Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.und deren höhere Offiziere zu ernennen, ihm selbst zustand. Für die Besetzung Gleichzeitig mit den Verfügungen über die Nationalgarde erfolgten auch Cadres auszustellen und ihnen Officiere zu geben, war leicht; denn letztere ") Diese Mannschaft gehörte fast ausschließlich dem germanischen Osten an und war bin¬
nen Monatsfrist sertig zur Stelle, während andere Departements, wie z. B. Nord, Seine-Jn- fcrieurc, Gironde, Dordogne bei weitem nicht die Hälfte der verlangten Bataillone, andere, wie die Rhone-Mündungen, Tam und Garonne, Finistöre u. s. w. nicht ein einziges stellten. Für viele war dabei allerdings die politische Parteistcllung maßgebend. und deren höhere Offiziere zu ernennen, ihm selbst zustand. Für die Besetzung Gleichzeitig mit den Verfügungen über die Nationalgarde erfolgten auch Cadres auszustellen und ihnen Officiere zu geben, war leicht; denn letztere ") Diese Mannschaft gehörte fast ausschließlich dem germanischen Osten an und war bin¬
nen Monatsfrist sertig zur Stelle, während andere Departements, wie z. B. Nord, Seine-Jn- fcrieurc, Gironde, Dordogne bei weitem nicht die Hälfte der verlangten Bataillone, andere, wie die Rhone-Mündungen, Tam und Garonne, Finistöre u. s. w. nicht ein einziges stellten. Für viele war dabei allerdings die politische Parteistcllung maßgebend. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128338"/> <p xml:id="ID_1397" prev="#ID_1396"> und deren höhere Offiziere zu ernennen, ihm selbst zustand. Für die Besetzung<lb/> der übrigen Offizierstellen wurde ein zusammengesetzter Modus vorgeschrieben.<lb/> 204 Bataillone der östlichen und nördlichen Departements wurden sofort dem<lb/> Kriegsminister zur Verfügung gestellt, um zum Grenzdienst und in den<lb/> Festungen verwendet zu werden. Später wurden alle Provinzen zur Ge¬<lb/> stellung solcher Bataillone aufgefordert, deren Zahl dadurch auf 417 stieg;<lb/> aber obgleich außerordentliche Commissäre, über deren Willkür laute Klagen<lb/> erschollen, mit Ausführung dieser Decrete beauftragt wurden, sind doch statt der ver¬<lb/> langten 300,000 Mann höchstens 180,000 in diese Mobilgarde eingereiht worden.*)</p><lb/> <p xml:id="ID_1398"> Gleichzeitig mit den Verfügungen über die Nationalgarde erfolgten auch<lb/> die ersten Maßnahmen für Reorganisation und Completirung der<lb/> Armee. Alle alten Unterofficiere und Soldaten, welche, gleichgültig<lb/> ob auf Zeit oder unbegrenzt, beurlaubt im Lande lebten, wurden zu den<lb/> Fahnen gerufen (mit dem Versprechen, „sobald der gegenwärtige Frieden sich<lb/> consolidirt haben werde", sofort wieder zur Entlassung zu gelangen). Aus<lb/> dem so einkommenden Menschenmaterial sollte die alte Garde completirt, 16<lb/> Regimenter junger Garde aufgestellt und der Bestand der Armee augmentirt<lb/> werden. Letzteres geschah in der Weise, daß die Regimenter die Cadres ihrer<lb/> vierten Bataillone, resp, fünften Schwadronen füllten und neue Officier-Cadres<lb/> für fünfte Bataillone und sechste Schwadronen aufstellten. — Wenige Tage<lb/> später gab Napoleon den Regimentern die Nummern zurück, welche sie in 25<lb/> ruhmreichen Kriegsjahren getragen hatten. — Am 13. April wurden alle ver¬<lb/> abschiedeten Militärs zur Gestellung aufgefordert, vier Reservebataillone<lb/> (Fußgendarmes) errichtet und die Trains bedeutend verstärkt. Dann wurden<lb/> die Kanoniercompagnien der Küstenwächter wieder hergestellt und die Orga¬<lb/> nisation von 20 Matrosenregimentern begonnen. — Endlich, Ende Mai, er¬<lb/> ging der Befehl zur Rekrutenaushebung; der 15. Juni wurde als<lb/> Schlußtermin für das Revisionsgeschäft bezeichnet.</p><lb/> <p xml:id="ID_1399" next="#ID_1400"> Cadres auszustellen und ihnen Officiere zu geben, war leicht; denn letztere<lb/> waren in Masse vorhanden von allen Waffen, allen Graden. Aber die Cadres<lb/> zu füllen, das war schwer, und daran scheiterte Napoleon wegen der ungenü¬<lb/> genden Thätigkeit, der fehlenden patriotischen Begeisterung der Nation und<lb/> des Mangels durchgreifender Verwaltungsorgane. — Der Aufruf an die alten<lb/> Soldaten, von dem man erwartet hatte, daß er 250,000 Mann ergeben werde,<lb/> brachte, einschließlich der 20,000 Mann, die schon dem früheren königlichen</p><lb/> <note xml:id="FID_123" place="foot"> ") Diese Mannschaft gehörte fast ausschließlich dem germanischen Osten an und war bin¬<lb/> nen Monatsfrist sertig zur Stelle, während andere Departements, wie z. B. Nord, Seine-Jn-<lb/> fcrieurc, Gironde, Dordogne bei weitem nicht die Hälfte der verlangten Bataillone, andere, wie<lb/> die Rhone-Mündungen, Tam und Garonne, Finistöre u. s. w. nicht ein einziges stellten. Für<lb/> viele war dabei allerdings die politische Parteistcllung maßgebend.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
und deren höhere Offiziere zu ernennen, ihm selbst zustand. Für die Besetzung
der übrigen Offizierstellen wurde ein zusammengesetzter Modus vorgeschrieben.
