Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

indem wir bald einen ausführlicheren Artikel darüber in Aussicht stellen.
Dieses Buch unterscheidet sich von der großen Fülle ähnlicher Arbeiten franzö¬
sischer Heerführer, Staatsmänner und Beamter sehr vorteilhaft durch die
außerordentliche Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe des Verfassers,
soweit er als Augenzeuge oder auf Grund der -- vollständig mitgetheilten --
Actenstücke und Documente seines Ressorts urtheilt und schildert. Diese Mit¬
theilungen und Schilderungen von der Thätigkeit des Kriegsdepartements
Gambettas zu Tours und Bordeaux vom 10. October 1870 bis 9. Februar
1871 bilden leider, einschließlich der im Anhang mitgetheilten Actenstücke nur
die kleinere Hälfte des Werkes. Den übrigen größeren Theil seiner Arbeit
widmet der Verfasser der Geschichte der Kämpfe der französischen Loire-, Nord-
uud Ostarmee, denen er lediglich als Absender und bezüglich Verfasser der
Telegramme des französischen Kriegsministeriums an die commandirenden
Generale oder als Empfänger der Depeschen der letzteren beigewohnt hat.
Und auch diese Betheiligung des Verfassers bei dem Verlauf der letzten un¬
glücklichen Kämpfe seines Volkes an der Loire, an der Nordgrenze und im
Jura wollen wir noch als volle Legitimation gelten lassen, diejenigen Ereig¬
nisse darzustellen, welche der Veröffentlichung der geheimen Depeschen und
Actenstücke des Gambetta'schen Regimentes gewissermaßen nur als Folie
dienen sollen. Aber nur die, insbesondere bei kantischen und strategischen Ur¬
theilen, festgehaltene Bescheidenheit des Verfassers macht die völlig schiefen
unrichtigen und entstellten Darstellungen einigermaßen erträglich, welche Frey¬
cinet nach den Berichten seiner Generale, mystischer "englischer Corresponden-
ten," nach dem "Zeugniß" des deutschfeindlichen welschen Schweizers Tallichet
und anderen "Augenzeugen" von dem Verlauf der Kämpfe gegen die vier
republikanischen Armeen vorträgt. In dieser den Verfasser wenig zierenden
Rolle erlaubt er sich auch die kritiklosesten und unangemessensten Ausfälle gegen
die deutsche Heerführung und Aufführung in Feindesland, während umgekehrt
die authentische Darstellung der Amtsführung des Verfassers und die während
derselben erlassenen Documente sowohl direct als durch den von selbst sich
aufdrängenden Vergleich mit unsrer obersten Heeresleitung dieser letzteren die
glänzendsten Zeugnisse ausstellt, deren ein ehrlicher patriotischer Feind fähig
sein mag. Wir glauben kaum, daß aus der Periode der Gambetta'schen
Kriegsdictatur noch irgend welche Documente des ehemaligen Kriegsdepartements
in Tours und Bordeaux von Wichtigkeit existiren -- vielleicht mit Ausnahme
gewisser Correspondenzen mit Paris und Lyon und der Lieferungsverträge -- welche
in dem Freycinetschen Werke nicht abgedruckt wären. Und darum ist dasselbe
auch von hoher bleibender historischer Bedeutung.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Ha"S Blum.
Verlaa, von F. L. Hcrvig. -- Druck von Hiithel " Segler in Leipzia,.

indem wir bald einen ausführlicheren Artikel darüber in Aussicht stellen.
Dieses Buch unterscheidet sich von der großen Fülle ähnlicher Arbeiten franzö¬
sischer Heerführer, Staatsmänner und Beamter sehr vorteilhaft durch die
außerordentliche Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe des Verfassers,
soweit er als Augenzeuge oder auf Grund der — vollständig mitgetheilten —
Actenstücke und Documente seines Ressorts urtheilt und schildert. Diese Mit¬
theilungen und Schilderungen von der Thätigkeit des Kriegsdepartements
Gambettas zu Tours und Bordeaux vom 10. October 1870 bis 9. Februar
1871 bilden leider, einschließlich der im Anhang mitgetheilten Actenstücke nur
die kleinere Hälfte des Werkes. Den übrigen größeren Theil seiner Arbeit
widmet der Verfasser der Geschichte der Kämpfe der französischen Loire-, Nord-
uud Ostarmee, denen er lediglich als Absender und bezüglich Verfasser der
Telegramme des französischen Kriegsministeriums an die commandirenden
Generale oder als Empfänger der Depeschen der letzteren beigewohnt hat.
