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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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lungsarbeiten. Bald genug aber wurden diese Illusionen zerstört. Am 27.
Januar 1813 schrieb Napoleon an den Mac-König von Italien, welcher es
an Murat's Stelle übernommen hatte, die Heerestrümmer zu sammeln und
zu befehligen: "Non üls, ,jo v'al pu,s Moore äos iZ(Zos dion nottos sur ig,
in^nioro, civile l'armi^o eioit so r6orgamser . . . ^'Monas pour nota 6o
nouvoaux ronseiZriomoutL." Diese sollten nicht lange ausbleiben; aber sie
waren dazu angethan, jeden Selbstbetrug zu zerstören. Denn am 1. Februar
berichtete Prinz Eugen von Posen aus an den Kaiser über den Stand der
Großen Armee: -- 1600 Mann vom I. Corps, 1900 vom II., 1000 vom III.,
1900 vom IV. -- also 6400 Combattanten -- das sei Alles, was von 36
Regimentern, von 166 Bataillonen d. h. von mehr als 123,000 Mann aus¬
schließlich französischer Infanterie übrig geblieben!*) Dieser Rest der vier
alten Corps war in die Oderfestungen eingeschlossen und natürlich viel zu schwach
um sie zu halten. Man beeilte sich, ihnen die sarnisons äos vaissoaux zu
Hilfe zu schicken: d. h. eine gewisse Anzahl von Depot-Bataillonen, welche
bisher dazu gedient hatten, die in den Häfen liegenden Hochbordschiffe zu be¬
wachen und die der Kaiser schon durch ein von Moskau datirtes Decret zur
Completirung seiner Armee in Bewegung gesetzt hatte. Die Stärke derselben
betrug 7300 Mann (von denen etwa 4000 Franzosen); doch gelang es nur
die Detachements der Scheide und von Texel nach Spandau und Cüstrin zu
werfen; die von Toulon, Rochefort, Brest und Cherburg waren erst zum
März zu erwarten.

Was sich von andern Corps der großen Armee oder von Nachzüglern
sammelte, schloß sich an das Corps Grenier an, welches, 16,000 Mann
aller Waffen stark, nach dem Abzüge Augereau's (XI. Corps) von Berlin zur
Großen Armee, dessen Stelle in der preußischen Hauptstadt eingenommen
hatte. Dies von Verona angelangte Corps bildete jetzt die Hauptmacht des
Mac-Königs Eugen; ihr schlössen sich die Trümmer der Division Durutte
unter Reynier, sowie Marschall Macdonald an, der nach Bork's Entschließung
noch über 7 bis 8000 Polen gebot. Theile der Sachsen standen in naher
Aussicht und traten später auch wirklich hinzu, und dieser Rückzugsrest der
"Großen Armee" empfing nun den stolzen Namen der "Avantgarde der
Großen Armee von 1813."



") L-ranks lioussst- La "r-miZg g,rmög 6s 181?. Z?a,is 1871. Dies Werk des aus¬
gezeichneten Akademikers, welches während des Krieges erschien, konnte Angesichts der drängen¬
den Tagesinteressen bisher noch keine eingehende Würdigung erfahren und ist noch überaus
wenig gekannt. Dem ganzen vorliegenden Artikel liegt es als das neueste und am meisten
authentische Material zu Grunde. Denn Roussel stützt sich durchweg auf die Acten und Cor-
respondenzen der ^rolnvss as la Ousrro" und das Wichtigste und Jnteressanteste seiner Mit¬
theilungen aus Original-Piecen ist auch hier aufgenommen worden.

lungsarbeiten. Bald genug aber wurden diese Illusionen zerstört. Am 27.
Januar 1813 schrieb Napoleon an den Mac-König von Italien, welcher es
an Murat's Stelle übernommen hatte, die Heerestrümmer zu sammeln und
zu befehligen: „Non üls, ,jo v'al pu,s Moore äos iZ(Zos dion nottos sur ig,
in^nioro, civile l'armi^o eioit so r6orgamser . . . ^'Monas pour nota 6o
nouvoaux ronseiZriomoutL." Diese sollten nicht lange ausbleiben; aber sie
waren dazu angethan, jeden Selbstbetrug zu zerstören. Denn am 1. Februar
berichtete Prinz Eugen von Posen aus an den Kaiser über den Stand der
Großen Armee: — 1600 Mann vom I. Corps, 1900 vom II., 1000 vom III.,
1900 vom IV. — also 6400 Combattanten — das sei Alles, was von 36
Regimentern, von 166 Bataillonen d. h. von mehr als 123,000 Mann aus¬
schließlich französischer Infanterie übrig geblieben!*) Dieser Rest der vier
alten Corps war in die Oderfestungen eingeschlossen und natürlich viel zu schwach
um sie zu halten. Man beeilte sich, ihnen die sarnisons äos vaissoaux zu
Hilfe zu schicken: d. h. eine gewisse Anzahl von Depot-Bataillonen, welche
bisher dazu gedient hatten, die in den Häfen liegenden Hochbordschiffe zu be¬
wachen und die der Kaiser schon durch ein von Moskau datirtes Decret zur
Completirung seiner Armee in Bewegung gesetzt hatte. Die Stärke derselben
betrug 7300 Mann (von denen etwa 4000 Franzosen); doch gelang es nur
die Detachements der Scheide und von Texel nach Spandau und Cüstrin zu
werfen; die von Toulon, Rochefort, Brest und Cherburg waren erst zum
März zu erwarten.

