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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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Kaufladen und Boutiquen und solche Häuser werden Freiheiten genennet
und sind auch in der Stadt an andern Oertern mehr zu sehen.

Das königliche Schloß in Cöln an der Spree ist ein herrlich Gebäude
und wird (wann Alles erst fertig) in Deutschland seines Gleichen nicht leicht
haben. Es ist sehr groß und weitläufig und wird eine Treppe gemacht,
dahinauf man mit Wagen und Pferden fahren kann. Die Gemächer waren
noch mit Schwarz bekleidet, wegen des Absterbens der seeligen Königin und
solches verhinderte sehr, daß man die kostbaren Gemälde und Tapeten nicht
betrachten konnte. Vor dem königlichen Gemache stehet allezeit eine Partei
von der königlichen Guarde und den Schweizern, deren der König hundert hat,
alle mit großen Bärten und Hellebarden. Wenn der König, Kronprinz,
Markgraf und dessen Gemahlin speisen, stehen alle die Cavaliers um die
Tafel, wenn aber der König einmal getrunken, so marschiren sie alle hinaus
und bleiben nur zwei bis drei, an denen die Reihe ist, aufzuwarten. Sonst
wird nur zu drei Mal aufgetragen, wovon der König nicht viel speiset, denn
nur ein El und sonst von den geringsten Speisen. Die Cavaliers speisen
allein. Unter den Fürnehmsten bei Hofe sind: Der Generalfeldmarschall von
Wartensleben, der Oberkämmerer von Wartensberg (dessen Frau in großer
Gnade beim König ist). Selber hat dem König zuerst angekündiget, daß die
Königin todt. Item der Herr von Wittgenstein.

Hinter dem Schlosse ist der schöne königliche Garten, allwo ein Jeder
frei herum gehen mag und sich darin divertiren so lange er will.

Die jetzige königliche Majestät Fridericus. unter den Churfürsten der
Dritte, und unter den Königen der Erste, ist geboren 16S7, wird König in
Preußen anno 1701. selbigen zu sehen habe ich unterschiedliche Male die
Ehre gehabt.

Auf dem Schlosse ist die unvergleichliche Antiquitäten- und Kunstkammer,
worauf allerhand alte Raritäten von heidnischen Götzen, Instrumenten,
item Urnen, lÄerimas amicorum, eine große römische Urne von Marmor,
die Diana von Ephesus :c.

Die Medaillenkammer ist auch werth zu sehen. Ein Liebhaber von der¬
gleichen Sachen kann hier sein Auge genugsam sättigen. Es sind alle griechischen
Münzen seit 2500 Jahren von Fido. die kupfernen noch älter von 3000
Jahren her. Unter den silbernen modernen Pfennigen ist auch ein Thaler
mit der Schrift: "Besser Land und Leute verloren, als ein falsches Eid ge¬
schworen 15S2." Die Königliche Bibliothek ist auch besehenswerth. Darin
ist auch ein türkischer Alkoran, so 200 Ducaten gekostet. Ein neu Testament
von 800 Jahren von Witekindo :e. Daß der Kronprinz eine schöne Hand
schreibet, ist allda aus etzlichen Schriften zu sehen.


Kaufladen und Boutiquen und solche Häuser werden Freiheiten genennet
und sind auch in der Stadt an andern Oertern mehr zu sehen.

Das königliche Schloß in Cöln an der Spree ist ein herrlich Gebäude
und wird (wann Alles erst fertig) in Deutschland seines Gleichen nicht leicht
haben. Es ist sehr groß und weitläufig und wird eine Treppe gemacht,
dahinauf man mit Wagen und Pferden fahren kann. Die Gemächer waren
noch mit Schwarz bekleidet, wegen des Absterbens der seeligen Königin und
solches verhinderte sehr, daß man die kostbaren Gemälde und Tapeten nicht
betrachten konnte. Vor dem königlichen Gemache stehet allezeit eine Partei
von der königlichen Guarde und den Schweizern, deren der König hundert hat,
alle mit großen Bärten und Hellebarden. Wenn der König, Kronprinz,
Markgraf und dessen Gemahlin speisen, stehen alle die Cavaliers um die
Tafel, wenn aber der König einmal getrunken, so marschiren sie alle hinaus
und bleiben nur zwei bis drei, an denen die Reihe ist, aufzuwarten. Sonst
wird nur zu drei Mal aufgetragen, wovon der König nicht viel speiset, denn
nur ein El und sonst von den geringsten Speisen. Die Cavaliers speisen
allein. Unter den Fürnehmsten bei Hofe sind: Der Generalfeldmarschall von
Wartensleben, der Oberkämmerer von Wartensberg (dessen Frau in großer
Gnade beim König ist). Selber hat dem König zuerst angekündiget, daß die
Königin todt. Item der Herr von Wittgenstein.

