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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Thiergartens berühmt, welcher sich auf etliche Meilen erstrecket und in dem
sich eine große Anzahl Hirsche, Rehe und anderes Wild befindet, wegen des
königlichen Schlosses und Gartens, als auch wegen der herrlichen Gegend und
sonderlichen Fruchtbarkeit und Wein. Vor dem Schloß ist ein kleiner unge¬
mein schöner Thurm, sehr proper und soll 16,000 Thaler gekostet haben.
Auf dem großen Platz vor dem Schlosse sitzet Jhro königliche Majestät Herr
Vater ^riäseieus ^iltuzlmus ins^nus zu Pferde sehr maZniüyue.

Unseren Abtritt hatten wir bei Herrn Postmeister Schonebeck genommen,
welcher uns nicht allein viele Caressen erwies und maguiü<zu"z tractirte, sondern
auch Cariol und Wagen anspannen ließ und mit uns nach seinem Garten
fuhr, in welchem er nicht allein eine große Menge von Aepfeln, Birnen und
Pflaumen, sondern auch einen Weinberg hat, worin wir in Genießung der
schönsten Trauben nicht allein unseren Appetit Meten, sondern auch in sei¬
nem Keller von dem schönsten Landwein bekamen. Bei dem Garten fließet
die Havel, allwo er die Weine laden und nach Hamburg oder wo er sonst
will hinbringen lassen kann.

Die Gegend um Potsdam ist ungemein angenehm und lustig, weswegen
auch der alte Churfürst Fr. Wilhelm sich meistentheils allda aufgehalten.
Durch Potsdam fließet auch die Havel und worin die Krebse daselbst hinter
den Leuten ihren Wohnungen in großer Avundance gefangen werden.

Von Potsdam reiseten wir auf Brandenburg, vormals die Haupt- und
Residenzstadt des Brandenburgischen. Es wird durch die Havel getheilet in
Alt- und Neubrandenburg. Ist jetzund nicht mehr so im Stande, jedoch ist
es noch ein hübscher Ort, allwo zu sehen die Kirche, das Rathhaus und
Roland. Von Brandenburg kaMen wir nach Görsche, allwo das Sächsische
wieder anfanget. Von da reiseten wir auf Lindau und Z erd se.

Hier wurden wir wiederum sehr höflich von unseren alten Bekannten
empfangen und tractiret. Darauf ging ich nach dem Balbier, welcher eben
im Brauen begriffen war, weswegen er mich aus großer Eile am Kopf
blessirte.

Wir wollten des Abends noch über die Elbe nach Cöthen, allein die
Leute von der jenseitigen Fähre konnten wegen des contrairem Windes unseren
Ruf nicht vernehmen, weswegen wir uns resolviren mußten nach Stritz
zurückzukehren und daselbst zu bleiben. In der Wirthsstube war ein so übler
Geruch von den vielen darin liegenden Leuten, daß ich krank darüber wurde,
weswegen wir auch eine andere Stube sucheten. Des Morgens darauf gingen
wir über die Elbe, welches bei mir das vierte Mal war und kamen durch
Aker. Klein-Zerbst, Bistorf endlich nach Cöthen. Von hier reiseten
wir nach Bernburg, wo wir in einem Wirthshause einkehreten. Nachdem
wir das Mitgenommene verzehret hatten, legten wir uns auf dem gemachten


Thiergartens berühmt, welcher sich auf etliche Meilen erstrecket und in dem
sich eine große Anzahl Hirsche, Rehe und anderes Wild befindet, wegen des
königlichen Schlosses und Gartens, als auch wegen der herrlichen Gegend und
sonderlichen Fruchtbarkeit und Wein. Vor dem Schloß ist ein kleiner unge¬
mein schöner Thurm, sehr proper und soll 16,000 Thaler gekostet haben.
Auf dem großen Platz vor dem Schlosse sitzet Jhro königliche Majestät Herr
Vater ^riäseieus ^iltuzlmus ins^nus zu Pferde sehr maZniüyue.

Unseren Abtritt hatten wir bei Herrn Postmeister Schonebeck genommen,
welcher uns nicht allein viele Caressen erwies und maguiü<zu«z tractirte, sondern
auch Cariol und Wagen anspannen ließ und mit uns nach seinem Garten
fuhr, in welchem er nicht allein eine große Menge von Aepfeln, Birnen und
Pflaumen, sondern auch einen Weinberg hat, worin wir in Genießung der
schönsten Trauben nicht allein unseren Appetit Meten, sondern auch in sei¬
nem Keller von dem schönsten Landwein bekamen. Bei dem Garten fließet
die Havel, allwo er die Weine laden und nach Hamburg oder wo er sonst
will hinbringen lassen kann.

Die Gegend um Potsdam ist ungemein angenehm und lustig, weswegen
auch der alte Churfürst Fr. Wilhelm sich meistentheils allda aufgehalten.
Durch Potsdam fließet auch die Havel und worin die Krebse daselbst hinter
den Leuten ihren Wohnungen in großer Avundance gefangen werden.

