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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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seiner Eheliebsten und mehreren Herrens und Dames ein Cöppjen Thee
trunken. Wir machten darauf einige Besuche und wollten uns auch bei Hofe
verabschieden. Hier mußten wir nochmals mitspeisen, da wir denn auch Be¬
kanntschaft mit einem Mr. von Pöllnitz, einem Sachsen-Altenburg'schen Edel¬
mann , einem Schwäher des Herrn Stallmeisters machten, wie auch mit dem
Herrn Lieutenant von Milkau, der in Thorn von den Schweden gefangen
genommen, mit Anderen nach Schweden war transportirt worden, bis sie
wieder ausgewechselt wurden. Selber war Willens gewesen, mit seinem Bruder
und Diener mit einem holländischen Schiff von Hamburg nach Amsterdam
zu gehen, war auch schon bis unter Wangeroge avanciret, als sie aber da
wegen contrairem Windes still liegen mußten, kommt ein Kaper auf sie zu,
sie zu entern. Sie resolvirten sich zu retiriren, da denn der Eine da, der
Andere dorthin sich zu salviren suchte. Unterdessen aber kehret der Comman¬
dant vom Eilande die Stücke gegen den Kaper und zwinget ihn zu retiriren.
Dieser Lieutenant von Milkau gehet nun nach Jever und so weiter zu Land
nach Holland, trifft aber zu Jever die Herrschaft an, wobei auch seine Fräulein
Schwester als Kammerfräulein sich aufhielt. Wie er nun höret, daß wir bald
zu Jever sein würden, und nach Holland zu reisen gedächten, resolviret er sich
mit Mr. von Pöllnitz so lange zu warten und die Tour mit uns zu machen.

Wie wir nun unsere Angelegenheiten verrichtet und allerseits Abschied genom¬
men, gingen wir den 14. July gegen Abend von Jever mit 2 Wagens ab, nemlich
unsere Chaise, worin Mr. von Pöllnitz und Mr. Papa sich setzten, ich aber fuhr mit
dem Lieutenant und zwei Dienern auf dem ungeheuren Wagen auf den Muggen-
krug und dann nach Aurich. Weil es aber schon finster war, blieben wir
vor der Stadt in einem zwar guten aber theuren Wirthshaus, mochten aber
nicht lange sitzen, sondern legten uns bald nieder und fuhren des Morgens
früh wieder von dannen nach Emden. Unsere Chaise ließen wir zu
Aurich.

Emden ist eine hübsche wohlfortifieirte nach holländischer Art bewohnte
Stadt, darin Brandenburg'sche und Holländische Truppen in Garnison liegen.
Weil nun das Schiff aus Delfzyl weg war, und wir die Zeit des Wassers
wahrnehmen mußten, gingen wir aus und besahen das hübsche Stadthaus,
worin eine Rüstkammer mit vielem Gewehr und allerhand Raritäten zu sehen,
auch über dem von dem Thurm eine hübsche Aussicht über den Dotter nach
Delfzyl, Aurich, Norden, Lir, Neuschanz ze. Von hier gingen wir um 4 Uhr
mit dem ordinairen Beurtmann, der schon wieder gekommen war von Delfzyl,
und der die Freiheit hat, den ganzen Tag, wenn er Fracht haben kann, zu
fahren, über den Dotter nach Delfzyl, welches wir um 8 Uhr erreichten, und
weil es der erste holländische Ort ist, so mußten wir auch alsbald Zoll er"


seiner Eheliebsten und mehreren Herrens und Dames ein Cöppjen Thee
trunken. Wir machten darauf einige Besuche und wollten uns auch bei Hofe
verabschieden. Hier mußten wir nochmals mitspeisen, da wir denn auch Be¬
kanntschaft mit einem Mr. von Pöllnitz, einem Sachsen-Altenburg'schen Edel¬
mann , einem Schwäher des Herrn Stallmeisters machten, wie auch mit dem
Herrn Lieutenant von Milkau, der in Thorn von den Schweden gefangen
genommen, mit Anderen nach Schweden war transportirt worden, bis sie
wieder ausgewechselt wurden. Selber war Willens gewesen, mit seinem Bruder
und Diener mit einem holländischen Schiff von Hamburg nach Amsterdam
zu gehen, war auch schon bis unter Wangeroge avanciret, als sie aber da
wegen contrairem Windes still liegen mußten, kommt ein Kaper auf sie zu,
sie zu entern. Sie resolvirten sich zu retiriren, da denn der Eine da, der
Andere dorthin sich zu salviren suchte. Unterdessen aber kehret der Comman¬
dant vom Eilande die Stücke gegen den Kaper und zwinget ihn zu retiriren.
Dieser Lieutenant von Milkau gehet nun nach Jever und so weiter zu Land
nach Holland, trifft aber zu Jever die Herrschaft an, wobei auch seine Fräulein
Schwester als Kammerfräulein sich aufhielt. Wie er nun höret, daß wir bald
zu Jever sein würden, und nach Holland zu reisen gedächten, resolviret er sich
mit Mr. von Pöllnitz so lange zu warten und die Tour mit uns zu machen.