204 Bataillone der östlichen und nördlichen Departements wurden sofort dem
Kriegsminister zur Verfügung gestellt, um zum Grenzdienst und in den
Festungen verwendet zu werden. Später wurden alle Provinzen zur Ge¬
stellung solcher Bataillone aufgefordert, deren Zahl dadurch auf 417 stieg;
aber obgleich außerordentliche Commissäre, über deren Willkür laute Klagen
erschollen, mit Ausführung dieser Decrete beauftragt wurden, sind doch statt der ver¬
langten 300,000 Mann höchstens 180,000 in diese Mobilgarde eingereiht worden.*)
Gleichzeitig mit den Verfügungen über die Nationalgarde erfolgten auch
die ersten Maßnahmen für Reorganisation und Completirung der
Armee. Alle alten Unterofficiere und Soldaten, welche, gleichgültig
ob auf Zeit oder unbegrenzt, beurlaubt im Lande lebten, wurden zu den
Fahnen gerufen (mit dem Versprechen, „sobald der gegenwärtige Frieden sich
consolidirt haben werde", sofort wieder zur Entlassung zu gelangen). Aus
dem so einkommenden Menschenmaterial sollte die alte Garde completirt, 16
Regimenter junger Garde aufgestellt und der Bestand der Armee augmentirt
werden. Letzteres geschah in der Weise, daß die Regimenter die Cadres ihrer
vierten Bataillone, resp, fünften Schwadronen füllten und neue Officier-Cadres
für fünfte Bataillone und sechste Schwadronen aufstellten. — Wenige Tage
später gab Napoleon den Regimentern die Nummern zurück, welche sie in 25
ruhmreichen Kriegsjahren getragen hatten. — Am 13. April wurden alle ver¬
abschiedeten Militärs zur Gestellung aufgefordert, vier Reservebataillone
(Fußgendarmes) errichtet und die Trains bedeutend verstärkt. Dann wurden
die Kanoniercompagnien der Küstenwächter wieder hergestellt und die Orga¬
nisation von 20 Matrosenregimentern begonnen. — Endlich, Ende Mai, er¬
ging der Befehl zur Rekrutenaushebung; der 15. Juni wurde als
Schlußtermin für das Revisionsgeschäft bezeichnet.
Cadres auszustellen und ihnen Officiere zu geben, war leicht; denn letztere
waren in Masse vorhanden von allen Waffen, allen Graden. Aber die Cadres
zu füllen, das war schwer, und daran scheiterte Napoleon wegen der ungenü¬
genden Thätigkeit, der fehlenden patriotischen Begeisterung der Nation und
des Mangels durchgreifender Verwaltungsorgane. — Der Aufruf an die alten
Soldaten, von dem man erwartet hatte, daß er 250,000 Mann ergeben werde,
brachte, einschließlich der 20,000 Mann, die schon dem früheren königlichen
") Diese Mannschaft gehörte fast ausschließlich dem germanischen Osten an und war bin¬
nen Monatsfrist sertig zur Stelle, während andere Departements, wie z. B. Nord, Seine-Jn-
fcrieurc, Gironde, Dordogne bei weitem nicht die Hälfte der verlangten Bataillone, andere, wie
die Rhone-Mündungen, Tam und Garonne, Finistöre u. s. w. nicht ein einziges stellten. Für
viele war dabei allerdings die politische Parteistcllung maßgebend.
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