Und auch diese Betheiligung des Verfassers bei dem Verlauf der letzten un¬
glücklichen Kämpfe seines Volkes an der Loire, an der Nordgrenze und im
Jura wollen wir noch als volle Legitimation gelten lassen, diejenigen Ereig¬
nisse darzustellen, welche der Veröffentlichung der geheimen Depeschen und
Actenstücke des Gambetta'schen Regimentes gewissermaßen nur als Folie
dienen sollen. Aber nur die, insbesondere bei kantischen und strategischen Ur¬
theilen, festgehaltene Bescheidenheit des Verfassers macht die völlig schiefen
unrichtigen und entstellten Darstellungen einigermaßen erträglich, welche Frey¬
cinet nach den Berichten seiner Generale, mystischer „englischer Corresponden-
ten," nach dem „Zeugniß" des deutschfeindlichen welschen Schweizers Tallichet
und anderen „Augenzeugen" von dem Verlauf der Kämpfe gegen die vier
republikanischen Armeen vorträgt. In dieser den Verfasser wenig zierenden
Rolle erlaubt er sich auch die kritiklosesten und unangemessensten Ausfälle gegen
die deutsche Heerführung und Aufführung in Feindesland, während umgekehrt
die authentische Darstellung der Amtsführung des Verfassers und die während
derselben erlassenen Documente sowohl direct als durch den von selbst sich
aufdrängenden Vergleich mit unsrer obersten Heeresleitung dieser letzteren die
glänzendsten Zeugnisse ausstellt, deren ein ehrlicher patriotischer Feind fähig
sein mag. Wir glauben kaum, daß aus der Periode der Gambetta'schen
Kriegsdictatur noch irgend welche Documente des ehemaligen Kriegsdepartements
in Tours und Bordeaux von Wichtigkeit existiren — vielleicht mit Ausnahme
gewisser Correspondenzen mit Paris und Lyon und der Lieferungsverträge — welche
in dem Freycinetschen Werke nicht abgedruckt wären. Und darum ist dasselbe
auch von hoher bleibender historischer Bedeutung.




Verantwortlicher Redacteur: Dr. Ha«S Blum.
Verlaa, von F. L. Hcrvig. — Druck von Hiithel » Segler in Leipzia,.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0280" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/128208"/>
          <p xml:id="ID_952" prev="#ID_951"> indem wir bald einen ausführlicheren Artikel darüber in Aussicht stellen.<lb/>
Dieses Buch unterscheidet sich von der großen Fülle ähnlicher Arbeiten franzö¬<lb/>
sischer Heerführer, Staatsmänner und Beamter sehr vorteilhaft durch die<lb/>
außerordentliche Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe des Verfassers,<lb/>
soweit er als Augenzeuge oder auf Grund der &#x2014; vollständig mitgetheilten &#x2014;<lb/>
Actenstücke und Documente seines Ressorts urtheilt und schildert. Diese Mit¬<lb/>
theilungen und Schilderungen von der Thätigkeit des Kriegsdepartements<lb/>
Gambettas zu Tours und Bordeaux vom 10. October 1870 bis 9. Februar<lb/>
1871 bilden leider, einschließlich der im Anhang mitgetheilten Actenstücke nur<lb/>
die kleinere Hälfte des Werkes. Den übrigen größeren Theil seiner Arbeit<lb/>
widmet der Verfasser der Geschichte der Kämpfe der französischen Loire-, Nord-<lb/>
uud Ostarmee, denen er lediglich als Absender und bezüglich Verfasser der<lb/>
Telegramme des französischen Kriegsministeriums an die commandirenden<lb/>
Generale oder als Empfänger der Depeschen der letzteren beigewohnt hat.<lb/>
Und auch diese Betheiligung des Verfassers bei dem Verlauf der letzten un¬<lb/>
glücklichen Kämpfe seines Volkes an der Loire, an der Nordgrenze und im<lb/>
Jura wollen wir noch als volle Legitimation gelten lassen, diejenigen Ereig¬<lb/>
nisse darzustellen, welche der Veröffentlichung der geheimen Depeschen und<lb/>
Actenstücke des Gambetta'schen Regimentes gewissermaßen nur als Folie<lb/>
dienen sollen. Aber nur die, insbesondere bei kantischen und strategischen Ur¬<lb/>
theilen, festgehaltene Bescheidenheit des Verfassers macht die völlig schiefen<lb/>
unrichtigen und entstellten Darstellungen einigermaßen erträglich, welche Frey¬<lb/>
cinet nach den Berichten seiner Generale, mystischer &#x201E;englischer Corresponden-<lb/>
ten," nach dem &#x201E;Zeugniß" des deutschfeindlichen welschen Schweizers Tallichet<lb/>
und anderen &#x201E;Augenzeugen" von dem Verlauf der Kämpfe gegen die vier<lb/>
republikanischen Armeen vorträgt. In dieser den Verfasser wenig zierenden<lb/>
Rolle erlaubt er sich auch die kritiklosesten und unangemessensten Ausfälle gegen<lb/>
