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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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und Genie auf über 600,000. Wenn diese Zahlen nicht bloß die Sollstärke,
sondern die Effeetivstärke der durch Gambetta geschaffenen Heere ausdrücken, --
was wir bezweifeln -- fo wären in der Zeit vom 10. October bis 9. Februar
"täglich 5000 Mann" organisirt worden. "So konnte die Verwaltung während
der ganzen Zeit ihres Bestehens täglich eine Brigade oder Halbdivision vor
den Feind schicken!" ruft Freycinet Seite 20 vergnügt aus. Aber eben diese
tropfenweise Heeresbildung war das Unheil der nationalen Vertheidigung.
Und wenn die obigen Ziffern wirklich richtig sind, so erhöht dieß nur den
Ruhm der deutschen Kriegführung, welche bald durch Theilung der feindlichen
Heeresmassen und durch den Angriff auf diese getheilten Kräfte ein annähern¬
des Gleichgewicht der Massen in den einzelnen Kämpfen herzustellen wußte,
wie in dem Feldzug des Prinzen Friedrich Carl gegen die Loirearmee; bald
mit heldenmüthiger Ausdauer den Anprall einer eminenten feindlichen Ueber¬
macht abwies, wie Werber an der Lisaine, bis das Eintreffen weitentfernter
Hilfstruppen unter Manteuffel das Stärkeverhältniß abermals den Deutschen
günstiger gestaltete. -- An Geschützen sollen nach Freycinet in derselben
Zeit 1400 Stück jeden Calibers geliefert worden, "das macht täglich zwei voll¬
ständig bespannte und bemannte Batterien." Dagegen war ein solcher Mangel
an Geschirren vorhanden, daß man "nach ihnen bis in Amerika suchen mußte,
und einmal die Batterien nicht abrücken konnten, weil das Schiff, welches die
Geschirre brachte, durch Sturm vor dem Hafen aufgehalten wurde." Als end¬
lich eine reichliche Anzahl von Geschirren vorhanden war. waren dagegen die
Artillerieregimenter so erschöpft, daß sie nicht mehr im Stande waren, die Be¬
dienungsmannschaften zu liefern.

Eine sehr bunte, von Spielereien keineswegs völlig freie Gattung von
Behörden Gambettascher Schöpfung muß das von Freycinet sehr gerühmte
"Civil-Gentecorps der Armee" gewesen sein. Es trat an die Stelle
der traditionellen "Direction des Genies." weil die letztere bei Wiederherstellung
von Kunstbauten, Auswerfung von Feldschanzen, Unwegsammachung von
Straßen u. f. w. nicht schnell genug war. Besetze wurde das "Civilgeniecorps
der Armee" mit allen irgend greifbaren Staatsingenieuren, Privatingenieuren,
Bauverständigen, Unternehmern öffentlicher Arbeiten u. f. w. "Wir ließen
selbst Ausländer zu" und unter diesen hat sich ein neutraler Belgier Herr
Brunfaut ausgezeichnet. Der gute Wille der Mitglieder dieses Civilgenie.
Corps wird meist ihre beste Gabe gewesen sein. Am Schluß der Feindselig¬
keiten zählte es 52 Ingenieure jeden Grades und 200 Abtheilungsführer.
Jedes Armeecorps erhielt 1 Oberingenieur, 3 Ingenieure, 9 Abtheilungs¬
führer, 18 Bauaufseher, 9 Zeichner, 1 Compagnie Arbeiter von 600 Mann,
"welche bis auf 300 vermehrt werden konnten." Es war mit "allen Werk¬
zeugen und sonstigem Arbeitsbedarf, selbst mit electrischen Batterien, Fern-


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und Genie auf über 600,000. Wenn diese Zahlen nicht bloß die Sollstärke,
sondern die Effeetivstärke der durch Gambetta geschaffenen Heere ausdrücken, —
was wir bezweifeln — fo wären in der Zeit vom 10. October bis 9. Februar
„täglich 5000 Mann" organisirt worden. „So konnte die Verwaltung während
der ganzen Zeit ihres Bestehens täglich eine Brigade oder Halbdivision vor
den Feind schicken!" ruft Freycinet Seite 20 vergnügt aus. Aber eben diese
tropfenweise Heeresbildung war das Unheil der nationalen Vertheidigung.
Und wenn die obigen Ziffern wirklich richtig sind, so erhöht dieß nur den
Ruhm der deutschen Kriegführung, welche bald durch Theilung der feindlichen
Heeresmassen und durch den Angriff auf diese getheilten Kräfte ein annähern¬
des Gleichgewicht der Massen in den einzelnen Kämpfen herzustellen wußte,
wie in dem Feldzug des Prinzen Friedrich Carl gegen die Loirearmee; bald
mit heldenmüthiger Ausdauer den Anprall einer eminenten feindlichen Ueber¬
macht abwies, wie Werber an der Lisaine, bis das Eintreffen weitentfernter
Hilfstruppen unter Manteuffel das Stärkeverhältniß abermals den Deutschen
günstiger gestaltete. — An Geschützen sollen nach Freycinet in derselben
Zeit 1400 Stück jeden Calibers geliefert worden, „das macht täglich zwei voll¬
ständig bespannte und bemannte Batterien." Dagegen war ein solcher Mangel
an Geschirren vorhanden, daß man „nach ihnen bis in Amerika suchen mußte,
und einmal die Batterien nicht abrücken konnten, weil das Schiff, welches die
Geschirre brachte, durch Sturm vor dem Hafen aufgehalten wurde." Als end¬
lich eine reichliche Anzahl von Geschirren vorhanden war. waren dagegen die
Artillerieregimenter so erschöpft, daß sie nicht mehr im Stande waren, die Be¬
dienungsmannschaften zu liefern.

