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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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sich von Freunden umgeben zu sehen, seine herzliche Begrüßung, wenn sie nach
einer beschwerlichen Fahrt von vierzig Meilen über den stürmischsten Winkel
im Osten des atlantischen Meeres ans Land stiegen, oder das Behagen, welches
seine Besucher, deren Erscheinen ihm um so willkommner war, je länger ihr
Bleiben zu sein versprach, unter dem Schatten seiner königlichen Würde
genossen."

Wir überlassen aber mit unserer englischen Quelle diese Seite seines Cha¬
rakters Andern zu schildern und halten uns mehr an die, welche ihn zum
Gegenstande öffentlichen Interesses machte, so winzig auch der Schauplatz seiner
Thätigkeit war.

König Augustus führte auf seinen Inseln ein patriarchalisches Regiment,
er war ihnen der väterlich gebietende, aber auch der väterlich sorgende Gutsherr.
Er wurde dabei von Umständen unterstützt, die Wenigen innerhalb des Kreises
englischer Gesittung in gleichem Maße zu Gute kamen. Er war zunächst ein
sehr reicher Mann, der Hülfsquellen besaß, die weit über das hinausgingen,
was seine Eilande ihm zu leisten vermochten, und er blieb sein ganzes Leben
lang unvermählt, so daß er nach dieser Richtung hin keine Veranlassung hatte,
auf Zusammenhalt und Vermehrung seines Vermögens bedacht zu sein. End¬
lich aber lag es auch nicht in seiner Art. sich groß über ein Anwachsen seines
Reichthums zu freuen. Er sah sich also in keiner Weise versucht, seine Jnsel-
domäne in pecuniärer Hinsicht auszubeuten, und es leidet keinen Zweifel, daß
seine Einnahmen von derselben von seinen Ausgaben für dieselbe reichlich auf¬
gewogen wurden. Aber während es ihm auf diese Weise durchaus fern lag
die Schraube zu seinem Nutzen anzusetzen, war er andrerseits auch durchaus
keiner von den bequem zu handhabenden Gutsherrn, welche aus Furchtsamkeit
oder dem Streben nach Beliebtheit beim Volke jedem Verlangen nachgeben.
Im Gegentheil, seine Nachbarn -- wenigstens die, welche über seine wirkliche
wohlwollende Denkart und die gesunde Tüchtigkeit seiner volkswirthschaftlichen
'Grundsätze noch keine Erfahrung hatten -- hielten ihn für einen gestrengen
Herrn. Er konnte im Allgemeinen seinen Anordnungen durch die einfache
Weisung, daß der Widerspenstige seine Pachtstelle zu räumen habe, Gehorsam
verschaffen. Selbst das Gesetz war -- obwohl wir von keinem Fall vernom¬
men haben, wo er es gemißbraucht hätte -- in seiner Gewalt, denn er konnte
als Erbpächter des Herzogthums den Gerichtshof von zwölf Einwohnern,
welcher über kleinere Fragen des Civilrechts entschied, nach Belieben zusam¬
menrufen und dessen Mitglieder wählen. Und diesen Anordnungen erzwang
er unbedingten Gehorsam, selbst wo sie -- wie in einem bestimmten Falle
-- die Entvölkerung einer ganzen Insel und deren Verwandlung in einen
Park für Rehe einschlossen. Er trug reichlich Sorge, daß keine Härte
vorkam, und daß die wenigen aus ihren Hütten entfernten Leute sich durch


sich von Freunden umgeben zu sehen, seine herzliche Begrüßung, wenn sie nach
einer beschwerlichen Fahrt von vierzig Meilen über den stürmischsten Winkel
im Osten des atlantischen Meeres ans Land stiegen, oder das Behagen, welches
seine Besucher, deren Erscheinen ihm um so willkommner war, je länger ihr
Bleiben zu sein versprach, unter dem Schatten seiner königlichen Würde
genossen."

Wir überlassen aber mit unserer englischen Quelle diese Seite seines Cha¬
rakters Andern zu schildern und halten uns mehr an die, welche ihn zum
Gegenstande öffentlichen Interesses machte, so winzig auch der Schauplatz seiner
Thätigkeit war.

