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Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band.

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M. G. H. H. Examinatoren, als unter der ihr zugeordneten Wacht sich so vieler
Listen und Falschheiten bedient, daß ohne hochobrigkeitliche Prudenz im hiesigen
Stand und unter derselben Bürgerschaft große Alterationes, Verwirrung und
Confusionen hätten entstehen können.

Wie aber die hohe Obrigkeit mit mehrerem Ernst an sie gesetzet, an die
Folter schlagen laßen, hat sie endlich angefangen, etwas zu bekennen und her¬
nach ohne Marter eine sehr weitläufige Verzicht gethan, welche substanzlich
in folgenden Puncten begriffen:

1) Daß sie und ihr Ehemann Samuel Perregaux dem französischen Herrn
Ambassadoren Alles, was sie irgend vernehmen können, zu wissen gemacht
und von deswegen von ermeldten Herrn Ambassadoren allerhand Verehrung
an Geld, Ring, Pferd, Zeug zu Kleidern und Anderes empfangen;

2) Daß zu dem End und damit man nicht lichtlich wüssen und erfahren
könne, von wem sie einander schreibind, des Ambassadoren Secretarius Herr
de la Boulaye angezogenen Schlüssel gemacht, ihr Mann denselben abgeschrieben
und sie sich dessen bedient, auch selbigen vermehrt habe.

3) Daß sie auch von der Hand obangezogenen Secretarii 30 doppelte
Dublonen empfangen und über sich genommen habe, selbige zwei Herren
hiesigen Standes anzubieten und damit zu trachten, selbige auf französischer
Seiten zu bringen; seien aber nicht gegeben, noch angeboten worden, sondern
noch vorhanden, weilen sie nicht gewußt mit was Manier selbige anbringen.

4) Daß sie unterschiedlicher, hoher Herrn dieses Standes Namen mi߬
braucht und damit dem Ambassadoren glauben gemacht, als wenn das einte
oder andre, das sie ihm schriebe, von denselben herkäme, welches doch Alles
falsch und von ihr erdichtet und zu keinem andern End geschehen sei, als sich
groß und z'gelten zu machen und als wenn ermeldte Herren mit ihr in einiger
Intrigue begriffen wären; nehme aber Gott zum Zeugen, daß Niemand mit
ihr intressirt und ermeldte Herren ganz unschuldig seien: daß sie auch keinem
derselben einiges Schreiben vom Ambassador zugebracht und eröffnet, oder
einigen Rath über das einte oder andre deswegen empfangen; sondern die¬
jenigen Schreiben, welche der Ambassador vermeinte, daß sie" ihnen überbringe,
selbsten erbrochen und nach ihrem Schelmengeist beantwortet habe, und also
durch dieses Mittel den französischen Ambassador zu betrügen und Geld von
ihm zu ziehen gesucht, wie beschehen; und das seie so wahrhaft als sie be¬
gehen, daß Gott der Herr ihr am jüngsten Tag gnädig sein wolle.

6) Damit aber der Ambassador sich einbilde und glaube, daß diejenigen
Antworten, welche sie ihm zugeschickt, von denen Herren selbsten, deren hohe
Namen sie so schändlich mißbraucht, herkommen, habe sie sich vieler unter¬
schiedlicher geringer Personen bedient, welche die Schreiben, so ihr Mann
mehrentheils aufgesetzt, abgeschrieben habind.


M. G. H. H. Examinatoren, als unter der ihr zugeordneten Wacht sich so vieler
Listen und Falschheiten bedient, daß ohne hochobrigkeitliche Prudenz im hiesigen
Stand und unter derselben Bürgerschaft große Alterationes, Verwirrung und
Confusionen hätten entstehen können.

Wie aber die hohe Obrigkeit mit mehrerem Ernst an sie gesetzet, an die
Folter schlagen laßen, hat sie endlich angefangen, etwas zu bekennen und her¬
nach ohne Marter eine sehr weitläufige Verzicht gethan, welche substanzlich
in folgenden Puncten begriffen:

1) Daß sie und ihr Ehemann Samuel Perregaux dem französischen Herrn
Ambassadoren Alles, was sie irgend vernehmen können, zu wissen gemacht
und von deswegen von ermeldten Herrn Ambassadoren allerhand Verehrung
an Geld, Ring, Pferd, Zeug zu Kleidern und Anderes empfangen;

2) Daß zu dem End und damit man nicht lichtlich wüssen und erfahren
könne, von wem sie einander schreibind, des Ambassadoren Secretarius Herr
de la Boulaye angezogenen Schlüssel gemacht, ihr Mann denselben abgeschrieben
und sie sich dessen bedient, auch selbigen vermehrt habe.

3) Daß sie auch von der Hand obangezogenen Secretarii 30 doppelte
Dublonen empfangen und über sich genommen habe, selbige zwei Herren
hiesigen Standes anzubieten und damit zu trachten, selbige auf französischer
Seiten zu bringen; seien aber nicht gegeben, noch angeboten worden, sondern
noch vorhanden, weilen sie nicht gewußt mit was Manier selbige anbringen.

4) Daß sie unterschiedlicher, hoher Herrn dieses Standes Namen mi߬
braucht und damit dem Ambassadoren glauben gemacht, als wenn das einte
oder andre, das sie ihm schriebe, von denselben herkäme, welches doch Alles
falsch und von ihr erdichtet und zu keinem andern End geschehen sei, als sich
groß und z'gelten zu machen und als wenn ermeldte Herren mit ihr in einiger
Intrigue begriffen wären; nehme aber Gott zum Zeugen, daß Niemand mit
ihr intressirt und ermeldte Herren ganz unschuldig seien: daß sie auch keinem
derselben einiges Schreiben vom Ambassador zugebracht und eröffnet, oder
einigen Rath über das einte oder andre deswegen empfangen; sondern die¬
jenigen Schreiben, welche der Ambassador vermeinte, daß sie" ihnen überbringe,
selbsten erbrochen und nach ihrem Schelmengeist beantwortet habe, und also
durch dieses Mittel den französischen Ambassador zu betrügen und Geld von
ihm zu ziehen gesucht, wie beschehen; und das seie so wahrhaft als sie be¬
gehen, daß Gott der Herr ihr am jüngsten Tag gnädig sein wolle.

6) Damit aber der Ambassador sich einbilde und glaube, daß diejenigen
Antworten, welche sie ihm zugeschickt, von denen Herren selbsten, deren hohe
Namen sie so schändlich mißbraucht, herkommen, habe sie sich vieler unter¬
schiedlicher geringer Personen bedient, welche die Schreiben, so ihr Mann
mehrentheils aufgesetzt, abgeschrieben habind.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 31, 1872, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341815_127927/191>, abgerufen am 25.08.2024.