Was sich von andern Corps der großen Armee oder von Nachzüglern
sammelte, schloß sich an das Corps Grenier an, welches, 16,000 Mann
aller Waffen stark, nach dem Abzüge Augereau's (XI. Corps) von Berlin zur
Großen Armee, dessen Stelle in der preußischen Hauptstadt eingenommen
hatte. Dies von Verona angelangte Corps bildete jetzt die Hauptmacht des
Mac-Königs Eugen; ihr schlössen sich die Trümmer der Division Durutte
unter Reynier, sowie Marschall Macdonald an, der nach Bork's Entschließung
noch über 7 bis 8000 Polen gebot. Theile der Sachsen standen in naher
Aussicht und traten später auch wirklich hinzu, und dieser Rückzugsrest der
„Großen Armee" empfing nun den stolzen Namen der „Avantgarde der
Großen Armee von 1813."



") L-ranks lioussst- La «r-miZg g,rmög 6s 181?. Z?a,is 1871. Dies Werk des aus¬
gezeichneten Akademikers, welches während des Krieges erschien, konnte Angesichts der drängen¬
den Tagesinteressen bisher noch keine eingehende Würdigung erfahren und ist noch überaus
wenig gekannt. Dem ganzen vorliegenden Artikel liegt es als das neueste und am meisten
authentische Material zu Grunde. Denn Roussel stützt sich durchweg auf die Acten und Cor-
respondenzen der ^rolnvss as la Ousrro» und das Wichtigste und Jnteressanteste seiner Mit¬
theilungen aus Original-Piecen ist auch hier aufgenommen worden.
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[0325] lungsarbeiten. Bald genug aber wurden diese Illusionen zerstört. Am 27. Januar 1813 schrieb Napoleon an den Mac-König von Italien, welcher es an Murat's Stelle übernommen hatte, die Heerestrümmer zu sammeln und zu befehligen: „Non üls, ,jo v'al pu,s Moore äos iZ(Zos dion nottos sur ig, in^nioro, civile l'armi^o eioit so r6orgamser . . . ^'Monas pour nota 6o nouvoaux ronseiZriomoutL." Diese sollten nicht lange ausbleiben; aber sie waren dazu angethan, jeden Selbstbetrug zu zerstören. Denn am 1. Februar berichtete Prinz Eugen von Posen aus an den Kaiser über den Stand der Großen Armee: — 1600 Mann vom I. Corps, 1900 vom II., 1000 vom III., 1900 vom IV. — also 6400 Combattanten — das sei Alles, was von 36 Regimentern, von 166 Bataillonen d. h. von mehr als 123,000 Mann aus¬ schließlich französischer Infanterie übrig geblieben!*) Dieser Rest der vier alten Corps war in die Oderfestungen eingeschlossen und natürlich viel zu schwach um sie zu halten. Man beeilte sich, ihnen die sarnisons äos vaissoaux zu Hilfe zu schicken: d. h. eine gewisse Anzahl von Depot-Bataillonen, welche bisher dazu gedient hatten, die in den Häfen liegenden Hochbordschiffe zu be¬ wachen und die der Kaiser schon durch ein von Moskau datirtes Decret zur Completirung seiner Armee in Bewegung gesetzt hatte. Die Stärke derselben betrug 7300 Mann (von denen etwa 4000 Franzosen); doch gelang es nur die Detachements der Scheide und von Texel nach Spandau und Cüstrin zu werfen; die von Toulon, Rochefort, Brest und Cherburg waren erst zum März zu erwarten. Was sich von andern Corps der großen Armee oder von Nachzüglern sammelte, schloß sich an das Corps Grenier an, welches, 16,000 Mann aller Waffen stark, nach dem Abzüge Augereau's (XI. Corps) von Berlin zur Großen Armee, dessen Stelle in der preußischen Hauptstadt eingenommen hatte. Dies von Verona angelangte Corps bildete jetzt die Hauptmacht des Mac-Königs Eugen; ihr schlössen sich die Trümmer der Division Durutte unter Reynier, sowie Marschall Macdonald an, der nach Bork's Entschließung noch über 7 bis 8000 Polen gebot. Theile der Sachsen standen in naher Aussicht und traten später auch wirklich hinzu, und dieser Rückzugsrest der „Großen Armee" empfing nun den stolzen Namen der „Avantgarde der Großen Armee von 1813." ") L-ranks lioussst- La «r-miZg g,rmög 6s 181?. Z?a,is 1871. Dies Werk des aus¬ gezeichneten Akademikers, welches während des Krieges erschien, konnte Angesichts der drängen¬ den Tagesinteressen bisher noch keine eingehende Würdigung erfahren und ist noch überaus wenig gekannt. Dem ganzen vorliegenden Artikel liegt es als das neueste und am meisten authentische Material zu Grunde. Denn Roussel stützt sich durchweg auf die Acten und Cor- respondenzen der ^rolnvss as la Ousrro» und das Wichtigste und Jnteressanteste seiner Mit¬ theilungen aus Original-Piecen ist auch hier aufgenommen worden.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/325>, abgerufen am 22.07.2024.