Eine sehr bunte, von Spielereien keineswegs völlig freie Gattung von
Behörden Gambettascher Schöpfung muß das von Freycinet sehr gerühmte
„Civil-Gentecorps der Armee" gewesen sein. Es trat an die Stelle
der traditionellen „Direction des Genies." weil die letztere bei Wiederherstellung
von Kunstbauten, Auswerfung von Feldschanzen, Unwegsammachung von
Straßen u. f. w. nicht schnell genug war. Besetze wurde das „Civilgeniecorps
der Armee" mit allen irgend greifbaren Staatsingenieuren, Privatingenieuren,
Bauverständigen, Unternehmern öffentlicher Arbeiten u. f. w. „Wir ließen
selbst Ausländer zu" und unter diesen hat sich ein neutraler Belgier Herr
Brunfaut ausgezeichnet. Der gute Wille der Mitglieder dieses Civilgenie.
Corps wird meist ihre beste Gabe gewesen sein. Am Schluß der Feindselig¬
keiten zählte es 52 Ingenieure jeden Grades und 200 Abtheilungsführer.
Jedes Armeecorps erhielt 1 Oberingenieur, 3 Ingenieure, 9 Abtheilungs¬
führer, 18 Bauaufseher, 9 Zeichner, 1 Compagnie Arbeiter von 600 Mann,
„welche bis auf 300 vermehrt werden konnten." Es war mit „allen Werk¬
zeugen und sonstigem Arbeitsbedarf, selbst mit electrischen Batterien, Fern-


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[0297] und Genie auf über 600,000. Wenn diese Zahlen nicht bloß die Sollstärke, sondern die Effeetivstärke der durch Gambetta geschaffenen Heere ausdrücken, — was wir bezweifeln — fo wären in der Zeit vom 10. October bis 9. Februar „täglich 5000 Mann" organisirt worden. „So konnte die Verwaltung während der ganzen Zeit ihres Bestehens täglich eine Brigade oder Halbdivision vor den Feind schicken!" ruft Freycinet Seite 20 vergnügt aus. Aber eben diese tropfenweise Heeresbildung war das Unheil der nationalen Vertheidigung. Und wenn die obigen Ziffern wirklich richtig sind, so erhöht dieß nur den Ruhm der deutschen Kriegführung, welche bald durch Theilung der feindlichen Heeresmassen und durch den Angriff auf diese getheilten Kräfte ein annähern¬ des Gleichgewicht der Massen in den einzelnen Kämpfen herzustellen wußte, wie in dem Feldzug des Prinzen Friedrich Carl gegen die Loirearmee; bald mit heldenmüthiger Ausdauer den Anprall einer eminenten feindlichen Ueber¬ macht abwies, wie Werber an der Lisaine, bis das Eintreffen weitentfernter Hilfstruppen unter Manteuffel das Stärkeverhältniß abermals den Deutschen günstiger gestaltete. — An Geschützen sollen nach Freycinet in derselben Zeit 1400 Stück jeden Calibers geliefert worden, „das macht täglich zwei voll¬ ständig bespannte und bemannte Batterien." Dagegen war ein solcher Mangel an Geschirren vorhanden, daß man „nach ihnen bis in Amerika suchen mußte, und einmal die Batterien nicht abrücken konnten, weil das Schiff, welches die Geschirre brachte, durch Sturm vor dem Hafen aufgehalten wurde." Als end¬ lich eine reichliche Anzahl von Geschirren vorhanden war. waren dagegen die Artillerieregimenter so erschöpft, daß sie nicht mehr im Stande waren, die Be¬ dienungsmannschaften zu liefern. Eine sehr bunte, von Spielereien keineswegs völlig freie Gattung von Behörden Gambettascher Schöpfung muß das von Freycinet sehr gerühmte „Civil-Gentecorps der Armee" gewesen sein. Es trat an die Stelle der traditionellen „Direction des Genies." weil die letztere bei Wiederherstellung von Kunstbauten, Auswerfung von Feldschanzen, Unwegsammachung von Straßen u. f. w. nicht schnell genug war. Besetze wurde das „Civilgeniecorps der Armee" mit allen irgend greifbaren Staatsingenieuren, Privatingenieuren, Bauverständigen, Unternehmern öffentlicher Arbeiten u. f. w. „Wir ließen selbst Ausländer zu" und unter diesen hat sich ein neutraler Belgier Herr Brunfaut ausgezeichnet. Der gute Wille der Mitglieder dieses Civilgenie. Corps wird meist ihre beste Gabe gewesen sein. Am Schluß der Feindselig¬ keiten zählte es 52 Ingenieure jeden Grades und 200 Abtheilungsführer. Jedes Armeecorps erhielt 1 Oberingenieur, 3 Ingenieure, 9 Abtheilungs¬ führer, 18 Bauaufseher, 9 Zeichner, 1 Compagnie Arbeiter von 600 Mann, „welche bis auf 300 vermehrt werden konnten." Es war mit „allen Werk¬ zeugen und sonstigem Arbeitsbedarf, selbst mit electrischen Batterien, Fern- Grenzboten III 1872 38

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/297>, abgerufen am 22.12.2024.