die deutsche Heerführung und Aufführung in Feindesland, während umgekehrt<lb/>
die authentische Darstellung der Amtsführung des Verfassers und die während<lb/>
derselben erlassenen Documente sowohl direct als durch den von selbst sich<lb/>
aufdrängenden Vergleich mit unsrer obersten Heeresleitung dieser letzteren die<lb/>
glänzendsten Zeugnisse ausstellt, deren ein ehrlicher patriotischer Feind fähig<lb/>
sein mag. Wir glauben kaum, daß aus der Periode der Gambetta'schen<lb/>
Kriegsdictatur noch irgend welche Documente des ehemaligen Kriegsdepartements<lb/>
in Tours und Bordeaux von Wichtigkeit existiren &#x2014; vielleicht mit Ausnahme<lb/>
gewisser Correspondenzen mit Paris und Lyon und der Lieferungsverträge &#x2014; welche<lb/>
in dem Freycinetschen Werke nicht abgedruckt wären. Und darum ist dasselbe<lb/>
auch von hoher bleibender historischer Bedeutung.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <note type="byline"> Verantwortlicher Redacteur: Dr. Ha«S Blum.<lb/>
Verlaa, von F. L. Hcrvig. &#x2014; Druck von Hiithel » Segler in Leipzia,.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0280] indem wir bald einen ausführlicheren Artikel darüber in Aussicht stellen. Dieses Buch unterscheidet sich von der großen Fülle ähnlicher Arbeiten franzö¬ sischer Heerführer, Staatsmänner und Beamter sehr vorteilhaft durch die außerordentliche Bescheidenheit, Ehrlichkeit und Wahrheitsliebe des Verfassers, soweit er als Augenzeuge oder auf Grund der — vollständig mitgetheilten — Actenstücke und Documente seines Ressorts urtheilt und schildert. Diese Mit¬ theilungen und Schilderungen von der Thätigkeit des Kriegsdepartements Gambettas zu Tours und Bordeaux vom 10. October 1870 bis 9. Februar 1871 bilden leider, einschließlich der im Anhang mitgetheilten Actenstücke nur die kleinere Hälfte des Werkes. Den übrigen größeren Theil seiner Arbeit widmet der Verfasser der Geschichte der Kämpfe der französischen Loire-, Nord- uud Ostarmee, denen er lediglich als Absender und bezüglich Verfasser der Telegramme des französischen Kriegsministeriums an die commandirenden Generale oder als Empfänger der Depeschen der letzteren beigewohnt hat. Und auch diese Betheiligung des Verfassers bei dem Verlauf der letzten un¬ glücklichen Kämpfe seines Volkes an der Loire, an der Nordgrenze und im Jura wollen wir noch als volle Legitimation gelten lassen, diejenigen Ereig¬ nisse darzustellen, welche der Veröffentlichung der geheimen Depeschen und Actenstücke des Gambetta'schen Regimentes gewissermaßen nur als Folie dienen sollen. Aber nur die, insbesondere bei kantischen und strategischen Ur¬ theilen, festgehaltene Bescheidenheit des Verfassers macht die völlig schiefen unrichtigen und entstellten Darstellungen einigermaßen erträglich, welche Frey¬ cinet nach den Berichten seiner Generale, mystischer „englischer Corresponden- ten," nach dem „Zeugniß" des deutschfeindlichen welschen Schweizers Tallichet und anderen „Augenzeugen" von dem Verlauf der Kämpfe gegen die vier republikanischen Armeen vorträgt. In dieser den Verfasser wenig zierenden Rolle erlaubt er sich auch die kritiklosesten und unangemessensten Ausfälle gegen die deutsche Heerführung und Aufführung in Feindesland, während umgekehrt die authentische Darstellung der Amtsführung des Verfassers und die während derselben erlassenen Documente sowohl direct als durch den von selbst sich aufdrängenden Vergleich mit unsrer obersten Heeresleitung dieser letzteren die glänzendsten Zeugnisse ausstellt, deren ein ehrlicher patriotischer Feind fähig sein mag. Wir glauben kaum, daß aus der Periode der Gambetta'schen Kriegsdictatur noch irgend welche Documente des ehemaligen Kriegsdepartements in Tours und Bordeaux von Wichtigkeit existiren — vielleicht mit Ausnahme gewisser Correspondenzen mit Paris und Lyon und der Lieferungsverträge — welche in dem Freycinetschen Werke nicht abgedruckt wären. Und darum ist dasselbe auch von hoher bleibender historischer Bedeutung. Verantwortlicher Redacteur: Dr. Ha«S Blum. Verlaa, von F. L. Hcrvig. — Druck von Hiithel » Segler in Leipzia,.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/280
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/280>, abgerufen am 29.09.2024.