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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Mann Infanterie. 25,890 Mann Cavallerie. 40,500 Mann Festungsartillerie
und 462 bespannte Geschütze berechnet. Unter den Besatzungstruppen befanden
sich 41 Linienbataillone; zur Feldarmee gehörten 52 Landwehr-Bataillone,
16 Reserve-Escadrons, 12 Reserve-Batterien und 4 Festungs-Pionier-Com-
pagnien Norddeutschlands. Die Verpflegsstärke der deutschen Armeen
(inclusive der Nichtcombattanten) betrug im Monat August 1,183,389 Mann
mit 250.373 Pferden.

Zum Transport der deutschen Heeresmassen nach der Gegend
zwischen Mosel und Rhein auf den zu Gebote stehenden durchgehenden Eisen¬
bahnen waren schon seit 1868 die Fahrtableaur. ..aus welchen jeder Truppen¬
theil Tag und Stunde des Aufbruchs und des Eintreffens ersieht." dergestalt
fertig gestellt, daß bei der Mobilmachung der Armee nur das Datum des
ersten Mobilmachungstages in diese Marsch- und Fahrtableaur einzutragen
war, um sie als Richtschnur und zur Ausführung an die einzelnen Truppen¬
theile gelangen zu lassen. Es steht fest, daß eine ähnlich solide Vorbereitung
für einen Heerestransport bisher noch niemals vorgekommen ist. -- Auf ein¬
gleisigen Bahnen wurden täglich zwölf, auf doppelgleisigen achtzehn Züge
befördert und die Züge so stark gemacht, daß der Transport eines Armee-
Corps auf doppelgleisiger Bahn nur etwa 3'/z Tag in Anspruch nahm. Für
die Beförderung der norddeutschen Truppen standen sechs, für die süddeutschen
drei Hauptlinien zur Verfügung; vier Zuflußlinien führten die Truppen aus
den nördlichen preußischen Provinzen an die Hauptlinie heran.

Da man ein überraschendes Einrücken der Franzosen in die Pfalz er¬
wartete, welches als die natürliche Consequenz ihres hastigen, unfertigen Vor-
gehns an die Grenze erschien, so wurde die Zweite Armee schon am Rheine
ausgeschifft und bewegte sich zu Fuß in Gefechtsbereitschaft weiter vorwärts.
Es war das eine nothwendige Vorsicht; denn wer konnte erwarten, daß sich
der Feind durch ein einziges Bataillon und drei Schwadronen, welche Oberst¬
lieutenant von Pestel bei Saarbrücken kommandirte, die ganze zweite Hälfte
des Juli Hinhalten und täuschen lassen würde?!

Außerordentlich umfassend waren die Maßregeln für die Orientirung
der deutschen Truppen sowohl über Feindesland als über den
Feind selbst. In ersterer Beziehung "war eine reichliche Ausstattung der
Truppen mit Karten derjenigen Districte, welche zunächst vom Kriege be¬
rührt werden konnten, durch die geographisch-statistische Abtheilung des preußi¬
schen Großen Generalstabs (Oberst von Sydow) bewirkt worden unter
wesentlicher Unterstützung durch das topographische Bureau zu München
(Major Orff.) Circa 170,000 Sectionen von Frankreich, darunter über
132.000 im Maßstabe 1:80,000, und circa 52.000 Sectionen von Westdeutsch¬
land waren bis zum 31. Juli zur Verausgabung gelangt." Auch diese


Mann Infanterie. 25,890 Mann Cavallerie. 40,500 Mann Festungsartillerie
und 462 bespannte Geschütze berechnet. Unter den Besatzungstruppen befanden
sich 41 Linienbataillone; zur Feldarmee gehörten 52 Landwehr-Bataillone,
16 Reserve-Escadrons, 12 Reserve-Batterien und 4 Festungs-Pionier-Com-
pagnien Norddeutschlands. Die Verpflegsstärke der deutschen Armeen
(inclusive der Nichtcombattanten) betrug im Monat August 1,183,389 Mann
mit 250.373 Pferden.

Zum Transport der deutschen Heeresmassen nach der Gegend
zwischen Mosel und Rhein auf den zu Gebote stehenden durchgehenden Eisen¬
bahnen waren schon seit 1868 die Fahrtableaur. ..aus welchen jeder Truppen¬
theil Tag und Stunde des Aufbruchs und des Eintreffens ersieht." dergestalt
fertig gestellt, daß bei der Mobilmachung der Armee nur das Datum des
ersten Mobilmachungstages in diese Marsch- und Fahrtableaur einzutragen
war, um sie als Richtschnur und zur Ausführung an die einzelnen Truppen¬
theile gelangen zu lassen. Es steht fest, daß eine ähnlich solide Vorbereitung
für einen Heerestransport bisher noch niemals vorgekommen ist. — Auf ein¬
gleisigen Bahnen wurden täglich zwölf, auf doppelgleisigen achtzehn Züge
befördert und die Züge so stark gemacht, daß der Transport eines Armee-
Corps auf doppelgleisiger Bahn nur etwa 3'/z Tag in Anspruch nahm. Für
die Beförderung der norddeutschen Truppen standen sechs, für die süddeutschen
drei Hauptlinien zur Verfügung; vier Zuflußlinien führten die Truppen aus
den nördlichen preußischen Provinzen an die Hauptlinie heran.

Da man ein überraschendes Einrücken der Franzosen in die Pfalz er¬
wartete, welches als die natürliche Consequenz ihres hastigen, unfertigen Vor-
gehns an die Grenze erschien, so wurde die Zweite Armee schon am Rheine
ausgeschifft und bewegte sich zu Fuß in Gefechtsbereitschaft weiter vorwärts.
Es war das eine nothwendige Vorsicht; denn wer konnte erwarten, daß sich
der Feind durch ein einziges Bataillon und drei Schwadronen, welche Oberst¬
lieutenant von Pestel bei Saarbrücken kommandirte, die ganze zweite Hälfte
des Juli Hinhalten und täuschen lassen würde?!

Außerordentlich umfassend waren die Maßregeln für die Orientirung
der deutschen Truppen sowohl über Feindesland als über den
Feind selbst. In ersterer Beziehung „war eine reichliche Ausstattung der
Truppen mit Karten derjenigen Districte, welche zunächst vom Kriege be¬
rührt werden konnten, durch die geographisch-statistische Abtheilung des preußi¬
schen Großen Generalstabs (Oberst von Sydow) bewirkt worden unter
wesentlicher Unterstützung durch das topographische Bureau zu München
(Major Orff.) Circa 170,000 Sectionen von Frankreich, darunter über
132.000 im Maßstabe 1:80,000, und circa 52.000 Sectionen von Westdeutsch¬
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/250>, abgerufen am 22.07.2024.