König Augustus führte auf seinen Inseln ein patriarchalisches Regiment,
er war ihnen der väterlich gebietende, aber auch der väterlich sorgende Gutsherr.
Er wurde dabei von Umständen unterstützt, die Wenigen innerhalb des Kreises
englischer Gesittung in gleichem Maße zu Gute kamen. Er war zunächst ein
sehr reicher Mann, der Hülfsquellen besaß, die weit über das hinausgingen,
was seine Eilande ihm zu leisten vermochten, und er blieb sein ganzes Leben
lang unvermählt, so daß er nach dieser Richtung hin keine Veranlassung hatte,
auf Zusammenhalt und Vermehrung seines Vermögens bedacht zu sein. End¬
lich aber lag es auch nicht in seiner Art. sich groß über ein Anwachsen seines
Reichthums zu freuen. Er sah sich also in keiner Weise versucht, seine Jnsel-
domäne in pecuniärer Hinsicht auszubeuten, und es leidet keinen Zweifel, daß
seine Einnahmen von derselben von seinen Ausgaben für dieselbe reichlich auf¬
gewogen wurden. Aber während es ihm auf diese Weise durchaus fern lag
die Schraube zu seinem Nutzen anzusetzen, war er andrerseits auch durchaus
keiner von den bequem zu handhabenden Gutsherrn, welche aus Furchtsamkeit
oder dem Streben nach Beliebtheit beim Volke jedem Verlangen nachgeben.
Im Gegentheil, seine Nachbarn — wenigstens die, welche über seine wirkliche
wohlwollende Denkart und die gesunde Tüchtigkeit seiner volkswirthschaftlichen
'Grundsätze noch keine Erfahrung hatten — hielten ihn für einen gestrengen
Herrn. Er konnte im Allgemeinen seinen Anordnungen durch die einfache
Weisung, daß der Widerspenstige seine Pachtstelle zu räumen habe, Gehorsam
verschaffen. Selbst das Gesetz war — obwohl wir von keinem Fall vernom¬
men haben, wo er es gemißbraucht hätte — in seiner Gewalt, denn er konnte
als Erbpächter des Herzogthums den Gerichtshof von zwölf Einwohnern,
welcher über kleinere Fragen des Civilrechts entschied, nach Belieben zusam¬
menrufen und dessen Mitglieder wählen. Und diesen Anordnungen erzwang
er unbedingten Gehorsam, selbst wo sie — wie in einem bestimmten Falle
— die Entvölkerung einer ganzen Insel und deren Verwandlung in einen
Park für Rehe einschlossen. Er trug reichlich Sorge, daß keine Härte
vorkam, und daß die wenigen aus ihren Hütten entfernten Leute sich durch


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[0397] sich von Freunden umgeben zu sehen, seine herzliche Begrüßung, wenn sie nach einer beschwerlichen Fahrt von vierzig Meilen über den stürmischsten Winkel im Osten des atlantischen Meeres ans Land stiegen, oder das Behagen, welches seine Besucher, deren Erscheinen ihm um so willkommner war, je länger ihr Bleiben zu sein versprach, unter dem Schatten seiner königlichen Würde genossen." Wir überlassen aber mit unserer englischen Quelle diese Seite seines Cha¬ rakters Andern zu schildern und halten uns mehr an die, welche ihn zum Gegenstande öffentlichen Interesses machte, so winzig auch der Schauplatz seiner Thätigkeit war. König Augustus führte auf seinen Inseln ein patriarchalisches Regiment, er war ihnen der väterlich gebietende, aber auch der väterlich sorgende Gutsherr. Er wurde dabei von Umständen unterstützt, die Wenigen innerhalb des Kreises englischer Gesittung in gleichem Maße zu Gute kamen. Er war zunächst ein sehr reicher Mann, der Hülfsquellen besaß, die weit über das hinausgingen, was seine Eilande ihm zu leisten vermochten, und er blieb sein ganzes Leben lang unvermählt, so daß er nach dieser Richtung hin keine Veranlassung hatte, auf Zusammenhalt und Vermehrung seines Vermögens bedacht zu sein. End¬ lich aber lag es auch nicht in seiner Art. sich groß über ein Anwachsen seines Reichthums zu freuen. Er sah sich also in keiner Weise versucht, seine Jnsel- domäne in pecuniärer Hinsicht auszubeuten, und es leidet keinen Zweifel, daß seine Einnahmen von derselben von seinen Ausgaben für dieselbe reichlich auf¬ gewogen wurden. Aber während es ihm auf diese Weise durchaus fern lag die Schraube zu seinem Nutzen anzusetzen, war er andrerseits auch durchaus keiner von den bequem zu handhabenden Gutsherrn, welche aus Furchtsamkeit oder dem Streben nach Beliebtheit beim Volke jedem Verlangen nachgeben. Im Gegentheil, seine Nachbarn — wenigstens die, welche über seine wirkliche wohlwollende Denkart und die gesunde Tüchtigkeit seiner volkswirthschaftlichen 'Grundsätze noch keine Erfahrung hatten — hielten ihn für einen gestrengen Herrn. Er konnte im Allgemeinen seinen Anordnungen durch die einfache Weisung, daß der Widerspenstige seine Pachtstelle zu räumen habe, Gehorsam verschaffen. Selbst das Gesetz war — obwohl wir von keinem Fall vernom¬ men haben, wo er es gemißbraucht hätte — in seiner Gewalt, denn er konnte als Erbpächter des Herzogthums den Gerichtshof von zwölf Einwohnern, welcher über kleinere Fragen des Civilrechts entschied, nach Belieben zusam¬ menrufen und dessen Mitglieder wählen. Und diesen Anordnungen erzwang er unbedingten Gehorsam, selbst wo sie — wie in einem bestimmten Falle — die Entvölkerung einer ganzen Insel und deren Verwandlung in einen Park für Rehe einschlossen. Er trug reichlich Sorge, daß keine Härte vorkam, und daß die wenigen aus ihren Hütten entfernten Leute sich durch

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/397>, abgerufen am 22.07.2024.