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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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schwächere Contingente abschicken, als ihnen vorgeschrieben war; um aber dennoch
vollzählig auf dem Platze zu erscheinen, griffen sie unterwegs andere, noch
schwächere Detachements auf, annectirten sie, und dann zählten solche Rekruten¬
trupps in den Listen doppelt. Damit begann ein verhängnißvoller Wirrwarr
in den Stärkerapporten, und hier vorzugsweise nahmen die berüchtigten
"Llleetiks üctits" ihren Ursprung. Bald erwies sich übrigens die Aushebung
der vier Klassen als unzureichend zur Completirung jener dreimal 28 Batail¬
lone und es mußte auch auf die Aushebung von 1814 gegriffen werden.

Sehr am Herzen lag dem Kaiser die Herstellung der Garde, welche
bis auf etwa S00 Mann untergegangen war. Um die alte Garde herzustellen
bezog er 3000 alte Soldaten aus der Armee von Spanien; zur Erneuerung
der jungen Garde nahm er seine Zuflucht zur Conscription und wies ihr
namentlich 24,000 Mann der Hilfsaushebung vom 11. Februar und zwar
durchweg ausgesuchte Leute vom ersten Bann der Nationalgarde zu. Den
Rest (ca. 1S.000 Mann) hatte bereits die Aushebung von 1813 gestellt.

Die außerordentlichen Anstrengungen des Kaisers und der Bureaux des
Kriegsministeriums erzielten, daß am 30. März der Rapport über die Or¬
ganisation der Jnfa ut crie die Ziffer von 869 Bataillonen nachwies, von denen
700 Feld-, 169 Depot-Bataillone waren und die zusammen 626,000 Mann re-
präsentirten. Der "Großen Armee", d. h. der Armee gegen Osten gehörten
davon 392 Bataillone mit 298,000 Mann. -- Napoleon sprach sein Lob
über den Eifer und die Geschicklichkeit des Ministeriums aus; ihm waren
diese Ziffern "suM Ä'orgueil pour Iss ?riZ,vya,is, as terreur xour 1'önne-
mi"; ein so ernster und rechtlicher Historiker wie Roussel nennt sie exeMsits
und dz^erdoliyuvL.

In verhältnißmäßig gutem Zustande befanden sich Artillerie und
Train, da die Arsenale für ihre Ausrüstung noch immer große Mittel ent¬
hielten. Die Bespannung litt meist daran, daß die Pferde zu jung waren.
Ueberaus groß waren die Schwierigkeiten, welche sich der Neuaufstellung von
Cavallerie entgegenthürmten. Der größte Theil der ihr zugewiesenen
Rekruten hatte nie aus einem Pferde gesessen. Ende März schwankte der Be¬
stand dieser Waffe noch durchaus in provisorischen Anfängen umher. Ihren
Mangel hoffte der Kaiser durch seine starke und gute Artillerie zu ersetzen.
"Mus livrorons Ass dg,ta,iU<Z3 ä'Lgxpw"; meinte er, "uno boimö int'imtei-le,
Loutenuo xar 1'iirtillerie, äoit savoir so future."

Am 12. März wurden die französischen Streitkräfte in Deutschland de¬
finitiv organisirt. Das Avantgardencorps und die vier Observationscorps
traten in die Große Armee zurück. Von den elf Corps der letzteren sind
einige niemals zur Action gekommen, manche nur auf dem Papier geblieben. --^
Folgendes war die Ordre de Bataille.


schwächere Contingente abschicken, als ihnen vorgeschrieben war; um aber dennoch
vollzählig auf dem Platze zu erscheinen, griffen sie unterwegs andere, noch
schwächere Detachements auf, annectirten sie, und dann zählten solche Rekruten¬
trupps in den Listen doppelt. Damit begann ein verhängnißvoller Wirrwarr
in den Stärkerapporten, und hier vorzugsweise nahmen die berüchtigten
„Llleetiks üctits" ihren Ursprung. Bald erwies sich übrigens die Aushebung
der vier Klassen als unzureichend zur Completirung jener dreimal 28 Batail¬
lone und es mußte auch auf die Aushebung von 1814 gegriffen werden.

Sehr am Herzen lag dem Kaiser die Herstellung der Garde, welche
bis auf etwa S00 Mann untergegangen war. Um die alte Garde herzustellen
bezog er 3000 alte Soldaten aus der Armee von Spanien; zur Erneuerung
der jungen Garde nahm er seine Zuflucht zur Conscription und wies ihr
namentlich 24,000 Mann der Hilfsaushebung vom 11. Februar und zwar
durchweg ausgesuchte Leute vom ersten Bann der Nationalgarde zu. Den
Rest (ca. 1S.000 Mann) hatte bereits die Aushebung von 1813 gestellt.

Die außerordentlichen Anstrengungen des Kaisers und der Bureaux des
Kriegsministeriums erzielten, daß am 30. März der Rapport über die Or¬
ganisation der Jnfa ut crie die Ziffer von 869 Bataillonen nachwies, von denen
700 Feld-, 169 Depot-Bataillone waren und die zusammen 626,000 Mann re-
präsentirten. Der „Großen Armee", d. h. der Armee gegen Osten gehörten
davon 392 Bataillone mit 298,000 Mann. — Napoleon sprach sein Lob
über den Eifer und die Geschicklichkeit des Ministeriums aus; ihm waren
diese Ziffern „suM Ä'orgueil pour Iss ?riZ,vya,is, as terreur xour 1'önne-
mi"; ein so ernster und rechtlicher Historiker wie Roussel nennt sie exeMsits
und dz^erdoliyuvL.

In verhältnißmäßig gutem Zustande befanden sich Artillerie und
Train, da die Arsenale für ihre Ausrüstung noch immer große Mittel ent¬
hielten. Die Bespannung litt meist daran, daß die Pferde zu jung waren.
Ueberaus groß waren die Schwierigkeiten, welche sich der Neuaufstellung von
Cavallerie entgegenthürmten. Der größte Theil der ihr zugewiesenen
Rekruten hatte nie aus einem Pferde gesessen. Ende März schwankte der Be¬
stand dieser Waffe noch durchaus in provisorischen Anfängen umher. Ihren
Mangel hoffte der Kaiser durch seine starke und gute Artillerie zu ersetzen.
„Mus livrorons Ass dg,ta,iU<Z3 ä'Lgxpw"; meinte er, „uno boimö int'imtei-le,
Loutenuo xar 1'iirtillerie, äoit savoir so future.«

Am 12. März wurden die französischen Streitkräfte in Deutschland de¬
finitiv organisirt. Das Avantgardencorps und die vier Observationscorps
traten in die Große Armee zurück. Von den elf Corps der letzteren sind
einige niemals zur Action gekommen, manche nur auf dem Papier geblieben. —^
Folgendes war die Ordre de Bataille.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/333>, abgerufen am 22.07.2024.