Wie wir nun unsere Angelegenheiten verrichtet und allerseits Abschied genom¬
men, gingen wir den 14. July gegen Abend von Jever mit 2 Wagens ab, nemlich
unsere Chaise, worin Mr. von Pöllnitz und Mr. Papa sich setzten, ich aber fuhr mit
dem Lieutenant und zwei Dienern auf dem ungeheuren Wagen auf den Muggen-
krug und dann nach Aurich. Weil es aber schon finster war, blieben wir
vor der Stadt in einem zwar guten aber theuren Wirthshaus, mochten aber
nicht lange sitzen, sondern legten uns bald nieder und fuhren des Morgens
früh wieder von dannen nach Emden. Unsere Chaise ließen wir zu
Aurich.

Emden ist eine hübsche wohlfortifieirte nach holländischer Art bewohnte
Stadt, darin Brandenburg'sche und Holländische Truppen in Garnison liegen.
Weil nun das Schiff aus Delfzyl weg war, und wir die Zeit des Wassers
wahrnehmen mußten, gingen wir aus und besahen das hübsche Stadthaus,
worin eine Rüstkammer mit vielem Gewehr und allerhand Raritäten zu sehen,
auch über dem von dem Thurm eine hübsche Aussicht über den Dotter nach
Delfzyl, Aurich, Norden, Lir, Neuschanz ze. Von hier gingen wir um 4 Uhr
mit dem ordinairen Beurtmann, der schon wieder gekommen war von Delfzyl,
und der die Freiheit hat, den ganzen Tag, wenn er Fracht haben kann, zu
fahren, über den Dotter nach Delfzyl, welches wir um 8 Uhr erreichten, und
weil es der erste holländische Ort ist, so mußten wir auch alsbald Zoll er«


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[0262] seiner Eheliebsten und mehreren Herrens und Dames ein Cöppjen Thee trunken. Wir machten darauf einige Besuche und wollten uns auch bei Hofe verabschieden. Hier mußten wir nochmals mitspeisen, da wir denn auch Be¬ kanntschaft mit einem Mr. von Pöllnitz, einem Sachsen-Altenburg'schen Edel¬ mann , einem Schwäher des Herrn Stallmeisters machten, wie auch mit dem Herrn Lieutenant von Milkau, der in Thorn von den Schweden gefangen genommen, mit Anderen nach Schweden war transportirt worden, bis sie wieder ausgewechselt wurden. Selber war Willens gewesen, mit seinem Bruder und Diener mit einem holländischen Schiff von Hamburg nach Amsterdam zu gehen, war auch schon bis unter Wangeroge avanciret, als sie aber da wegen contrairem Windes still liegen mußten, kommt ein Kaper auf sie zu, sie zu entern. Sie resolvirten sich zu retiriren, da denn der Eine da, der Andere dorthin sich zu salviren suchte. Unterdessen aber kehret der Comman¬ dant vom Eilande die Stücke gegen den Kaper und zwinget ihn zu retiriren. Dieser Lieutenant von Milkau gehet nun nach Jever und so weiter zu Land nach Holland, trifft aber zu Jever die Herrschaft an, wobei auch seine Fräulein Schwester als Kammerfräulein sich aufhielt. Wie er nun höret, daß wir bald zu Jever sein würden, und nach Holland zu reisen gedächten, resolviret er sich mit Mr. von Pöllnitz so lange zu warten und die Tour mit uns zu machen. Wie wir nun unsere Angelegenheiten verrichtet und allerseits Abschied genom¬ men, gingen wir den 14. July gegen Abend von Jever mit 2 Wagens ab, nemlich unsere Chaise, worin Mr. von Pöllnitz und Mr. Papa sich setzten, ich aber fuhr mit dem Lieutenant und zwei Dienern auf dem ungeheuren Wagen auf den Muggen- krug und dann nach Aurich. Weil es aber schon finster war, blieben wir vor der Stadt in einem zwar guten aber theuren Wirthshaus, mochten aber nicht lange sitzen, sondern legten uns bald nieder und fuhren des Morgens früh wieder von dannen nach Emden. Unsere Chaise ließen wir zu Aurich. Emden ist eine hübsche wohlfortifieirte nach holländischer Art bewohnte Stadt, darin Brandenburg'sche und Holländische Truppen in Garnison liegen. Weil nun das Schiff aus Delfzyl weg war, und wir die Zeit des Wassers wahrnehmen mußten, gingen wir aus und besahen das hübsche Stadthaus, worin eine Rüstkammer mit vielem Gewehr und allerhand Raritäten zu sehen, auch über dem von dem Thurm eine hübsche Aussicht über den Dotter nach Delfzyl, Aurich, Norden, Lir, Neuschanz ze. Von hier gingen wir um 4 Uhr mit dem ordinairen Beurtmann, der schon wieder gekommen war von Delfzyl, und der die Freiheit hat, den ganzen Tag, wenn er Fracht haben kann, zu fahren, über den Dotter nach Delfzyl, welches wir um 8 Uhr erreichten, und weil es der erste holländische Ort ist, so mußten wir auch alsbald Zoll er«

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/262>, abgerufen am 22.07.2024.