Von Potsdam reiseten wir auf Brandenburg, vormals die Haupt- und
Residenzstadt des Brandenburgischen. Es wird durch die Havel getheilet in
Alt- und Neubrandenburg. Ist jetzund nicht mehr so im Stande, jedoch ist
es noch ein hübscher Ort, allwo zu sehen die Kirche, das Rathhaus und
Roland. Von Brandenburg kaMen wir nach Görsche, allwo das Sächsische
wieder anfanget. Von da reiseten wir auf Lindau und Z erd se.

Hier wurden wir wiederum sehr höflich von unseren alten Bekannten
empfangen und tractiret. Darauf ging ich nach dem Balbier, welcher eben
im Brauen begriffen war, weswegen er mich aus großer Eile am Kopf
blessirte.

Wir wollten des Abends noch über die Elbe nach Cöthen, allein die
Leute von der jenseitigen Fähre konnten wegen des contrairem Windes unseren
Ruf nicht vernehmen, weswegen wir uns resolviren mußten nach Stritz
zurückzukehren und daselbst zu bleiben. In der Wirthsstube war ein so übler
Geruch von den vielen darin liegenden Leuten, daß ich krank darüber wurde,
weswegen wir auch eine andere Stube sucheten. Des Morgens darauf gingen
wir über die Elbe, welches bei mir das vierte Mal war und kamen durch
Aker. Klein-Zerbst, Bistorf endlich nach Cöthen. Von hier reiseten
wir nach Bernburg, wo wir in einem Wirthshause einkehreten. Nachdem
wir das Mitgenommene verzehret hatten, legten wir uns auf dem gemachten


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[0227] Thiergartens berühmt, welcher sich auf etliche Meilen erstrecket und in dem sich eine große Anzahl Hirsche, Rehe und anderes Wild befindet, wegen des königlichen Schlosses und Gartens, als auch wegen der herrlichen Gegend und sonderlichen Fruchtbarkeit und Wein. Vor dem Schloß ist ein kleiner unge¬ mein schöner Thurm, sehr proper und soll 16,000 Thaler gekostet haben. Auf dem großen Platz vor dem Schlosse sitzet Jhro königliche Majestät Herr Vater ^riäseieus ^iltuzlmus ins^nus zu Pferde sehr maZniüyue. Unseren Abtritt hatten wir bei Herrn Postmeister Schonebeck genommen, welcher uns nicht allein viele Caressen erwies und maguiü<zu«z tractirte, sondern auch Cariol und Wagen anspannen ließ und mit uns nach seinem Garten fuhr, in welchem er nicht allein eine große Menge von Aepfeln, Birnen und Pflaumen, sondern auch einen Weinberg hat, worin wir in Genießung der schönsten Trauben nicht allein unseren Appetit Meten, sondern auch in sei¬ nem Keller von dem schönsten Landwein bekamen. Bei dem Garten fließet die Havel, allwo er die Weine laden und nach Hamburg oder wo er sonst will hinbringen lassen kann. Die Gegend um Potsdam ist ungemein angenehm und lustig, weswegen auch der alte Churfürst Fr. Wilhelm sich meistentheils allda aufgehalten. Durch Potsdam fließet auch die Havel und worin die Krebse daselbst hinter den Leuten ihren Wohnungen in großer Avundance gefangen werden. Von Potsdam reiseten wir auf Brandenburg, vormals die Haupt- und Residenzstadt des Brandenburgischen. Es wird durch die Havel getheilet in Alt- und Neubrandenburg. Ist jetzund nicht mehr so im Stande, jedoch ist es noch ein hübscher Ort, allwo zu sehen die Kirche, das Rathhaus und Roland. Von Brandenburg kaMen wir nach Görsche, allwo das Sächsische wieder anfanget. Von da reiseten wir auf Lindau und Z erd se. Hier wurden wir wiederum sehr höflich von unseren alten Bekannten empfangen und tractiret. Darauf ging ich nach dem Balbier, welcher eben im Brauen begriffen war, weswegen er mich aus großer Eile am Kopf blessirte. Wir wollten des Abends noch über die Elbe nach Cöthen, allein die Leute von der jenseitigen Fähre konnten wegen des contrairem Windes unseren Ruf nicht vernehmen, weswegen wir uns resolviren mußten nach Stritz zurückzukehren und daselbst zu bleiben. In der Wirthsstube war ein so übler Geruch von den vielen darin liegenden Leuten, daß ich krank darüber wurde, weswegen wir auch eine andere Stube sucheten. Des Morgens darauf gingen wir über die Elbe, welches bei mir das vierte Mal war und kamen durch Aker. Klein-Zerbst, Bistorf endlich nach Cöthen. Von hier reiseten wir nach Bernburg, wo wir in einem Wirthshause einkehreten. Nachdem wir das Mitgenommene verzehret hatten, legten wir uns auf dem gemachten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/227>, abgerufen am 22.07.2024.