Hinter dem Schlosse ist der schöne königliche Garten, allwo ein Jeder
frei herum gehen mag und sich darin divertiren so lange er will.

Die jetzige königliche Majestät Fridericus. unter den Churfürsten der
Dritte, und unter den Königen der Erste, ist geboren 16S7, wird König in
Preußen anno 1701. selbigen zu sehen habe ich unterschiedliche Male die
Ehre gehabt.

Auf dem Schlosse ist die unvergleichliche Antiquitäten- und Kunstkammer,
worauf allerhand alte Raritäten von heidnischen Götzen, Instrumenten,
item Urnen, lÄerimas amicorum, eine große römische Urne von Marmor,
die Diana von Ephesus :c.

Die Medaillenkammer ist auch werth zu sehen. Ein Liebhaber von der¬
gleichen Sachen kann hier sein Auge genugsam sättigen. Es sind alle griechischen
Münzen seit 2500 Jahren von Fido. die kupfernen noch älter von 3000
Jahren her. Unter den silbernen modernen Pfennigen ist auch ein Thaler
mit der Schrift: „Besser Land und Leute verloren, als ein falsches Eid ge¬
schworen 15S2." Die Königliche Bibliothek ist auch besehenswerth. Darin
ist auch ein türkischer Alkoran, so 200 Ducaten gekostet. Ein neu Testament
von 800 Jahren von Witekindo :e. Daß der Kronprinz eine schöne Hand
schreibet, ist allda aus etzlichen Schriften zu sehen.


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[0223] Kaufladen und Boutiquen und solche Häuser werden Freiheiten genennet und sind auch in der Stadt an andern Oertern mehr zu sehen. Das königliche Schloß in Cöln an der Spree ist ein herrlich Gebäude und wird (wann Alles erst fertig) in Deutschland seines Gleichen nicht leicht haben. Es ist sehr groß und weitläufig und wird eine Treppe gemacht, dahinauf man mit Wagen und Pferden fahren kann. Die Gemächer waren noch mit Schwarz bekleidet, wegen des Absterbens der seeligen Königin und solches verhinderte sehr, daß man die kostbaren Gemälde und Tapeten nicht betrachten konnte. Vor dem königlichen Gemache stehet allezeit eine Partei von der königlichen Guarde und den Schweizern, deren der König hundert hat, alle mit großen Bärten und Hellebarden. Wenn der König, Kronprinz, Markgraf und dessen Gemahlin speisen, stehen alle die Cavaliers um die Tafel, wenn aber der König einmal getrunken, so marschiren sie alle hinaus und bleiben nur zwei bis drei, an denen die Reihe ist, aufzuwarten. Sonst wird nur zu drei Mal aufgetragen, wovon der König nicht viel speiset, denn nur ein El und sonst von den geringsten Speisen. Die Cavaliers speisen allein. Unter den Fürnehmsten bei Hofe sind: Der Generalfeldmarschall von Wartensleben, der Oberkämmerer von Wartensberg (dessen Frau in großer Gnade beim König ist). Selber hat dem König zuerst angekündiget, daß die Königin todt. Item der Herr von Wittgenstein. Hinter dem Schlosse ist der schöne königliche Garten, allwo ein Jeder frei herum gehen mag und sich darin divertiren so lange er will. Die jetzige königliche Majestät Fridericus. unter den Churfürsten der Dritte, und unter den Königen der Erste, ist geboren 16S7, wird König in Preußen anno 1701. selbigen zu sehen habe ich unterschiedliche Male die Ehre gehabt. Auf dem Schlosse ist die unvergleichliche Antiquitäten- und Kunstkammer, worauf allerhand alte Raritäten von heidnischen Götzen, Instrumenten, item Urnen, lÄerimas amicorum, eine große römische Urne von Marmor, die Diana von Ephesus :c. Die Medaillenkammer ist auch werth zu sehen. Ein Liebhaber von der¬ gleichen Sachen kann hier sein Auge genugsam sättigen. Es sind alle griechischen Münzen seit 2500 Jahren von Fido. die kupfernen noch älter von 3000 Jahren her. Unter den silbernen modernen Pfennigen ist auch ein Thaler mit der Schrift: „Besser Land und Leute verloren, als ein falsches Eid ge¬ schworen 15S2." Die Königliche Bibliothek ist auch besehenswerth. Darin ist auch ein türkischer Alkoran, so 200 Ducaten gekostet. Ein neu Testament von 800 Jahren von Witekindo :e. Daß der Kronprinz eine schöne Hand schreibet, ist allda aus etzlichen Schriften zu sehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/223>, abgerufen am 22.07.2024.