerte<lb/> und auf 400,000 M. feststellte, zu deren Unterhalt das Budget 305 Millionen<lb/> auswarf. Aber noch war der Dämon der Revolte nicht gebannt. Schon im<lb/> Februar 34 erhob zu Lyon wieder die socialdemokratische Erneute ihr Gor-<lb/> gonenhaupt. In schwerem viertägigem Kampfe, wobei die Truppen ihre<lb/> Stärke von 10,000 Mann und die Unterstützung der in den letzten Monaten<lb/> angelegten Festungswerke sehr wohl brauchen konnten, wurden die Aufrührer<lb/> gewaltsam niedergeworfen, und als trotz dieses Erfolges der Regierung die<lb/> Gesinnungsgenossen der Lyoner zu Paris die Fahne erhoben, bedürfte es<lb/> ebenfalls eines zwar nur kurzen, aber heftigen Kampfes, um ihre Macht zu<lb/> brechen. Ueberall waren die Truppen mit Erbitterung gegen den Pöbel ein¬<lb/> geschritten, mit Muth hatten sie die Befehle ihrer Führer befolgt, ja über¬<lb/> boten; mehrfach waren sie mit einer Grausamkeit zu Werke gegangen, welche</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0459]
Marschall Soult, der vierzehn Tage später mit 20,000 Mann einzog, sehr
recht hatte, sie aufzulösen. Zu Paris war im Febr. 1832 eine legitimistische
Verschwörung, in welcher Mannschaften der abgedankter königlichen Garde
eine hervorragende Rolle spielten, im Augenblick des Ausbruchs entdeckt und
bewältigt worden; aber die Untersuchung hatte dargethan, daß Officiere des
höchsten Ranges, ja Marschälle, wie Bourmont und Victor, hinter den Ver¬
schworenen standen, und Bourmont trat dann auch in der That an die Spitze
der legitimistischen „Chouannerie", welche im Westen die weiße Fahne erhob und
welcher besonders die Abneigung der Bretagner und Beute'er gegen den regel¬
mäßigen Militärdienst eine Menge junger tüchtiger Mannschaft zuführte.
Das bedeutendste Ereigniß war aber die republikanische Erhebung, welche im
Juni 1832 zu Paris stattgehabt und an das Leichenbegängnis) des liberalen
Generals Lamarque angeknüpft hatte. Die Republikaner meinten dabei auf
mehrere Officiere der höchsten Grade rechnen zu können, zumal auf den Mar¬
schall Clauzel, welcher infolge seiner Abberufung vom Posten des Statthalters
in Algier mit der Regierung tief verfeindet war, und den man der ver¬
wegensten Entschlüsse fähig glaubte. Clauzel machte seine Mitwirkung davon
abhängig, daß wenigstens ein Regiment sich dem Aufstande anschlösse; Mar¬
schall Lobau aber, der seine militärischen Anordnungen mit Umsicht und Kalt¬
blütigkeit getroffen hatte, hielt seine Truppen fest in der Hand, und als es
zum Kampfe kam, der namentlich in den nordöstlichen Stadttheilen einen sehr
ernstlichen Charakter trug, zeigten sich die Truppen durchaus zuverlässig und
auch die Nationalgarde bewahrte ihre Haltung. Nur die Artillerie derselben
begünstigte den Aufstand und wurde in Folge dessen ebenso wie die polytech¬
nische Schule aufgelöst. Die Niederwerfung dieses Aufstandes schien von
großer Wichtigkeit und lang nachwirkender Kraft. Daß die Regierung selbst
die Tragweite ihres Sieges sehr hoch schätzte ging daraus hervor, daß sie zu
Anfang d. I. 1833 den Bestand des Landheeres um 20,000 M. verringerte
und auf 400,000 M. feststellte, zu deren Unterhalt das Budget 305 Millionen
auswarf. Aber noch war der Dämon der Revolte nicht gebannt. Schon im
Februar 34 erhob zu Lyon wieder die socialdemokratische Erneute ihr Gor-
gonenhaupt. In schwerem viertägigem Kampfe, wobei die Truppen ihre
Stärke von 10,000 Mann und die Unterstützung der in den letzten Monaten
angelegten Festungswerke sehr wohl brauchen konnten, wurden die Aufrührer
gewaltsam niedergeworfen, und als trotz dieses Erfolges der Regierung die
Gesinnungsgenossen der Lyoner zu Paris die Fahne erhoben, bedürfte es
ebenfalls eines zwar nur kurzen, aber heftigen Kampfes, um ihre Macht zu
brechen. Ueberall waren die Truppen mit Erbitterung gegen den Pöbel ein¬
geschritten, mit Muth hatten sie die Befehle ihrer Führer befolgt, ja über¬
boten; mehrfach waren sie mit einer Grausamkeit zu Werke gegangen, welche
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