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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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im Hafen liegende Panzerschiffe der Italiener auch zerstört. Spezzia selbst in
einen Trümmerhaufen verwandelt; und das Pulvermagazin fliegt, den Rest
des noch Vorhandenen vernichtend, gerade in dem Augenblicke in die Luft, als
die unversehrte französische Flotte sich ruhig nach gethaner Arbeit zurückzieht.
Mit der italienischen Flotte, mit den Küstenbefestigungen war es nun zu Ende und
der Landarmee fiel allein die Aufgabe zu, Italien zu retten.

Damals wurde gerade eine Reservearmee am Arno, die zweite bei Rom -
zusammengezogen. Unser Küstenwächter, dem das Herz blutete, als er die Flotte,
auf der er gedient, noch jammervoller als bei Lissa zu Grunde gehen sah, nahm
eine Flinte auf die Schulter und stieß als Freiwilliger zu der ersteren Reserve¬
armee. Und wie er, so machten es alle vaterlandsliebenden Männer, die einen
gesunden Körper hatten. In Neapel aber, wo alte bourbonistische Erinnerungen
noch wach waren und das Volk in Bezug auf Verdummung seines gleichen
suchte, brach ein panischer Schrecken aus, als dort die Nachrichten von Spezzia
bekannt wurden. Die französische Flotte, so hieß es dort, sei auf dem directen
Weg nach Neapel, das nun zunächst in einen Schutthaufen verwandelt werden
solle. "Wenn das Arsenal auffliegt, sind wir alle des Todes; heiliger Januarius
hilf uns!" schrien die Lazzaroni. Von Angst gepeinigt, stürzte die Masse nach
dem Arsenal, zerstörte es und warf die Pulvervorräthe ins Wasser. Von
Rom aus wurden schleunig mit der Eisenbahn drei Regimenter nach Neapel
gesandt, um dort Ruhe und Ordnung herzustellen, was auch gelang -- aber
mit dem Feinde vor der Thür bot dieser Aufruhr ein schlechtes Beispiel und
warf einen traurigen Schatten auf die kommenden Ereignisse. Und so wie
in Neapel machten es die Bewohner anderer offen an der See gelegener Städte.
Die große Küstentwicklung, die Italien in Bezug auf Handel und Wandel
so viele Vortheile bot, sie wurde jetzt zur Angst und Pein und zu spät erkannte
man, wie sehr sie in Bezug auf Vertheidigung vernachlässigt worden war.

Die große strategische Linie, die bei der Landvertheidigung in Betracht
kam, war der Flußlauf des Po und die in Toscana angesammelten Reserven
wurden dorthin abgesandt, um die Hauptarmee zu verstärken. Da verlautete
plötzlich, daß die feindliche Flotte, verstärkt durch Hunderte von Transport'
schiffen, mit einer großen Armee in See gegangen sei. Wohin wird diese sich
wenden, nach Sieilien, Sardinien oder einer andern Stelle? Man hatte keine
Ahnung davon und konnte trotz der Küstenbahnen unmöglich die Landarmee
so schnell an einen bedrohten Punkt transportiren um dem Feinde wirksam
und rechtzeitig zu begegnen.

Drei Tage der fürchterlichsten Aufregung, des peinvollsten Wartens ver¬
gingen. Da läuft die Kunde durch das Land: ungehindert sind bei Piom-
bino 100,000 Franzosen gelandet, die aufwärts durch das Thal des Arno
vordringen, mehrere vereinzelte Abtheilungen der Reservearmee geschlagen haben


im Hafen liegende Panzerschiffe der Italiener auch zerstört. Spezzia selbst in
einen Trümmerhaufen verwandelt; und das Pulvermagazin fliegt, den Rest
des noch Vorhandenen vernichtend, gerade in dem Augenblicke in die Luft, als
die unversehrte französische Flotte sich ruhig nach gethaner Arbeit zurückzieht.
Mit der italienischen Flotte, mit den Küstenbefestigungen war es nun zu Ende und
der Landarmee fiel allein die Aufgabe zu, Italien zu retten.

Damals wurde gerade eine Reservearmee am Arno, die zweite bei Rom -
zusammengezogen. Unser Küstenwächter, dem das Herz blutete, als er die Flotte,
auf der er gedient, noch jammervoller als bei Lissa zu Grunde gehen sah, nahm
eine Flinte auf die Schulter und stieß als Freiwilliger zu der ersteren Reserve¬
armee. Und wie er, so machten es alle vaterlandsliebenden Männer, die einen
gesunden Körper hatten. In Neapel aber, wo alte bourbonistische Erinnerungen
noch wach waren und das Volk in Bezug auf Verdummung seines gleichen
suchte, brach ein panischer Schrecken aus, als dort die Nachrichten von Spezzia
bekannt wurden. Die französische Flotte, so hieß es dort, sei auf dem directen
Weg nach Neapel, das nun zunächst in einen Schutthaufen verwandelt werden
solle. „Wenn das Arsenal auffliegt, sind wir alle des Todes; heiliger Januarius
hilf uns!" schrien die Lazzaroni. Von Angst gepeinigt, stürzte die Masse nach
dem Arsenal, zerstörte es und warf die Pulvervorräthe ins Wasser. Von
Rom aus wurden schleunig mit der Eisenbahn drei Regimenter nach Neapel
gesandt, um dort Ruhe und Ordnung herzustellen, was auch gelang — aber
mit dem Feinde vor der Thür bot dieser Aufruhr ein schlechtes Beispiel und
warf einen traurigen Schatten auf die kommenden Ereignisse. Und so wie
in Neapel machten es die Bewohner anderer offen an der See gelegener Städte.
Die große Küstentwicklung, die Italien in Bezug auf Handel und Wandel
so viele Vortheile bot, sie wurde jetzt zur Angst und Pein und zu spät erkannte
man, wie sehr sie in Bezug auf Vertheidigung vernachlässigt worden war.

Die große strategische Linie, die bei der Landvertheidigung in Betracht
kam, war der Flußlauf des Po und die in Toscana angesammelten Reserven
wurden dorthin abgesandt, um die Hauptarmee zu verstärken. Da verlautete
plötzlich, daß die feindliche Flotte, verstärkt durch Hunderte von Transport'
schiffen, mit einer großen Armee in See gegangen sei. Wohin wird diese sich
wenden, nach Sieilien, Sardinien oder einer andern Stelle? Man hatte keine
Ahnung davon und konnte trotz der Küstenbahnen unmöglich die Landarmee
so schnell an einen bedrohten Punkt transportiren um dem Feinde wirksam
und rechtzeitig zu begegnen.

Drei Tage der fürchterlichsten Aufregung, des peinvollsten Wartens ver¬
gingen. Da läuft die Kunde durch das Land: ungehindert sind bei Piom-
bino 100,000 Franzosen gelandet, die aufwärts durch das Thal des Arno
vordringen, mehrere vereinzelte Abtheilungen der Reservearmee geschlagen haben


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/34>, abgerufen am 22.12.2024.